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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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auf eine Spaltung der Wählerschaft spekulierten und den daraus resultierenden Sieg der gemäßigten Gebieterpartei. Träume, nichts als Träume. Smedly war kein Nationalheld und seine Frau nicht halb so attraktiv wie Lady Fracass.
    Oh, wie ich schäumte und tobte, als diese bezaubernde Null, dieses großartige Werkzeug sich in den Monaten bis zur Wahl im Juni 2083 immer stärker profilierte und ihren Gatten bei jedem Schritt auf seinem Weg verteidigte und unterstützte. Sie absolvierte Rundfahrten durch Kommerz und zwei Dutzend anderer Städte. Sie besuchte die Minen von ReBotswana. Sie sprach bei Dutzenden von Veranstaltungen, aufgeputscht von Propags * genauso wie ihr Mann bei allen seinen Auftritten. Und vergessen wir nicht zu erwähnen, daß man sie außerdem zur Ehrenvorsitzenden der vom Damenkränzchen der Humanisten gegründeten Gesellschaft ›Dach über dem Kopf‹ ernannte, der obligatorischen Wohltätigkeitsorganisation, die für sich in Anspruch nahm, zum Wohle der Armen von Frontera zu wirken, wie man sie wohlwollend bezeichnete. Genaugenommen war diese Organisation nichts weiter als ein Mittel zur Werbung neuer Mitglieder, denn sie nutzte den Haß und die Vorurteile, die der größte Teil der ›Armen‹ für die Androiden empfand. »Unsere Sklaven fühlen Schmerzen nicht wie wir«, pflegte die First Lady zu sagen und »die LRA ist eine Lobby für kriminelle Androiden« und »Horizont finanziert die RAG«. Und indem sie unmittelbar an den Bauch der Massen appellierte: »Arbeitsplätze für die Menschen – jetzt; Emanzipation für Androiden – mañana.« Sie war nicht aufzuhalten. Der Interne Zensor unterdrückte meine verzweifelten Proteste. Sie-die-nicht-ich-war schritt unbeeindruckt voran, wie das Programm es befahl.
    Bei einer denkwürdigen Gelegenheit – sie leistete Öffentlichkeitsarbeit in den Niederungen der Stadt – kam es zu einem dramatischen Vorfall, der wieder einmal ihre Aufgeschlossenheit gegenüber sozialen Problemen bewies wie auch ihre unerschütterliche Bejahung der AÜ. Das Ereignis bekam den besten Platz in den Abendnachrichten, deshalb bin ich sicher, daß meine marsianischen Leser sich daran erinnern. Die First Lady spazierte die Fifth Avenue hinunter, verteilte die Broschüren der Wohltätigkeitsorganisation und schrieb ein paar neue Parteimitglieder ein – handverlesen aus der kleinen Schar von Obdachlosen in der sie umgebenden Menge –, als ihrer Clique von einer aggressiveren und lärmenderen Gruppe der Weg versperrt wurde, die aus einer Querstraße herausströmte. Sie hatten einen entlaufenen Kuppelputzer (einen Daltoni 9) im Schlepptau, der eben von der AÜ gefangengenommen worden war. (Wenigstens hatte es den Anschein, denn das Spektakel war alles andere als ein Zufall, vielmehr eine sorgfältig inszenierte, politische Propagandaaktion, von Andro entworfen und Wochen im voraus geplant.)
    Der Einheit waren die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, und sie hielt in Erwartung der Termination den Kopf gesenkt. Die Offiziere – fünf im ganzen – hatten den Unglücklichen zur Exekution vor einen Laternenpfahl geschoben, doch als sie der First Lady ansichtig wurden, halfterten sie respektvoll die Laser und traten beiseite, während der ranghöchste Offizier, ein Leutnant, ihr anbot, mit der Hinrichtung zu warten, bis sie vorübergegangen sei. Sie dankte ihnen für ihre Zuvorkommenheit und lobte sie für die gefährliche Arbeit, die sie im Dienst der Öffentlichkeit verrichteten und die von der Bevölkerung viel zu wenig gewürdigt wurde, dann gab sie noch ein weiteres halbes Dutzend Platitüden von sich, bevor sie endlich mit den Worten schloß, sie wolle mit ihrer Gegenwart keineswegs verhindern, daß die Gerechtigkeit ihren Lauf nahm, vielmehr würde sie sich geehrt fühlen, Zeugin der Exekution zu sein. Geschmeichelt salutierte der Offizier, seine Kameraden desgleichen, dann setzte er der bedauernswerten Einheit die Mündung des Lasers an die Schläfe und blies ihr den Kopf von den Schultern. Vegeplasma und Schaltkreissplitter spritzten auf die Passanten. Hätte ich nur die Kontrolle über meine Lider gehabt, hätte ich vor diesem grausigen Anblick die Augen geschlossen, aber die First Lady schaute mit Vergnügen zu, also ist die blutige Tat für immer in meinem Gedächtnisspeicher enthalten.
    Sie unterstützte auch Blaines Anschuldigungen, daß der Kandidat der Gebieterpartei den geheimen Plan hegte, nach der Wahl das Budget der AÜ zu kürzen, die

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