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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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einen hübschen Profit. Man hatte ihren halluzinogenen Effekt auf das menschliche Nervensystem eben erst entdeckt, und in jenen Tagen – vielleicht erinnern Sie sich noch – waren die Dinger der letzte Schrei. Seine Pillen waren natürlich unsortiert, daher wußte er nicht, was er mir verabreichte, und mich kümmerte es nicht, wenn nur die Wirkung meine religiöse Konditionierung außer Kraft setzte, was sie binnen kurzem tat und den Weg für eine ungestörte Nacht erotischer Wonnen ebnete. Der einzige Nebeneffekt war ein plötzlicher Impuls, Schreibmaschine zu schreiben. Die Pille hatte ein Bürotätigkeitsprogramm ausgelöst, und obwohl Roland sich von dem Trommeln auf Rücken, Hinterbacken und Oberschenkeln nicht stören ließ, protestierte er, als ich mit Nachdruck eine längere Passage auf seinen Wangen tippte, die ich eigentlich zärtlich streicheln wollte.
    »Paß auf das Gesicht auf, Baby«, warnte er und unterbrach unser Liebesspiel, um nachzuprüfen, welchen Schaden ich angerichtet hatte. Verärgert stellte er fest, daß die Haut sich verschoben hatte. Er klatschte in die Hände, und Annette kam mit einem Gesichtsmodel gelaufen. Als ich ihn in dem jetzt hellen Licht betrachtete, entdeckte ich weiße Stellen um die Nase herum und an seinem Kinn, rutschte auf dem Bett ein Stück nach hinten und musterte seinen gesamten Körper. Dabei stellte ich fest, daß seine Haut weiß war, bis auf die braun gefärbten Arme und Hände. Nach dem Entfernen des Models wurde offenbar, daß seine eigenen Züge erheblich weniger attraktiv waren als das fleischige und wohlproportionierte negroide Gesicht, das er zuvor getragen hatte. Die lange, dünne Nase, eingefallenen Wangen und schmalen Lippen erinnerten an ein Wiesel. Trotzdem ließ er nicht die geringste Verlegenheit erkennen, nur eine leichte Gereiztheit, und während Annette mit einem Schwammtuch die aufgeweichte Physiognomie abwischte, erklärte er zu meiner Er-leuch-tung, daß es in seinem Geschäft besonders darauf ankam, das richtige Aussehen zu haben. Deshalb die Fassade des stereotypen schwarzen Luden (und Dealers), um dem prima Kumpel und flüchtigen Trickbetrüger aus Tennessee Gewicht und Ausstrahlung zu verleihen. Sein richtiger Name war Merle, bekannte er, immer noch mit dem sonoren, gedehnten Südstaatentonfall, der anscheinend nur zu einem Teil gespielt war, wohingegen er sich den Rest seiner Persönlichkeit bedarfsgerecht auf den Leib geschneidert hatte. Seinen Nachnamen wollte er mir nicht anvertrauen, er sei mancherorts zu bekannt und mit gewissen kriminellen Aktivitäten verknüpft, über die er nicht sprechen wollte. Da er mich nun ins Vertrauen gezogen hatte, bestand er auf einem Schweigegelübde, das ich eingedenk der Dinge, die er von mir wußte und ausplaudern konnte, bereitwillig ablegte. Er war nicht so verwegen, mir gleich mit dem Vorschlag zu kommen, für ihn zu arbeiten, denn er ahnte wohl, daß er mich damit kopfscheu machen würde. Doch warf er einen ersten Köder aus und deutete an, daß ich mich in Anbetracht meiner natürlichen Begabung im Bett – die er in den Himmel lobte – und der Absicht, bei der Erschaffung einer neuen Spezies mitzuwirken, für den Beruf der Liebesberaterin empfahl, ein Geschäft, in dem er sich – welch Zufall! – recht gut auskannte und deshalb in der Lage war, mich entsprechend in diese Kreise einzuführen.
    Leider zeigte ich mich trotz seiner Komplimente eher abgeneigt, zumal ich begriffen hatte, daß die vorgeschlagene Tätigkeit den fortgesetzten und intimen Kontakt mit wechselnden Gebietern erforderte, also ließ er die Sache klüglich auf sich beruhen und kam in den nächsten paar Wochen nicht wieder darauf zu sprechen. Statt dessen wartete er ab, bis ich selbst das Thema aufgriff, was gar nicht so abwegig war, wie Sie vielleicht denken, denn nach einem Monat beinahe allnächtlichen Verkehrs ohne den gewünschten Effekt fühlte ich mich so frustriert und enttäuscht, daß ich tatsächlich den Vorschlag machte, auf die Straße zu gehen, um die Chancen für eine Empfängnis zu vergrößern.
    Er gab vor, lange zu überlegen und sein Gewissen befragen zu müssen, bevor er die Idee guthieß. Eine Karriere im Beratergeschäft konnte meinen Aussichten nicht schaden, sagte er, sofern ich es ernst meinte. Falls ja, sei er willens, als mein ›Sponsor‹ zu fungieren, weil – und hier wartete er mit einem besonders plausibel klingenden Geistesblitz auf – bei Humanophyten wie mir erst nach einer längeren Phase

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