Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Tage in Anspruch nehmen würde.
Ich traf Gilles einen Tag später in einem Café am Bosporus. Er sagte, er habe für mich in Dakar ein Treffen mit einem Freund arrangiert. Diesem Mann sollte ich im Tausch für einen neuen französischen Pass meinen marokkanischen Pass übergeben. Ihn selbst würde ich dann in Paris wiedersehen.
Nachdem all dies geregelt war, entspannte sich die Gesprächsatmosphäre zwischen uns. Wir ließen die Lager hinter uns und sprachen stattdessen über Istanbul, die Touristen, das Essen und die Architektur der Stadt.
Als wir unser Mittagessen beendet hatten, sah er mich plötzlich mit ernster Miene an.
„Weißt du, niemand hat geglaubt, dass du zurückkommen würdest. Ich habe denen das Gegenteil gesagt. Ich habe ihnen gesagt, ich würde mir die rechte Hand abschneiden, falls du verschwinden würdest. So sicher war ich mir mit dir. Aber in den letzten paar Monaten hat sich stets jemand über mich lustig gemacht, wenn ich ins Büro kam.,Warum ist deine rechte Hand immer noch dran?‘, fragten sie mich immer wieder.“
Gilles lachte verhalten, als er diese Geschichte erzählte. Dann wurde er wieder ernst und näherte sein Gesicht dem meinen.
„Danke fürs Zurückkommen.“
PARIS
Im Senegal wartete ich einen Monat lang auf meinen Pass. Schließlich erschien ein Mann in meinem Hotel und stellte sich als Freund von Gilles vor. Er übergab mir ein dickes Bündel mit Dollar- und Franc-Scheinen und einen neuen Pass. Ich schlug ihn auf und sah, dass er auf den Namen Abu Imam al-Mughrabi ausgestellt war – auf den marokkanischen Namen, den ich in den Lagern benutzt hatte. Das ärgerte mich. Ich durchschaute, was die DGSE damit bezweckte. Diese Leute wussten sehr wohl, dass es für mich fast unmöglich war, mit einem auf diesen Namen lautenden Pass auf eigene Faust irgendwohin zu fliegen. Und genau das wollten sie. Sie wollten mich unter Kontrolle halten.
Ich traf Gilles gleich nach meiner Landung auf dem Flughafen Charles de Gaulle. Er brachte mich in das Hotel, in dem ich bereits nach der Ausreise aus Belgien gewohnt hatte. Wir gingen direkt zu einem Zimmer, ohne uns an der Rezeption aufzuhalten, und Gilles schloss auf. Sobald die Tür zu war, nahm ich den Pass heraus und gab ihn ihm.
„Der Name ist clever gewählt“, sagte ich, „aber du musst mir einen neuen geben.“
Gilles deutete ein leichtes Grinsen an und nahm den Pass entgegen.
„Das war ein Scherz“, sagte er.
Es war eine lahme Ausrede. Die DGSE war nicht unbedingt für einen ausgeprägten Sinn für Humor bekannt. Aber ich hielt mich zurück.
Gilles kündigte mir schließlich an, ich müsse einige Wochen in Paris bleiben, damit sie die Vorbereitungen für meinen nächsten Auftrag treffen könnten. Er meinte, ich solle mich ausruhen und die Stadt genießen.
„Du solltest dir einen Regenmantel kaufen“, riet er noch, als er sich zum Gehen anschickte.
„Warum?“, fragte ich. Es war Hochsommer.
„Da, wo du hingehen wirst, regnet es oft.“Und dann war er fort.
In den folgenden Wochen kam Gilles häufig zu mir ins Hotel. Er stellte eine Menge Fragen zu Afghanistan. Wir sprachen über meine Ausbildung dort, und er interessierte sich besonders für die Sprengstoffe. Ich berichtete ihm, dass wir gelernt hätten, aus einfachen Zutaten viele hochexplosive Stoffe herzustellen, und dass man uns beigebracht habe, wie man Autos, Züge, Gebäude und Flugzeuge in die Luft jagte. Ich erzählte ihm von den Experimenten mit Senfgas und Zyanid.
Am meisten interessierten Gilles jedoch die Europäer in den Lagern. Ich erzählte ihm von dem Marokkaner, der in London lebte, dem Mann, der statt meiner das GPS in die Hand bekam. Und natürlich erzählte ich ihm von Abdul Kerim, der für Gilles am interessantesten war. Er stellte mir alle möglichen Fragen über ihn. Ich beschrieb ihm Abdul Kerims Aussehen und sagte auch, dass er von der GIA in die Lager geschickt worden sei. Ich sagte, dass er gemeinsam mit mir im Umgang mit Sprengstoffen ausgebildet worden sei und die Lager ebenfalls bald verlassen wollte.
„Glaubst du, dass er nach Frankreich zurückkehren wird?“
„Das bezweifle ich. Er sagte, dass er hier Ärger mit der Polizei hatte.“
„Wird er in Europa bleiben oder woanders hingehen?“
„Er wird in Europa bleiben. Er hat eine Tochter hier. Vielleicht geht er nach Belgien. Ich weiß, dass er dort Leute kennt.“
Auf Abdul Kerim kam Gilles noch häufig zu sprechen.
Den größten Teil meiner Zeit in Paris genoss
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