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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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zwei IBM-Sicherheitseinheiten folgten mir die Verwünschungen des Gastgebers, der sich über die Unverfrorenheit der Wochenendtouristen erregte, deren Aufdringlichkeit und Mißachtung der Privatsphäre anderer Menschen – wie an meinem Beispiel deutlich zu erkennen – jedes erträgliche Maß überstieg. Was Eva betraf, ich sah sie über die Baumwipfel auf dem nächsten Hügel hinwegschweben und rief ihren Namen. Sie änderte den Kurs und landete dicht bei mir auf dem harten Kopfsteinpflaster des öffentlichen Fußwegs. Sie demonstrierte mir den korrekten Gebrauch der Höhen- und Steuerhebel, dann erhoben wir uns in die Luft und hielten Ausschau nach Annette, die wir wenige Minuten später in einem nahen Wald entdeckten, wo sie kopfüber in den Ästen eines großen Eukalyptus hängengeblieben war. Ihre Fähigkeiten im Manövrieren mit einem Jetpack schienen in etwa, meinen zu entsprechen.
    Nachdem wir sie aus ihrer mißlichen Lage befreit hatten, beschlossen wir, daß es an der Zeit wäre, nach einer Hotelunterkunft Ausschau zu halten, und so machte unser exotisches Trio sich auf den Weg zur Strandpromenade, inmitten der Scharen von Kurzurlaubern, die über den Gehsteigen schwebten. Allerdings sahen wir unseren schönen Plan schnöde durchkreuzt, als Eva zu ihrem größten Entsetzen feststellte, daß sie ihre Handtasche in dem Caddy vergessen hatte. Wir flogen zum Strand, wo Eva als Häufchen Elend in den Sand plumpste und schluchzend hervorstieß, daß nun auch ihre Ersatzmasken futsch waren und – noch schlimmer! – ihr Päckchen mit Orbs, denn jetzt drohte ihr das Schreckgespenst des Entzugs. Kein Grund zur Verzweiflung, ermunterte ich sie, wir brauchten lediglich eine ausreichende Summe von unserem jeweiligen Bankkonto abzuheben und hatten die nötigen Mittel, um von den hiesigen Dealern Stoff zu kaufen und uns eine angemessene Unterkunft zu beschaffen. Aber die Bank würde die Polizei unterrichten, sobald wir uns mucksten, brummte sie. Unser Erspartes konnten wir in den Wind schreiben. »Irgendwelche Vorschläge?« fragte ich Annette, die sogleich in der trockenen, unterkühlten Art aller einwandfrei funktionierenden Einheiten erwiderte: »Um finanzielle Mittel zu erwerben, ist es nötig zu arbeiten.« Woraufhin Eva ausrief: »Aber ich bin es satt, eine Hure zu sein!« Fast meinte ich, die Räder in Annettes Kopf schnurren zu hören: »Mit allem gehörigen Respekt, gnädige Frau, aber gemäß meinem lexikalischen Speicher haben diese beiden Begriffe nichts miteinander gemein.« – »Was du schon weißt«, fauchte Eva, um dann grimmig zu verkünden, daß uns in Anbetracht der Umstände nichts anderes übrigblieb, als die beruflichen Chancen in Miss Pristines Agentur auszuloten, die wir in einer vornehmen Hochhausspirale an der Strandpromenade entdeckten, in der zufällig auch das Hauptbüro der Werbe- und Marketingabteilung Terra von Stellar Entertainments untergebracht war.
    Annette wartete draußen, derweil wir durch einen langen Korridor zu den inneren Studiobüros geführt wurden. (Der zur Straße gelegene Empfangsraum von Miss Pristines Agentur diente nur zur Abfertigung der Laufkundschaft, denn der größte Teil des Geschäfts wurde per Telefon abgewickelt.) Unsere Befragung wurde von einem gewissen Harry Boffo durchgeführt – ganz recht, derselbe Gebieter, der später eine hervorragende Position im Hauptbüro in Hollymoon bekleiden sollte –, damals allerdings fungierte er als zweiter Assistent des Vizepräsidenten für Öffentlichkeitsarbeit Terra, in welcher Eigenschaft es zu seinen eigentlichen Pflichten gehörte, Frauen und sonstige Amüsements für einflußreiche Leute, die der Firma nützlich sein konnten, zu organisieren. Im Grunde genommen war er also ein Lude wie jeder andere, Roland zum Beispiel, obwohl jenes Individuum, trotz all seiner Fehler, wenigstens nie ein Hehl aus seinem Geschäft gemacht hatte.
    Eva gebärdete sich im Wartezimmer derart nervös, daß sie mich damit ansteckte. Ich bat sie, aufzuhören. »Ich mache mir Sorgen wegen Roland«, bekannte sie mit gedämpfter Stimme. »Es haben Leute schon schlimmere Stürze überlebt. Ich hätte ihn mit dem Caddy plattdrücken sollen. Zur Sicherheit.« Ich bemühte mich, ihre Befürchtungen zu zerstreuen, und versicherte ihr, für mich hätte er durchaus exterminiert ausgesehen, und nachträglich wäre ohnehin nichts mehr zu ändern, außerdem sei ihre letzte Bemerkung unappetitlich und grotesk. Damit beruhigte ich mich selbst, denn die

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