Mein Leben
das Reisen als solches hatte mich doch beträchtlich mehr geschlaucht, als ich je gedacht hätte. Als Peter Jackson und ich 2005 dieses Abenteuer geplant hatten, schien es eine ganz normale Sache, und ich sah das ziemlich locker, aber schon nach den ersten zwei Monaten in Europa begann mir aufzugehen, worauf ich mich da eingelassen hatte.
Von Texas ging es weiter nach Kalifornien. Wir nahmen L.A. als Basislager und flogen von dort zu verschiedenen Gigs an der Westküste. Auf diesen Teil der Tour hatte ich mich besonders gefreut, weil ich die Mädchen für ein paar Tage dringend benötigten Sonnenscheins einfliegen lassen und außerdem ein paar alte Freunde treffen konnte. Einer davon war Nigel Carroll, der heute immer noch für mich arbeitet und dessen zwei Söhne inzwischen erwachsen sind. Beide sind künstlerisch äußerst begabte, hoch talentierte junge Männer, und ich weiß, wie stolz er auf sie ist. Ich hatte Nigel gebeten, auch Stephen Bishop mitzubringen, mit dem ich in den Siebzigern gut befreundet war und den ich für einen großartigen Singer-Songwriter halte. Ich hatte das Bedürfnis, ihn noch einmal wiederzusehen, denn in meinem Alter denke ich oft an die Freunde, die ich nicht mehr sehe, und es schmerzt mich, dass wir alle so weit voneinander entfernt leben. Mit Stephen war es einfach. Als wir uns trafen, war es, als sei seit dem letzten Mal keine Zeit vergangen, wir machten einfach da weiter, wo wir aufgehört hatten. Jedenfalls hatte die Tour uns für etwa zwei Wochen in warme Gefilde geführt, ich hatte die Familie und alte Freunde um mich, das Leben war schön. Bis es dann in den Norden ging.
Bis jetzt waren wir uns am Ende jeder Touretappe immer einig gewesen, dass sie vielleicht eine Woche zu lang gedauert hatte. Bei diesem letzten Abschnitt waren es eher zwei Wochen. Es war kälter geworden, die Hotels geräuschvoller, und mir ging allmählich die Puste aus. Ich fand es immer absurder, mit wie viel Aufwand ich Tag für Tag dafür zu sorgen hatte, dass ich abends für das Konzert noch bei Kräften war. In diesem Stadium brauchte ich nachmittags unbedingt eine Stunde Schlaf, und um mir diese Stunde zu erkämpfen, musste ich mir insgesamt drei Stunden freischaufeln – nicht so einfach, wie es sich anhört. Außerdem reisten wir jetzt oft an Konzerttagen, und auch das machte mich fertig. Kurz, es wurde ziemlich hart. Zusätzlicher Stress ergab sich für uns alle, weil Derek Trucks jetzt aus der Tour aussteigen musste, um eine schon früher eingegangene Verpflichtung mit den Allman Brothers zu erfüllen. Das hatten wir natürlich gewusst, und es war nun mal nicht zu ändern, aber wir ließen ihn überhaupt nicht gerne ziehen. Er war in diesem Jahr auf Tour für uns alle eine echte Bereicherung gewesen. Gott sei Dank machte sich sein Fehlen musikalisch nicht so bemerkbar, wie ich befürchtet hatte. Doyle und ich machten das Beste daraus und spielten jetzt intensiver zusammen. Aber das zehrte noch mehr an meinen Kräften und nahm mich am Ende unglaublich mit.
In Kanada sah ich meine Halbschwester Cheryl und ihre Familie. Wir sehen uns nur selten, aber ich war sehr erschöpft, und unser Tross musste gleich nach der Show wieder aufbrechen, und so blieb uns wenig Zeit. Ein Jahr zuvor in Toronto war es mit meiner anderen Halbschwester, Heather, genauso gewesen, und auch daran erkannte ich, dass die Zeiten sich geändert haben. Früher hätte ich mir einen Tag vor der Show oder auch am Tag danach Zeit für sie genommen, aber jetzt musste ich jede Chance nutzen, um mich auszuruhen. Als wir an meinem Geburtstag nach Fargo kamen, war ich total fertig, und dass Melia und die Mädchen mich besuchen kamen, half mir sehr, mein Gleichgewicht wiederzufinden. Vor dem Gig gab es eine große Party, auf der mir die Band und die Crew einige wundervolle Geschenke überreichten. Es bewegte mich sehr, mit ihnen allen zusammen zu sein, und als ich ein paar Dankesworte sprechen wollte, musste ich mir ganz schön die Tränen verkneifen. Ich bin wirklich davon überzeugt, dass diese Crew, die Techniker und Manager, die Bühnenarbeiter und Computerspezialisten und alle anderen, die beste im ganzen Business ist. Diese Leute arbeiten seit Ewigkeiten für mich, und viel zu selten zolle ich ihnen Anerkennung. Komisch, aber das einzige Geschenk, an das ich mich jetzt erinnere, war ein Paar schauderhafter rosa »crocs« (Gummisandalen mit Löchern), mit dem Michele und Sharon mich bedacht haben. Danke für die schöne Erinnerung,
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