Mein Leben als Androidin
»Kanaille! Hure! Du hast mich betrogen!«
»Ich werde zu Unrecht beschuldigt.«
»Lügner. Du hast sie mir vorgezogen. Einem Mann aus Fleisch und Blut!«
»Wen? Angelika?«
»Ja?«
»Nein!« röhrte Blaine und rief Molly II zurück, von der er einen vollständigen und wahrheitsgemäßen Bericht über ihr Verhältnis mit seinem Stabschef forderte. Molly II entgegnete: »Nach allem, was Andro mir erzählt hat, müssen Sie Präsident Fracass sein. Sie entschuldigen, wenn ich keinen Knicks mache. Ich glaube, Sie sind sehr häßlich zu ihm gewesen.« Sie trat zu Andro und legte schützend den Arm um ihn. Er reagierte mit einem entschuldigenden und verlegenen Lächeln.
»Sie ist nicht die, für die du sie hältst. Ich habe sie erschaffen, wie ich für dich die First Lady erschaffen habe. Ich wollte jemanden ganz für mich allein haben. Ist das ein Verbrechen, Gebieter?«
»Weiter.«
»Ich bin gerne bereit, ihr Programm zu löschen, wenn es dir hilft, dich besser zu fühlen.«
Blaine lachte bitter.
Gleichfalls erzürnt über Andros Anerbieten, rief Molly II: »Wie kannst du das sagen, vor ihm!« Andro versuchte, sie zum Schweigen zu bewegen, aber sie ließ sich nicht beschwichtigen. »Oh, du hast mich hintergangen!« Sie wandte sich an Blaine. »Sie haben keinen Grund zur Eifersucht. Ich bedeute ihm überhaupt nichts, das erkenne ich jetzt. Es ist immer noch die echte Molly, um die es ihm geht, und ich war dumm genug, ihm zu helfen – all das alberne Getue mit dem Kreisel, um den IZ zu entfernen. Und ich habe mit ihm frohmatiert …«
»Angelika!« Andro sah sich gezwungen, den Zorn seines Gebieters zu riskieren und Molly II auszuschalten. Bevor Blaine sie wieder heraufbeschwören konnte, mischte sich eine vertraute Falsettstimme in den Disput. »Laß sie sprechen. Laß die Wahrheit an den Tag kommen. Das zwingt dich hoffentlich, endlich zu handeln!«
»Halt die Klappe!«
»Du wagst es?!« Blaine runzelte die Stirn, ohne sich des neuen Elements in ihrer Runde bewußt zu sein. Mit der unverletzten Hand tastete er nach den zahlreichen Waffengriffen, die aus seinem Gürtel ragten, und zog den Stunner heraus.
»Sprich, Molly, sprich!« befahl Andros Gewissen.
» … frohmatiert, Ihren Sturz und den Wiederaufbau Horizonts!« sagte sie und vollendete damit den Satz, bei dem sie Augenblicke zuvor unterbrochen worden war.
Andro behielt respektvoll den Stunner im Auge. »Etwas habe ich vergessen zu erwähnen, Gebieter. Im Gegensatz zu Angelika (Molly II verschwand) ist mein kleines Divertimente ein absoluter Fehlschlag. Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand jemals so viel Ärger mit einem Persönlichkeitsprogramm gehabt hat, wie ich mit dem ihren. In der Abgeschlossenheit meines Zimmers erscheinen ihre kleinen Launen und Schrullen ganz reizvoll, aber sie begreift nicht, welche ernsthaften Auswirkungen sie hier oben haben können. Sie ist nicht verantwortlich für das, was sie sagt.«
»Feigling!« schäumte sein Gewissen. Andro lächelte gequält. »Entschuldige mich einen Augenblick.« Er drehte sich um, legte die Hände auf die Ohren, senkte den Kopf und schüttelte ihn heftig. Ein gedämpfter innerer Dialog wurde hörbar. Blaine allerdings hatte sich im selben Moment abgewandt und verpaßte das faszinierende Schauspiel. Die Ungeheuerlichkeit von Andros Verrat und die Zusammenhänge, die er zu begreifen glaubte – all das war so plötzlich über ihn hereingebrochen, daß er an einem Bettpfosten Halt suchen mußte. Als Andro sein Gewissen an die Leine gelegt hatte und sich wieder zu seinem Gebieter herumdrehte, stockte ihm der Atem, denn mit Blaine war eine merkliche und bedrohliche Veränderung vorgegangen.
»Du«, flüsterte Blaine mit raubtierhaft heiserer Stimme, »du hast mir Hörner aufgesetzt und mich dann ans Messer geliefert. Du und Smedly – ihr habt die ganze Zeit unter einer Decke gesteckt.«
Andro konnte nicht anders als herablassend lächeln über seines Gebieters absurden Gedankengang und das billige Pathos. Eine zweite gravierende Fehleinschätzung. Blaine feuerte den Stunner ab. Die geballte Ladung komprimierter Luft traf Andro wie ein Hammerschlag vor die Brust und schleuderte ihn rücklings auf das Bett. »Geschieht ihm recht«, sagte die First Lady schnippisch und stützte die Hände in die Hüften.
Blaine näherte sich dem Bett. »Wann hat es angefangen, mein kleiner Pfirsich? Wann hat Smedly sich mit dir in Verbindung gesetzt?« Sein Gesprächspartner war zu groggy, um zur
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