Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
hatte, aber dieser Mann stellte mir zwischendurch alle möglichen Fragen. Keine interessanten Fragen danach, was ich gesehen hatte, oder zu den Leuten, denen ich in den Lagern begegnet war, oder den Dingen, die ich dort gelernt hatte. Nur Fragen, mit denen er meine Geschichte überprüfte. Wie lange dauerte die Fahrt von der Grenze bis nach Khaldan? Wie sah es im Flüchtlingslager in Peschawar aus? Wie alt ist Abu Zubayda?
An der Art, wie der Mann fragte, erkannte ich, dass er viel über Pakistan wusste und dort auch einige Zeit verbracht hatte. Aber ich erkannte auch, dass er mich aufs Glatteis führen wollte. Während unserer gesamten Unterhaltung streute er eine Menge lächerlicher Fangfragen ein: Abu Zubayda ist also der Emir von Derunta? Sie sind von Karatschi aus nach Afghanistan gegangen? Khaldan liegt in der Nähe von Islamabad?
Schließlich reichte es mir.
„Was zum Teufel soll das?“, fragte ich zurück. Ich war gekommen, um mich über ernsthafte Sachen zu unterhalten – über Gifte und Bomben und Zellen von Schläfern. Aber von alldem wollten sie gar nichts wissen. Sie glaubten, ich hätte mir das alles nur ausgedacht.
„Wir verschwenden hier alle nur unsere Zeit“, fuhr ich ihn an. „Warum wollen Sie, dass ich Dinge sage, von denen wir beide wissen, dass sie nicht wahr sind?“
Gilles erhob sich schnell. „Ich glaube, das reicht für heute“, sagte er.
Der Kahlkopf wirkte zunächst überrascht, packte dann aber seine Sachen zusammen, zog den Mantel an und ging. Sobald die Tür zu war, wandte sich Gilles mit einem verlegenen Lächeln an mich: „Ich habe dich gewarnt, dass das Ganze zu einem Ärgernis ausarten könnte.“
Am nächsten Tag lief die Befragung besser. Der Kahlkopf war höflicher und stellte mir keine Fangfragen mehr. Als wir fertig waren, unternahmen Gilles und ich einen weiteren Spaziergang in der Innenstadt. Er schien besorgt.
„Wie willst du es anfangen?“, fragte er schließlich.
„Was anfangen?“
„Wie willst du Abu Zubaydas und Ibn Sheikhs Befehl ausführen? Wie und wo willst du dich niederlassen, eine Zelle bilden?“
Die Frage überraschte mich, aber ich hätte wohl nicht überrascht sein sollen.
„Mit deiner Hilfe, nehme ich mal an“, entgegnete ich fest.
„Oh, aber damit rechnen sie wohl nicht.“Gilles erklärte mir, dass sich ein Schläfer im Normalfall wohl irgendwie einen gefälschten Pass besorgte oder sich in Ländern wie Bulgarien oder Rumänien entsprechend eindeckte.
Ich sah, welche Wendung das Gespräch nahm, und wurde sofort deutlich. „So werde ich nicht vorgehen“, sagte ich und sah Gilles dabei in die Augen. „In Afghanistan habe ich mein Leben hundertmal riskiert. Warum sollte ich mit dir abermals ein Risiko eingehen? Was ist, wenn etwas schiefgeht? Was wird, wenn man mich verhaftet? Dann stehe ich dumm da mit meinem bulgarischen Pass, und du könntest behaupten, dass du zum ersten Mal von mir gehört hast.“
Gilles hielt meinem Blick stand, sagte aber nichts. Er konnte meine Feststellung kaum bestreiten, denn er hatte schon einmal versucht, mich ins Gefängnis zu bringen.
Ich fuhr fort: „Als ich mich verpflichtet habe, fragtest du, was ich als Gegenleistung für meine Arbeit haben wolle. Ich sagte dir: den Schutz der DGSE. Ich glaube, dass die Zeit dafür jetzt gekommen ist.“
Gilles war dieser Auftritt höchst peinlich. Offensichtlich war er auf so etwas nicht gefasst gewesen. Es dauerte fast eine Minute, bis er die Sprache wiederfand.
„Ich muss nach Paris zurück. In zwei Wochen komme ich wieder. “Dann gab er mir eine neue Telefonnummer und sagte, unter der Nummer könne ich eine Nachricht hinterlassen, wenn ich ihn zu sprechen wünschte.
Bei seiner Rückkehr sagte mir Gilles, ich müsse nach Dakar gehen, wenn ich einen französischen Pass haben wolle. Einen Grund dafür nannte er nicht. Er erklärte mir entschuldigend, ich könne wegen des fehlenden Transitvisums nicht über Europa nach Dakar fliegen. Dann reichte er mir einen Umschlag.
„Hier drin sind fünftausend Dollar. Geh in ein Reisebüro und finde einen Weg nach Senegal, der nicht über Europa führt. Ruf mich an, wenn du fündig geworden bist, und dann treffen wir uns wieder.“
Schließlich buchte ich einen lächerlichen Umweg. Es stellte sich nämlich heraus, dass es nahezu unmöglich war, ohne Zwischenlandung in Europa nach Dakar zu kommen. Deshalb musste ich eine Route über Dubai, Nairobi und Abidjan zusammenstellen, was insgesamt mehr als vier
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