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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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werden mußte. Es drängte mich, Genaueres darüber zu erfahren, denn soweit ich es beurteilen konnte, war es für unsere augenblicklichen Schwierigkeiten verantwortlich. War diese Annahme gerechtfertigt?
    »Molly! Dafür ist jetzt nicht die Zeit«, wehrte er mit sterbensmatter Stimme ab. Ich flehte ihn an und sagte, daß ich leichten Sinnes der Termination entgegensehen könne, wenn ich nur über diesen Punkt Klarheit hätte. Stöhnend antwortete er, daß er keine Ahnung habe und den Tag verfluche, an dem er seine Gefühle für mich entdeckte.
    Ah! Also war Liebe ein Unglück, Liebe bedeutete Schmerz. Hatte ich das nicht bei meiner Trennung von Ally erfahren und von Tad junior? »Liebe ist Verlust, richtig?« fragte ich eindringlich. »Oder ist das nur eine ihrer Folgen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.«
    »Vielleicht spürt man die Liebe nicht, bis man sie verloren hat, aber dann spürt man sie sehr stark. Und schmerzhaft. Habe ich recht?« Er schwieg. »Komisch. Ich habe nichts gefühlt, als wir getrennt waren. Aber als wir zusammen waren, das könnte sie gewesen sein. Erinnerst du dich? Auf dem Teppich?«
    »Molly, bitte.«
    »Dann war es das? Liebe? Dieses Gefühl? Sag doch!«
    Eine plötzliche Welle schlug gegen den Container, und Tad wäre beinahe über Bord gegangen. »Liebe ist fester Boden unter den Füßen«, stöhnte er. Der ersten folgte eine zweite mächtige Woge, eine dritte und noch eine, und plötzlich war er fort, davongespült. »Tad! O nein! Tad! Tad!«
    Keine Antwort. Zwei Minuten später kenterte der Container unter dem erneuten Anprall des Sturms. »Nein! Das ist nicht fair!« jammerte ich, während mein Rettungsboot sich in ein Aquarium verwandelte. »Ich habe doch gerade erst angefangen zu leben!« Sobald er vollgelaufen war, sank der Behälter mit dem Heck voran. Plötzlich traf er auf Widerstand – den Meeresgrund, hoffte ich – und kippte nach vorn, überschlug sich mehrmals der Länge nach und wurde schließlich von einer ungeheuren Welle erfaßt und emporgetragen. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte ich die Vision von fernen bunten Lichtern hinter den Regenschleiern, dann wurde mein gläserner Sarg gegen einen Felsen geschleudert. Dank meiner widerstandsfähigen Epidermis entkam ich aus den Glassplittern unverletzt und wurde an gezackten Klippen und Zementblöcken vorbei auf einen verregneten Strand geschwemmt, wo ich in die tiefste Stasis fiel, die ich je erlebt hatte.
     

Kapitel sechs
    »Bitte nicht unbekleidet in der Sonne liegen, Fräulein.« Der Xerox-Bademeister, der in seinem rot-weißen Rettungsschlitten über mir kreiste, verhielt sich äußerst höflich, aber sehr bestimmt: »Bitte kleiden Sie sich wieder an, oder ich sehe mich gezwungen, die Polizei zu benachrichtigen.«
    Ich schaute mich um und entdeckte eine Toga und ein Paar Frotteesandalen auf einem verlassenen Badetuch. Wie selbstverständlich ließ ich mich darauf nieder und schlüpfte lässig in die Toga. Der Bademeister dankte mir für mein Verständnis und entschwebte in Richtung Meer. Ich blieb als Objekt der Begierde für ein halbes Dutzend Verehrer zurück, die sich um mich versammelt hatten, während ich schlief. Sie lümmelten sich weltmännisch in der Sonne und trugen allesamt ein lässig desinteressiertes Gehabe zur Schau, derweil sie ihre jeweiligen Erfolgschancen kalkulierten. Bedeutend größere Sorgen bereitete mir der Gedanke an die bevorstehende Rückkehr der rechtmäßigen Besitzerin von Strandtuch und Kleidung, die sich zweifellos irgendwo in den Wellen tummelte, also beeilte ich mich, diese gastliche Stätte zu verlassen. Mein Griff nach den Sandalen verursachte merkliche Unruhe unter meinen Bewunderern, sie wußten genau: jetzt oder nie. »Ekstarette?« fragten zwei der Kühnsten einstimmig, während sie sich von entgegengesetzten Seiten anpirschten.
    »Wie Sie wünschen.« Es rutschte mir so heraus. »Ich meine – nein, vielen Dank. Ich wollte eben gehen.« Ich lächelte entschuldigend, um meine Verlegenheit zu überspielen. Der Aggressivere der beiden ließ sich nicht abwimmeln und bot mir an, mich zum Ausgang zu begleiten. Er bückte sich sogar nach Handtuch und Tasche, reichte mir die letztere und ging mit dem Badelaken unter dem Arm voraus. Ich stolperte über den künstlichen Sand hinter ihm drein, die Sandalen drückten, mir war schwindelig, und ich wußte nicht, wie ich auf seine abgehackten, aber freundlichen (allzu freundlichen!) Fragen reagieren sollte. Woher ich denn

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