Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
man aus ihnen trinken kann! Glaubst du wirklich, dass jemand, der sich mit Sprengkörpern auskennt, sie nicht öffnen und hineinschauen würde?“
Es war fast lachhaft, wie wenig diese sogenannten Terrorismusexperten über den eigenen Feind wussten. Sie schienen nicht zu begreifen, dass ihre Gegner ernsthafte Menschen waren, die über ein großes Wissen verfügten – und nicht Kinder, die mit Spielzeugwaffen herumalberten.
Außerdem machten mich Daniels Pläne wütend, weil sie bewiesen, welchen Gefahren mich diese Geheimdienste auszusetzen bereit waren. Sie dachten nichts zu Ende und versuchten nicht herauszufinden, wie ihr Feind operierte. Sie ließen einfach die Phantasie mit ihnen durchgehen, ohne die Konsequenzen zu bedenken, die ihre Planungen für mich haben könnten.
Mir wurde immer klarer, dass ich hier mit dem Feuer spielte. Natürlich wussten weder Daniel noch Gilles, in welch großer Gefahr ich schwebte, da keiner von ihnen etwas von der Unterhaltung wusste, die ich am Tag vor der Razzia geführt hatte. Sie wussten daher auch nicht, dass Amin, Yasin und Hakim damals erfahren hatten, dass ich zur DGSE übergelaufen war.
Diese Gefahr bestand seit dem Augenblick, als ich Khaled von Amin und Yasin erzählt hatte. Aber diese Namen waren auch meine Visitenkarte gewesen. Sie hatten mir einen direkten Zugang zu den Ausbildungslagern verschafft. In Khaldan hatte ich ja mitbekommen, wie viele der anderen Brüder erst einmal monatelang in Peschawar und anderswo auf Herz und Nieren geprüft wurden, bevor sie ein Lager betreten durften. Mich hatte das nur einen Tag gekostet.
Aber jetzt befand ich mich selbst in einer schwierigen Lage. Der Umstand, der es mir erlaubt hatte, meine Aufgabe als Spion zu erfüllen, machte es jetzt immer wahrscheinlicher, dass ich schließlich doch noch auffliegen würde.
Eines Tages wurde mir endgültig klar, wie nahe ich inzwischen am Abgrund stand. Khaled erzählte mir, dass einige seiner Freunde Amin und Yasin in Belgien im Gefängnis besucht hätten. Da er nicht mehr sagte, konnte ich davon ausgehen, dass dieses Mal niemand irgendwelche Verbindungen zwischen mir und ihnen gezogen hatte. Aber was würde das nächste Mal geschehen, oder das übernächste Mal?
Allmählich verursachte mein Aufenthalt in London mir mehr Stress, als ich ihn in meinem Leben in den Lagern jemals empfunden hatte. Ich war teilweise frustriert, da meine Aktivitäten hier so ziellos zu sein schienen. Als ich mit Gilles in Belgien zusammengearbeitet hatte, war mir immer klar gewesen, dass wir beide auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiteten. Die DGSE wollte das GIA-NETZWERK zerstören und die Leute, die ihm angehörten, verhaften.
Aber hier in London war ich mir meiner Rolle überhaupt nicht mehr sicher. Offensichtlich sollte ich mich als reiner Beobachter betätigen. Jede Woche ging ich in die Finsbury-Park-Moschee, und jede Woche stellte mir Daniel die gleichen Fragen. Ich schaute mir unzählige Fotos an und niemals schien diese Arbeit irgendwelche Folgen zu haben. Das einzige Mal, als ich ihnen etwas wirklich Großes verschafft hatte – Ali Touchent -, hatten sie die ganze Angelegenheit schrecklich verbockt.
Mehr denn je musste ich in London Dampf ablassen. Ich verbrachte viele Abende in Covent Garden, trank Wein im Restaurant im Erdgeschoss und hörte den Musikern zu. Ich wusste, dass Daniel das gar nicht gerne sah. Er wollte, dass ich mich mit weiteren Arabern anfreundete und Extremisten aufspürte. Aber ich wollte auch weiterhin ein Leben behalten, das nur mir ganz allein gehörte.
Eines Tages entschloss ich mich, Fatima anzurufen. In den ersten Monaten in London war ich sehr beschäftigt gewesen und hatte es deshalb immer wieder verschoben. Aber jetzt wollte ich mit ihr sprechen und sie wiedersehen. Ich wählte die Nummer einer ihrer Freundinnen, die sie mir gegeben hatte.
Das Ganze war ein kleines Wunder. Als ihre Freundin den Hörer abhob, hielt sich Fatima im selben Zimmer auf. Die beiden verpackten gerade die Sachen der Freundin, da diese am Tag darauf umziehen wollte. Hätte ich nur vierundzwanzig Stunden länger gewartet, hätte ich Fatima niemals wiedergefunden.
Fatima und ich machten genau dort weiter, wo wir in Paris aufgehört hatten. Und wenn wir einmal zu sprechen angefangen hatten, konnten wir nie ein Ende finden. Ich rief sie jeden Tag an. In dieser Zeit belief sich meine Telefonrechnung auf mehrere tausend Pfund.
NOTIZBUCH
Ich war überrascht, dass Daniel mich niemals nach
Weitere Kostenlose Bücher