Mein ist die Stunde der Nacht
bereits besitze, dachte er. W.C. Fields hatte die Angewohnheit, sein Geld übers ganze Land verstreut bei Banken in den Städten zu deponieren, in denen er auftrat. Ich kaufe über das ganze Land verstreut Grundstücke und lasse überall Schilder mit »Zutritt verboten« aufstellen.
Während meiner ganzen Kindheit und Jugend habe ich in einem gemieteten Haus gewohnt, dachte er. Meine Eltern,
diese intellektuellen Hochflieger, haben nie genug Geld zusammenkratzen können, um sich ein eigenes Heim leisten zu können. Ich dagegen könnte mir heute, wenn ich wollte, neben meinem Hauptwohnsitz in Las Vegas ein Haus auf meinem Grundstück in Santa Barbara bauen, oder in Minneapolis, in Atlanta, in Boston oder den Hamptons, in New Orleans oder Palm Beach oder Aspen, ganz zu schweigen von den vielen Hektar in Washington. Land ist mein bestgehütetes Geheimnis, dachte Robby zufrieden, als er die Eingangshalle des Glen-Ridge betrat.
Und das Land hütet meine Geheimnisse.
31
»ICH WAR HEUTE MORGEN auf dem Friedhof«, erzählte Alice Sommers. »Ich habe eure Gruppe bei der Gedenkfeier gesehen. Karens Grab ist nicht weit von der Stelle entfernt, wo Alison Kendall liegt.«
»Es waren nicht so viele Leute da, wie ich erwartet hatte«, sagte Jean. »Viele aus der Klasse sind erst zum Brunch gekommen.«
Sie saßen im gemütlichen Wohnzimmer von Alice Sommers’ Wohnung. Sie hatte ein Feuer im Kamin angezündet, und die züngelnden Flammen wärmten nicht nur den Raum, sondern taten auch ihrem seelischen Befinden gut. Jean war nicht entgangen, dass Alice Sommers lange geweint haben musste. Ihre Augen waren verquollen und rot gerändert, aber auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Frieden, der gestern noch nicht zu sehen gewesen war.
Als hätte sie ihre Gedanken erraten, sagte Alice: »Weißt du – wie ich gestern schon gesagt habe –, die Tage vor dem Todestag sind die schlimmsten. Immer wieder gehe ich jede Minute dieses letzten Tages durch und frage mich, ob es nicht etwas gibt, das wir hätten tun können, um Karen zu schützen. Natürlich hatten wir vor zwanzig Jahren keine Alarmanlage. Heutzutage geht fast kein Mensch mehr abends zu Bett, ohne vorher den Alarm einzuschalten.«
Sie nahm die Teekanne und schenkte nach. »Aber jetzt geht es mir wieder besser«, sagte sie lebhaft. »Ich habe festgestellt, dass mir der totale Ruhestand gar nicht so gut bekommt. Eine meiner Freundinnen besitzt ein Blumengeschäft und benötigt Hilfe. Sie hat mich gefragt, ob ich ein paar Tage in der Woche bei ihr arbeiten würde, und ich habe zugesagt.«
»Das ist eine tolle Idee«, sagte Jean aufrichtig. »Ich kann mich noch erinnern, wie wunderschön dein Garten immer ausgesehen hat.«
»Michael hat mich immer damit aufgezogen und gesagt, wenn ich genauso viel Zeit in der Küche verbringen würde wie im Garten, wäre ich eine Weltklasseköchin.« Alice blickte aus dem Fenster. »Ah, da kommt Sam. Auf die Minute pünktlich, wie immer.«
Sam Deegan streifte seine Schuhe sorgfältig an der Matte ab, bevor er klingelte. Auf dem Weg zu Alice hatte er am Friedhof gehalten und Karens Grab aufgesucht, doch als er davor stand, fand er zunächst keine Worte, um ihr zu sagen, dass er die Suche nach ihrem Mörder aufgeben müsse. Nach langem Schweigen sagte er schließlich: »Karen, ich gehe in Rente. Ich muss. Ich werde mit einem von den jungen Leuten über deinen Fall reden. Vielleicht wird ja jemand, der schlauer ist als ich, den Kerl endlich schnappen.«
Alice öffnete die Tür, bevor sein Finger den Klingelknopf berührte. Er ließ keinerlei Bemerkung über ihre verquollenen Augen fallen, doch er ergriff ihre Hände. »Warten Sie, ich will nur sichergehen, dass ich keinen Dreck in die Wohnung trage«, sagte er.
Er war auf dem Friedhof, dachte Alice. Ich wusste es. »Kommen Sie nur herein«, sagte sie. »Machen Sie sich keine Gedanken um ein oder zwei Klümpchen Dreck.« Es geht etwas so Kraftvolles und Beruhigendes von Sam aus, dachte sie, als sie seinen Mantel entgegennahm. Es ist gut, dass ich in Bezug auf Jean an ihn gedacht habe.
Er hatte seinen Notizblock mitgebracht, und nachdem er Jean begrüßt und eine Tasse Tee entgegengenommen hatte, kam er gleich zur Sache. »Jean, ich habe lange nachgedacht. Wir müssen die Sache ernst nehmen. Die Person, die mit Ihnen Kontakt aufgenommen hat, könnte fähig sein, Lily etwas anzutun. Immerhin war es ihr möglich, in ihre Nähe zu kommen und ihre Haarbürste verschwinden zu lassen. Es könnte
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