Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Leben als Androidin

Mein Leben als Androidin

Titel: Mein Leben als Androidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fine
Vom Netzwerk:
empfinden.«) Für ihn symbolisierte dieser Schritt das Ende einer Episode und den Beginn eines neuen und vielversprechenden Kapitels; doch hätte er nicht in seinen kühnsten Träumen zu hoffen gewagt, die Vorsehung könnte so gütig sein, ihm mich an diesem Scheidewege zuzuführen, damit er Vergeltung üben konnte. Da sich die Gelegenheit nun aber bot, wäre es ein Verbrechen, sie nicht zu nutzen. »Es ist der Wille des Herrn, daß ich mit der Vergangenheit abschließe, bevor ich weitergehe.« Mit diesen Worten richtete er den Laser auf meinen Kopf. »Leb wohl, Molly.« Die Tür war zu weit entfernt. Ich fühlte mich wie gelähmt. Mein einziger Gedanke war: »Das also ist das Ende; im zarten Alter von sechs Jahren ausgelöscht von meinem ersten und jetzt völlig übergeschnappten Gebieter. Wenn es ein Leben nach der Termination gibt, wird der Chef eine Menge zu erklären haben.«
    »AUS!« rief Eva, die Leuchtkörper reagierten und tauchten das Zimmer in Dunkelheit. Ein Laserstrahl schnitt durch die Luft, Millimeter neben meinem Kopf. Dann schnellte Eva sich gegen den Bauch des Feindes. Beleuchtet wurde ihre kühne Tat von einem Stakkato von Laserblitzen, die die Zimmerdecke perforierten, während Gebieter Locke taumelte und stürzte. Im Stockwerk über uns ertönten Schreie, ob aus Angst oder weil jemand verletzt war, sollten wir nie erfahren; wir waren auch nicht geneigt, darüber nachzudenken, während hinter uns im Dunkeln der Gebieter nach Licht brüllte. Wir stürzten zur Tür und schrien wie aus einem Munde: »Öffnen!«, ohne daran zu denken, daß der Mechanismus auf ein nur dem Mieter bekanntes Codewort reagierte. Halb betäubt von dem Anprall, wankte Eva zurück ins Zimmer und wäre über Locke gestolpert, der auf allen vieren nach seinem Strahler suchte, hätte ich sie nicht am Arm gepackt und festgehalten. Dann sammelte ich das volle Potential meines P9-Kraftfaktors und rammte die Schulter gegen die Tür. Sie zersplitterte der Länge nach, wie der Deckel einer alten Sperrholzkiste. Taumelnd liefen wir den Gang hinunter, sprangen in den Kugellift, stürmten auf den Dachparkplatz und rannten in einen Trupp Legionäre hinein, die ganz und gar nicht unangenehm überrascht waren von dieser hautnahen Begegnung der nackten Art mit zwei unbekleideten Damen. Anschließend bemühten wir uns, den automatischen Pagen auszuweichen, und suchten hektisch nach unserem Mercedes, der zwischen den vielen Nobelkarossen gar nicht so ohne weiteres zu entdecken war. Im selben Moment, als Eva rief, sie hätte ihn gefunden, hechtete Locke aus dem Kugellift, in einer Hand den Laser, mit der anderen raffte er die Hose vor dem Bauch. Bei seinem Auftauchen warfen sich sämtliche Anwesende in Deckung. Ein Sears ergriff ihn von hinten, aber den Bruchteil einer Sekunde zu spät, denn sein letzter Schuß traf mich in den Rücken, als ich eben in den Wagen sprang.
    Es war ein scharfer, stechender Schmerz, der sich von der rechten Schulter im ganzen Körper ausbreitete. Einen Menschen hätte der Strahl ganz durchbohrt, und das Eintrittsloch wäre so groß gewesen wie eine Grapefruit, doch das tröstete mich wenig. Ich hatte ernsthaften Schaden genommen: kostbare Phytoknochen, Arterien und Muskeln waren zerstört, Vegeplasma sickerte in die Rückenlehne, eine ölige, zähe Flüssigkeit, klebrig und heiß.
    Nach dem Start vom Hoteldach schaltete Eva den Autopiloten ein, lehnte sich zurück und holte tief Atem. »Puh! Das wäre beinahe schief gegangen. He, Kleines, bist du in Ordnung?« Ich nickte. Auf keinen Fall durfte ich merken lassen, daß ich verwundet war. Ein Krankenhaus kam nicht in Frage; die Ärzte würden sofort erkennen, daß sie es mit einem P9 zu tun hatten. Und Eva auch. O Eva! Ich konnte den Gedanken nicht ertragen. Wenn ich nur so lange durchhielt, bis wir zu Hause waren, dann gelang es mir vielleicht, ins Badezimmer zu schlüpfen und die Wunde selbst zu versorgen, bevor Eva das verräterische Vegeplasma bemerkte. Mit diesem Plan im Kopf bemühte ich mich, Konversation zu machen, und äußerte die Ansicht, daß es besser wäre, unsere Pläne Fracass und den Mars betreffend zu ändern, denn »wenn alle Humanisten so sind wie der, dann würde ich mich sogar im Dodger District wohler fühlen.« – »Solche Typen gibt es immer und überall«, erwiderte Eva. »Von denen darf man sich nicht unterkriegen lassen.« – »Aber du hast es gehört, Eva, er ist auch auf dem Weg nach Kommerz und wird dort arbeiten.« Meine Stimme

Weitere Kostenlose Bücher