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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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unerquicklichen Begegnungen mit allerlei heruntergekommenen Subjekten, die meine unentgeltlichen Dienste forderten, und die furchtbare Geschichte, wie ich von einem Rudel Hunde gehetzt wurde und wie halbwüchsige Knaben mit Unrat nach mir warfen und … Schweigen wir davon. Es war furchtbar, gräßlich, unvorstellbar! Dieses Elend ertrug ich eine Woche und zwei Tage.
     

Kapitel neun
    »Unterstützen Sie den Underground-Skyway! Schluß mit den Übergriffen der AÜ!« rief eine hagere Menschenfrau und suchte den gleichgültigen Passanten Spenden zu entlocken. Sie hatte strähniges blondes Haar, trug flache Sandalen, Röhrenhosen, und auf ihre Bluse war die vielfarbige Rose gestickt, das Symbol der Hochaquarier. Ich hätte sie als meine Retterin ans Herz gedrückt, wäre sie nicht angewidert zurückgewichen. »Möchten Sie spenden?« fragte sie in der Hoffnung, mich loszuwerden, und hielt mir eine dreibändige Spulencassette wie einen Schild entgegen. Das Werk betitelte sich DIE ÜBERWINDUNG PSYCHOLOGISCHER BARRIEREN AUF DEM WEG ZUM SELBSTBESTIMMTEN REALITÄTSFORMAT und kostete dreihundertneunundvierzig Mel. Ich teilte ihr mit, Interesse meinerseits sei durchaus vorhanden, nur leider nicht die erforderlichen Mittel, was ihre Meinung über mich bestätigte. »Könnten Sie dann bitte Platz machen?« fragte sie mit erzwungener Höflichkeit. »Sie versperren den Touristen den Zugang.« (Als hätte sich eine Schlange von Spendenwilligen gebildet!) Nachdem ich mich durch einen raschen Blick vergewissert hatte, daß weder die Polizei noch die AÜ in der Nähe waren, vertraute ich ihr an, daß ich ein entlaufener P9 war und auf der Suche nach einem Zufluchtsort. »Warum hast du das nicht gleich gesagt?« erwiderte sie und betrachtete mich erleichtert und mit merklichem Interesse. »Natürlich, ich werde dich zu unserer Zentrale führen, aber zuerst …« Sie zog einen Produktkennungsleser aus der Tasche und bat mich, den rechten kleinen Finger auszustrecken. »Nur eine Formalität, aber unverzichtbar. Wir mußten zu oft erleben, daß allerhand Pack und Gesindel sich im Sog der P9-Aktion bei uns einzuschleichen versucht hat. Diese Typen tun alles, um eine freie Mahlzeit zu ergattern.«
    Ich zog die Hand zurück, bevor sie das Lesegerät aufstecken konnte. »Das wird nicht nötig sein«, wehrte ich ab, wohl wissend, wie das Ergebnis aussehen würde. »Vielleicht könnten Sie mir den Weg zur Zentrale beschreiben. Dort könnte man ein Psychogramm aufzeichnen. Dann wird man sehen, daß ich ein …«
    »Nichts da«, sagte sie steif und betrachtete mich mit einem wissenden, verächtlichen Blick. Sie war nicht geneigt, sich von einer wie mir zum Besten haben zu lassen. Ich machte rasch kehrt, um mir weitere Demütigungen zu ersparen, und entfernte mich. »Verdammt sei dieser Roland!« murmelte ich hörbar vor mich hin. »Verdammt soll er sein!« Vermutlich war ich in ihren Augen ebenso verrückt wie heruntergekommen. Dann kam ich auf die Idee, mich unauffällig in der Nähe dieser Priesterin des modifizierten Erbarmens aufzuhalten und ihr zu folgen, wenn sie zu ihrer Zentrale zurückkehrte. Vielleicht gab es dort Aquas, die meinem Vorschlag positiver gegenüberstanden, aber kaum war ich stehengeblieben und wollte mich umdrehen, als ich schon abgelenkt wurde.
    »Entschuldigen Sie, gute Frau. Könnten Sie ein wenig Mel entbehren, für die armen Indianerkinder?«
    Man stelle sich vor, dachte ich, jetzt hat jemand die Chuzpe, mich anzubetteln! Angewidert schüttelte ich den Kopf, nur um sofort ein zweites Mal hinzuschauen, denn meine Bedrängerin war niemand anders als Annette, die mich ebenfalls erkannte, knickste, mich respektvoll begrüßte, wie Roland es sie gelehrt hatte, und um Vergebung für ihre Unverfrorenheit bat. »Nicht der Rede wert«, beschwichtigte ich sie. »Wo ist Eva?« Zur Antwort führte sie mich einen gewundenen Ziegelsteinpfad hinauf zu einem verrammelten Haus oberhalb des Geschäftsviertels. Unterwegs erfuhr ich, daß sie beide vor drei Tagen von der Strandwache aus ihrem Versteck unter dem Plankensteig vertrieben worden waren.
    Der Plakattafel vor Evas verwahrlostem Domizil ließ sich entnehmen, daß das Gebäude (ein repräsentatives Beispiel der Drei-P-Architektur des ausgehenden 20. Jahrhunderts – Prunk, Protz, Pragmatismus) zum Abriß vorgesehen war, um Platz für einen neuen Supermarkt zu machen. Durch eine Öffnung in der durchlöcherten Stützmauer aus glasierten Ziegeln betraten wir das Erdgeschoß, wo

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