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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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betraf, er vermochte sein Glück kaum zu fassen. »Hmmm«, war alles, was er herausbrachte. Er biß sich auf die Oberlippe, um sein Lächeln zu kaschieren. Den Blick hatte ich früher schon gesehen, und ich muß zugeben, daß ich eine gewisse Erregung empfand. Sollte es mir tatsächlich vergönnt sein, während meiner ersten Nacht in Freiheit einen neuen Semi zu empfangen? Doch ich unterdrückte den an sich völlig gesunden Impuls aus Respekt vor Tads Andenken, denn durch seinen Samen hatte ich meinen Teil zur Entstehung der neuen Ordnung beitragen wollen, und diesen Roland kannte ich eigentlich nicht besonders gut. Ich bezweifelte, daß er mich liebte, und äußerte mich entsprechend, nachdem wir uns im Anschluß an das Abendessen in seinem Schlafzimmer wiederfanden. Annette hatte für gedämpfte Beleuchtung gesorgt und diskret die Tür hinter uns geschlossen. Ich widerstrebte seinen Bemühungen, mich zum Bett zu führen. »Was«, sagte er als Antwort auf meinen Einwand, »hat Liebe damit zu tun? Ich bin hier, um deinen Chef zu unterstützen. Mir scheint, du könntest dich etwas dankbarer zeigen.« Doch ich zögerte noch immer und gab zu bedenken, daß sein Argument zwar nicht von der Hand zu weisen sei, der Chef mir aber bestimmt zugestehen würde, nach den schweren Erlebnissen der letzten Tage meine Kräfte etwas zu schonen. Vielleicht würde ich nach ein paar Tagen Ruhe bereitwillig meine Schuld begleichen, statt daß er mich enttäuschte, indem er mich zu zwingen versuchte.
    Seine Reaktion auf meine wohlgesetzte Rede bestand in den gemurmelten Worten: Ich sei ein P9 mit Allüren und könne froh sein, es nicht mit einem Humanisten zu tun zu haben, was meine Neugier erregte. »Sie haben nichts übrig für aufmüpfige Einheiten«, erklärte er auf meine Frage und fügte hinzu: »Zu deiner Er-leuch-tung, die Humanisten sind das Gegenteil von der LRA und den Hochaquariern. Sie sind darauf aus, die Galaxis zu einem sicheren Ort für die Menschheit zu machen. Also nimm dich in acht! Reverend Fracass – das ist ihr Führer – behauptet, ein unbeschäftigter Androide sei das Werkzeug des Teufels. Das ist der Grund, weshalb sie die ihren bis zum Verwelken schuften lassen. Und wenn einer aus der Reihe tanzt, nur ein bißchen – WUMM! Aus. Verstanden? Sie machen sich nicht mal die Mühe mit der Rehabilitation. Deshalb ist es ein großes Glück, daß du an mich geraten bist, findest du nicht?« Zu Tode erschrocken gab ich ihm recht. »Na gut. Seit der P9-Fluchtwelle wimmelt es in den Straßen nämlich von Vigilanten. Ich meine, ich riskiere einiges deinetwegen: Wenn ich Pech habe, hängt man mich an den nächsten Mediapfahl, wegen Beihilfe und Begünstigung. Ich hoffe, du weißt das zu schätzen?« Worauf er sich verlassen konnte! »In dem Fall – wie ich schon sagte – könntest du dich ein wenig dankbarer zeigen.«
    Mit diesen Worten zog er mich an sich. Zwar wehrte ich mich nicht, doch versetzte der Gedanke an gnadenlose Androidenjäger, die die Gegend durchstreiften, mich dermaßen in Angst, daß ich unfähig war, mich zu entspannen. Noch schlimmer wurde es, als er mir ins Ohr zu säuseln begann, daß ich nichts zu fürchten hätte, solange ich bei ihm sei, denn das Schreckensbild dieser tollwütigen Humanisten ging mir nicht aus dem Sinn. In meiner Einbildung rotteten sie sich draußen zusammen, kamen im Kugellift herauf, lauerten in den dunklen Ecken des Zimmers. Roland fühlte, wie ich zitterte, und trat zurück. »Du brauchst einen Downer, Baby.« Er klatschte in die Hände, und als Annette erschien, wies er sie an, die Schlafcouch im Wohnzimmer für mich herzurichten und mir eine der großen ›Murmeln‹, wie er sie nannte, aus dem Medizinschrank im Badezimmer zu geben.
    Dankend nahm ich die kleine, purpurne, ovale Pille entgegen und schluckte sie mit einem Glas Wasser. Ich befürchtete, Roland würde sich während der Nacht erneut an mich heranmachen, doch er bewährte sich als echter Kavalier, blieb in seinem Schlafzimmer und schnarchte friedlich vor sich hin. Trotzdem konnte ich nicht einschlafen. Etliche Male schreckte ich aus der Stasis auf und suchte unter der Liege nach Humanisten, außerdem plagten mich Alpträume, so daß ich am Morgen erschöpfter war als am Abend zuvor.
    Roland fand es ›ulkig‹, daß die Pille nicht gewirkt hatte, dann ließ er es sich angelegen sein, mich zu beruhigen, und meinte, es lauerten nicht hinter jeder Ecke irgendwelche Humanisten mit Schmetterlingsnetzen. Es täte ihm

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