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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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Menschen gilt den Muslimen als Gotteslästerung. Die Osmanen wandelten die Kirche nach der Eroberung Konstantinopels in eine Moschee um und gipsten die Mosaiken zu. Osmanische Architekten entfernten den Gips jedoch im Lauf der Jahrhunderte immer wieder, säuberten und restaurierten die Mosaiken, um sie dann wieder zu bedecken.
    Die Osmanen hätten diese Bildnisse einfach zerstören können, aber das taten sie nicht. Sie entschieden sich für deren Erhaltung.

WIEDERSEHEN
    Zur Mittagszeit wartete ich vor dem Bahnhof in Eminönü wie verabredet auf Gilles. Ein paar Minuten später entdeckte ich ihn in einiger Entfernung. Wie üblich rauchte er eine Zigarette.
    Er ging los, und ich folgte ihm, wie ich das früher schon so oft getan hatte. Er führte mich zunächst am Goldenen Horn entlang und dann bergauf, durch Straßen voller Händler. Wir spazierten durch enge Passagen, durch leere Straßen und Basare, die von intensiven Gewürzdüften erfüllt waren. Eine halbe Stunde verging, dann noch eine. Natürlich wurde ich beschattet. Die DGSE hatte keinen Grund, mir weiterhin zu vertrauen – ich war eben erst aus Afghanistan zurückgekehrt, und die Franzosen müssen sich gefragt haben, auf wessen Seite ich mittlerweile stand.
    Schließlich führte unser Weg in die Altstadt hinein. Wir waren fast zwei Stunden gegangen, als Gilles schließlich auf einer gepflasterten Straße hinter der Hagia Sophia anhielt. Ich schloss zu ihm auf.
    „Glaubst du, dass dir jemand folgt?“, fragte er. Er lächelte, die Augenbrauen waren hochgezogen.
    Ich lachte. „Nein, natürlich nicht!“
    „Bist du sicher?“
    „Vollkommen sicher.“
    Dann lachten wir beide, schüttelten uns die Hand und nahmen den Spaziergang Seite an Seite wieder auf.
     
    Gilles und ich gingen an jenem Nachmittag stundenlang spazieren, durch die Altstadt und den Gülhane-Park zum Meer hinunter und wieder zurück. Ich erzählte ihm die Geschichte meiner Reise, die an jenem Morgen begann, an dem wir uns in den Dolmabahçe-Gärten getrennt hatten: die Begegnung mit dem Mann im Flugzeug, mein Aufenthalt bei den Tabligh, meine Begegnung mit Abu Anas; dann folgten Peschawar und Khaldan und Ibn Sheikh und Abdul Kerim und Sarobi und Derunta und das Senfgas und die ägyptische Botschaft und Abu Zubayda und die Telefonnummern und all die einzelnen Schritte, die ich unternommen hatte, um hierher, nach Europa, zurückzukommen.
    Die meiste Zeit redete ich. Gilles reagierte in keiner Weise auf das, was ich ihm erzählte, und er sagte auch fast nichts. Er bat mich jedoch dreimal, langsamer zu gehen: Ich hatte in der Zwischenzeit in den Bergen Afghanistans trainiert, und er konnte kaum mit mir Schritt halten.
    Schließlich setzten wir uns in ein Café. „Im Augenblick musst du mir nicht mehr berichten“, sagte er. „In zwei Tagen treffen wir einen Freund von mir, der dir weitere Fragen stellen wird.“Er übergab mir einen prallvollen Umschlag mit Geldscheinen. Wir unterhielten uns noch einige Minuten, dann erhob er sich.
    „Bring beim nächsten Mal deinen Pass mit“, sagte er. Dann verschwand er in der belebten Straße.
     
    Zwei Tage später traf ich Gilles an der Rezeption eines eleganten Hotels in Taksim, auf der anderen Seite des Goldenen Horns. Ich gab ihm meinen Pass. Im Aufzug sprach dann Gilles zu mir.
    „Mein Freund wird dir einige Fragen stellen. Er möchte wissen, wie du nach Pakistan gekommen bist, wen du dort getroffen hast, was du in Afghanistan getan hast, und so weiter. Bitte sei nicht gekränkt wegen irgendeiner dieser Fragen oder der Art, in der er sie stellt. Antworte nur deutlich und ehrlich. Was du, wie ich weiß, ja tun wirst.“Dabei setzte er ein dünnes Lächeln auf.
    Gilles führte mich dann in eine Suite, deren Mitte von einem großen Tisch eingenommen wurde. Einige Minuten später erschien ein kahlköpfiger Mann mittleren Alters. Er hatte einen Lederkoffer dabei und trug einen beigefarbenen Trenchcoat von der Art, die Agenten in drittklassigen Spionagethrillern benutzen. Zur Begrüßung entbot er uns beiden eine Art Brummen, dann warf er seinen Mantel aufs Bett und setzte sich.
    „Kann ich Ihren Pass haben?“Das waren seine ersten Worte. Gilles gab ihm das Dokument. Allmählich verstand ich Gilles’ noch im Aufzug ergangene Warnung.
    „Ich möchte, dass Sie mir alles erzählen, was sich von Ihrer Landung in Pakistan bis zu Ihrer Rückkehr nach Istanbul abgespielt hat.“
    Ich wiederholte den Bericht, den ich Gilles schon vor zwei Tagen gegeben

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