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Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
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Heilbädern des Orbiters den Tod gefunden hatte – der letzte in einer Reihe fataler Unglücksfälle –, und obwohl mich dergleichen Dinge eigentlich nichts angingen, hatte ich doch gehört (von wem, wußte ich nicht), daß man falsches Spiel vermutete. Ich wußte sogar, daß ein neugieriger Detektiv namens Mace Pendleton jeden Augenblick das Modul betreten, unangemeldet in das Zimmer meines Chefs stürmen und ihn dabei überraschen würde, wie er belastendes Beweismaterial in seinem Tisch-Vaporisator zu vernichten versuchte – eine Hauptbuchspule. Ergo war alles genau so, wie es sein sollte. Oder nicht? Zu wissen, ich war eine fehlerfrei funktionierende Einheit; mit der Welt um mich und meiner Stellung darin sicher zu sein war eine Sache – Ereignisse zu kennen, die erst noch bevorstanden, war definitiv etwas anderes. Wie war diese störende Unbekannte in die Gleichung geraten? Gehörte sie zum Programm? Und wenn ja, zu welchem Zweck? Fragen. Fragen.
    Gebieter Pendleton war groß und gut gebaut, für einen Menschen. Er war Ende Zwanzig, breitschultrig, unrasiert, seine Krawatte saß schief, und sein Hut sah aus, als trüge er ihn im Bett. Ein typischer Einzelgänger, schien er einer früheren Epoche zu entstammen, als Polizisten noch keine Androiden waren, und präsentierte sich mit einer Art unbekümmerter Verwegenheit. Mit Förmlichkeiten hielt er sich nicht auf, war an meinem Schreibtisch vorbei, ehe ich mich ihm in den Weg stellen konnte, und betrat Mr. Bagleys Büro mit exakt der gleichen unverfrorenen und brüsken Art wie zuvor. Einen Moment. Sagte ich ›wie zuvor‹? Ja, ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, den gesamten Vorfall schon einmal erlebt zu haben. Hatte ich es mit einem Fall von déjà vu zu tun statt mit einer Vorahnung? Gibt es das bei einem P9, ganz zu schweigen von einem Menschen? Was geht hier vor?
    »Schnitt!«
    Ich erstarrte. Die Stimme war von hinten gekommen, die einzige Richtung, in die ich nicht geschaut hatte.
    »Versuchen wir's noch mal, bitte. Bleibt alle an eurem Platz. Bei Einheit Drei-achtzehn muß die Kopfhaltung korrigiert werden, sie schaut in die Kamera. Schnell, schnell.«
    Gegen den Widerstand der Programmierung gelang es mir, einen Blick über die Schulter zu werfen, und ich sah, daß das Büro übergangslos an einer Mauer aus grellem Licht endete. Ich war geblendet und nahm den IBM-Helfer erst wahr, als seine Silhouette vor mir aufragte. Mein Kopf wurde gepackt und herumgedreht, als wäre ich eine Schaufensterpuppe.
    »Lance, du mußt früher hereinkommen, beim zweiten Signal, und beweg dich etwas forscher. Einheit Zwei – keine Eile, wenn du das Hauptbuch in den Vaporisator schiebst, wir möchten das genau sehen. Und Drei-achtzehn, bitte ein bißchen Nervosität zeigen, wenn Lance an deinem Schreibtisch vorbeigeht. Vielen Dank. Fertig jetzt. Kamera! Klappe!«
    »Mord in Orbiter Sieben!« verkündete ein weiterer Helfer. »Szene einhundertneun, Apple. Die Zwölfte!«
    »Action!«
    »O je«, sagte ich zu mir selbst, als die Ereignisse sich mit verbessertem Timing und größerer Dramatik wiederholten, »ich bin eine Schauspielerin in Hollymoon. Wie auf Erden bin ich hierhergeraten?«
    »Die Einstellung ist gestorben! Alle Einheiten in die Stallungen. Dekoration abbauen.«
    Die Wände des modernen Büros wurden zerlegt und von den IBMs weggetragen; die Holokulisse der Erde, des Orbiters und des unendlichen Universums wurde zusammengerollt in dünne Röhren gesteckt und auf Karren geworfen. Ich reihte mich hinter Bagley ein, der sich nun als ebenso unbedeutendes Rädchen im Getriebe entpuppt hatte, wie ich eins war, und defilierte mit den übrigen Statisten an der hydraulischen Kamera vorbei, deren kugelförmige Hardgellinse unter der schützenden Abdeckung immer noch rotierte. Wenige Schritte weiter, und wir stiegen auf ein Fließband, das uns zu Garderobe und Maske transportierte, wo wir unsere Kostüme gegen die vorgeschriebenen, geschlechtsneutralen blauen Arbeitskittel eintauschten, um uns anschließend auf die Fahrstühle zu den Stallungen im Keller zu verteilen.
    Lance, der Detektiv – ich hatte mich geirrt, ihn für einen Menschen zu halten –, stieg im ersten Untergeschoß aus, das für die Stars reserviert war, die einzigen Einheiten mit einem Namen. Es waren nur wenige, und sie schliefen auf echten Betten in halbwegs privaten Kabinen – die reinsten Paläste, verglichen mit den Unterkünften in den tieferen Stockwerken. Bagley stieg beim nächsten

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