Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
medizinischen Behandlung nach Peschawar gebracht.“
Jetzt war ich ganz durcheinander. Was sollte ich dann hier tun, ohne richtigen Emir und ohne Ausbilder?
Als wir ins Lager kamen, sah ich mich genau um. Im Eingangsbereich gab es einige Lagerschuppen, etwas weiter hinten standen die Wohnbaracken. Meine Aufmerksamkeit wurde allerdings von dem BMP-1 angezogen, der mitten im Lager stand. In fünfzehn Metern Entfernung entdeckte ich außerdem einen T-55-Panzer. Der T-55 ist eine Ikone. Er kam in fast jedem Mudschahidin-Video vor, das ich bisher gesehen hatte. Allmählich wurde mir klar, dass es für mich in Derunta auch ohne Ausbilder reichlich zu tun geben würde.
Abu Said lenkte mich in Richtung eines kleinen Backsteingebäudes in der Mitte des Lagers. Es war die Moschee. Im Innern des Gebäudes saßen bereits zwei Männer, mit denen mich Abu Said bekanntmachte. Der eine hieß Abu Mousa und war ein irakischer Kurde, der andere war Abu Hamid aus Jordanien. Beide lebten in dem Lager. Nach meinem Eindruck waren beide Anfang dreißig, und sie waren außerordentlich freundlich zu mir. Ich blickte mich in der Moschee um und sah, dass sie voller Bücher war. An einer der Wände entdeckte ich ein Fernsehgerät.
Abu Said ging für einen Augenblick hinaus und kam mit zwei weiteren Männern zurück. Einer von ihnen war Abu Dschihad, der Emir des Lagers. Er stammte aus Algerien. Der andere war eine Überraschung für mich – es war Abdul Kerim, mein Freund aus Khaldan. Er war seinerseits sehr überrascht, als er mich sah, aber der Emir begann zu sprechen, noch bevor wir ein Wort miteinander wechseln konnten.
Abu Dschihad wiederholte vieles von dem, was mir Abu Said bereits gesagt hatte. Er teilte uns mit, dass das Lager Hekmatyar gehöre und dass die Brüder von der Front es als Rückzugs- und Ruheort nutzten. Jeder von uns würde seinen Teil der täglichen Pflichten übernehmen. Im Augenblick waren wir allerdings nur zu fünft: Abu Mousa, Abu Hamid, Abu Said, Abdul Kerim und ich.
Dann wandte er sich direkt an mich: „Du hast vielleicht schon gehört, dass dein Ausbilder Assad Allah heute verwundet worden ist. Vor wenigen Minuten sprachen wir mit unseren Brüdern in Peschawar und wissen jetzt, dass er leider erst in etwa einem Monat zurückkehren kann. Du kannst die Zeit bis zu seiner Rückkehr für die Ausbildung an den Panzern hier nutzen, und du kannst dich auch an jeder anderen Waffe erproben, die dich interessiert.“
Ich lachte in mich hinein. Es war ein Gefühl wie am Beginn der Sommerferien – einen Monat lang kein Unterricht, dafür aber all diese erstaunlichen Waffen als Spielzeuge. Und Abdul Kerim war da, also konnte ich auch wieder Französisch sprechen. Die Zeit hier würde sehr viel mehr Vergnügen bereiten als die Arbeit in der Krankenstation von Khaldan.
Als der Emir seine Einführung beendet hatte, standen wir auf. Abdul Kerim kam mit einem breiten Lächeln auf mich zu. „Alhamdulillah, dass man dich hierhergeschickt hat, Bruder.“Gott sei gelobt.
Dann führte er mich zu einer mobilen Infanterieküche, die in der Nähe der Lagermitte eingerichtet war. In dem Gebäude gab es auch einen Herd, und Abdul Kerim sagte, der Strom dafür komme von dem Staudamm, über den ich auf dem Weg hierher marschiert sei. Während dieser Unterhaltung machte er etwas Wasser heiß und goss für jeden von uns eine Tasse Nescafé auf.
ANGELN
Abdul Kerim und ich unterhielten uns an jenem ersten Abend in Derunta mehrere Stunden lang. Er erzählte mir von Assad Allah, dem Sprengstoffausbilder, der sich an diesem Tag bei der Herstellung von RDX verletzt hatte. Ich fragte Abdul Kerim, ob dies derselbe Assad Allah sei, der damals nach Khaldan gekommen war – der algerische Ausbilder, der so viel Zeit im Sprengstofflabor zugebracht hatte. Abdul Kerim antwortete, es sei derselbe Mann.
Wir berichteten uns gegenseitig, was seit unserer letzten Begegnung geschehen war.
Abdul Kerim erzählte, nach seinem Weggang aus Khaldan habe er einige Monate in Peschawar zugebracht und gelernt, wie man Dokumente fälscht – Reisepässe, Kreditkarten, Ausweispapiere. Nach Derunta war er etwa einen Monat vor mir gekommen. Seitdem sei er von Abu Mousa unterwiesen worden, dem irakischen Kurden, dem ich in der Moschee begegnet war. Von ihm lernte er, wie man Fernzündungen für Sprengladungen herstellte.
Abdul Kerim und ich schliefen in Derunta im selben Raum. Hier war auch Assad Allah untergebracht, aber jetzt, in dessen Abwesenheit,
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