Mein Leben als Stuntboy
Dann kriegt er sich endlich halbwegs ein und quetscht ein Hallo heraus.
hektisch
Tanya zieht mich beiseite. »Deine Zeichnungen waren echt cool. Und sie haben mir wirklich geholfen, meinen Text zu lernen.«
»So merke ich mir auch meine Vokabeln.« Ich hole meinen Skizzenblock aus der Tasche. Ronnie kommt rüber, grinsend von einem Ohr zum anderen, als hätte er die Zeichnungen gemacht und im Grunde auch das Lesen selber erfunden. Ich werfe ihm einen Blick zu, in dem Mach dich vom Acker steht, also stapft er davon und tröstet sich mit einem Schokoriegel.
trösten
Tanya blättert mein Buch durch. »Die sind echt super.« Sie zieht eine Kopie des Drehbuchs aus ihrer Tasche. »Ich fand das so eine gute Idee, dass ichbeschlossen hab, das mit dem Zeichnen auch mal zu probieren.«
Ich schaue mir ihre Drehbuchkopie an und muss schlucken – Tanyas Zeichnungen sind zehnmal besser als meine, nein, hundertmal besser. Total witzig und niveauvoll und handwerklich perfekt. Ich hatte vorgehabt, sie zu fragen, ob ich ihr beim Illustrieren ihrer nächsten Szenen helfen soll, aber jetzt wird mir klar, dass sie bestimmt keine Unterstützung in Form meiner popligen Strichmännchen braucht. Ich sage ihr, dass ich die Bilder umwerfend finde.
niveauvoll
»Das war deine Idee – ich hab sie nur übernommen.« Sie drückt meine Hand, dann macht sie sich auf den Weg zu ihrem Wagen. »Bis später!«
Tausend Gedanken rasen durch meinen Kopf. Tanya Billings hat meine Hand berührt! Meine Zeichnungen haben ihr geholfen! Wieso duften ihreHaare nach Zimt? Was soll das heißen, »bis später«? (Heute ist doch mein letzter Drehtag.) Hat sie wirklich vor, mich wiederzusehen?
Vermutlich sehe ich aus, als hätte mich gerade ein Bus überfahren, denn auf einmal taucht Tony der Alien vor mir auf und fuchtelt mit der Hand vor meinem Gesicht hin und her.
»Erde an Derek! Erde an Derek!«
Ich schüttele die Tanya-Billings-Trance ab.
Trance
»Ja, so ist das Leben eines Stuntman nun mal«, sagt Tony. »Wenn der Film zu Ende ist, endet auch der Kontakt zu dem Schauspieler, für den du die Stunts gemacht hast.«
Ich schaue Tanya nach, wie sie in ihrem Wagen verschwindet, und hoffe, sie dreht sich noch mal um und winkt mir zu.
Macht sie aber nicht.
Ein Entführer der besonderen Art
Ich gehe gleich beim ersten Klingeln ans Handy.
»Ich war bei euch, um Frank zu besuchen«, sagt Matt.
»Ich hab dir doch gesagt, dass diese Affen-Entführungs-Nummer nicht infrage kommt!«
»Ich wollte ihn ja auch nicht entführen. Nur schauen, wie es ihm nach der OP geht. Aber er war gar nicht da.«
»Schau in der Praxis nach. Vielleicht hat Mom ihn mitgenommen, damit er nicht so alleine ist«, sage ich.
»Okay, ich ruf dich gleich wieder an«, erwidert Matt.
»Bist du bereit für die Lesestunde?«, fragt Ronnie. Es sind noch ein paar Stunden bis zu deinem Filmeinsatz.«
Um mich zu drücken, frage ich, ob wir nicht erst zuschauen können, wie Tony seine Szene absolviert.
»Du hast einen Vertrag unterschrieben, schon vergessen?«, sagt Ronnie. »Also bist du eine Verpflichtung eingegangen, die du einzuhalten hast.«
Verpflichtung
Wieder klingelt mein Handy und wieder gehe ich sofort ran. Ich würde alles tun, um diesem blöden Lesen zu entgehen.
»Carly ist da«, sagt Matt.
Dieser Tag wird mit jeder Sekunde verwirrender. »Wie, was? Was hat Carly jetzt damit zu tun?«, frage ich.
»Sie sagt, sie hat Prompty gesehen. Er hat Frank mit zu sich nach Hause genommen! Beziehungsweise wollen erund sein Cousin Frank zu dem Lager von seinem Vater bringen.«
»Was? Wieso das denn?«
»Weil der Typ total schwachsinnig ist, reicht das nicht als Grund? Ich war drüben, um deiner Mom Bescheid zu sagen, aber sie war nicht da. Was soll ich jetzt machen?«
schwachsinnig
»Affen beißen gerne mal«, sage ich. »Weiß Prompty das etwa nicht?«
»Das ist alles nur meine Schuld«, jammert Matt. »Wenn ich mich nicht mit diesem Blödmann abgegeben und ihm von deinem Affen erzählt hätte, wäre das alles nie passiert. Wahrscheinlich hat er uns gestern gehört, als wir darüber geredet haben, und ist bei euch zu Hause reinspaziert.«
»Vergiss das jetzt. Wir müssen Frank unbedingt zurückholen, sonst nimmt die Frau aus Boston ihn mir garantiert weg.«
»Jamie hat gerade nichts zu tun«,sagt Matt. »Ich schau mal, ob er mich hinfahren kann.«
Ich höre, wie er im Hintergrund mit jemandem redet. »Carly kommt auch mit«, sagt er dann. »Kannst du auch dahin
Weitere Kostenlose Bücher