Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
Vom Netzwerk:
mich Daniel angewiesen, es von nun an immer bei mir zu tragen. Das hatte ich bisher auch immer befolgt. Es war auch immer angeschaltet, falls mich einer meiner Führungsleute oder jemand aus Peschawar oder Khaled anrufen wollte. Khaleds Anrufe wurden übrigens immer aufgezeichnet. Aber an diesem Tag schaltete ich mein Handy aus und ließ es auf dem Nachttisch neben meinem Bett liegen.
    An diesem Nachmittag und frühen Abend ging ich stundenlang durch die Londoner Straßen. Dabei ging mir plötzlich alles durch den Kopf, was ich bisher mehr oder weniger erfolgreich verdrängt hatte. Es war, als ob ein riesiger Damm gebrochen wäre. Völlig vergessene Erinnerungen kamen mir plötzlich wieder in den Sinn. Die Auseinandersetzungen zwischen meinem Vater und meiner Mutter. Der Unfalltod meines Bruders. Buck Danny und mein Ohr und Édouard und Hakim und Amin und Yasin und Laurent und Tarek und mein erstes Treffen mit Gilles und die Autofahrt nach Marokko und die Razzien und dann Pakistan und Afghanistan und die Gewehre und die Bomben und die Tschetschenen und Ibn Sheikh und Abu Bakr und Assad Allah und Abu Khabab und der Bombenanschlag auf die Botschaft in Islamabad und das Wiedersehen mit Gilles in Istanbul. Bild auf Bild auf Bild, wie die Fotos, die mir Gilles, Alexandre, Mark, Daniel und Penny immer zeigten. Aber im Gegensatz zu diesen Fotos erkannte ich jedes von diesen Bildern wieder, obgleich sie sich in meinem Kopf veränderten und die Form wechselten. Sie schienen sich jetzt alle verfinstert zu haben.
    Als ich spät in der Nacht heimkehrte, klingelte das Telefon. Ich hob ab.
    „Sie haben mich angerufen.“Es war Fatimas Stimme.
    „Wer hat dich angerufen?“, fragte ich zurück.
    „Mark und Alexandre“, sagte sie. „Sie konnten dich nicht finden. Du hattest dein Handy nicht dabei. Du sollst sie sofort anrufen.“
    Niemand vom Geheimdienst hatte jemals zuvor Fatima angerufen. Ich hatte Gilles vor langer Zeit ihre Adresse und ihre Telefonnummer mitgeteilt, hatte aber niemals daran gedacht, dass sie sie tatsächlich verwenden würden. Ich wusste sofort, dass es sich um etwas Wichtiges handeln musste, deshalb wählte ich Marks Nummer und hinterließ eine Nachricht. Er rief unmittelbar darauf zurück, und wir vereinbarten ein Treffen für den nächsten Morgen. Seiner Stimme war anzuhören, wie angespannt er war.
     
    Als ich in der Kontaktwohnung eintraf, waren Mark und Alexandre bereits da. Wir setzten uns, und Alexandre fing an.
    „Dies mag dich jetzt überraschen“, sagte er. „aber wegen der Bombenanschläge gestern haben wir uns entschieden, den Zeitpunkt deiner Afghanistanreise vorzuverlegen.“Dann schob er mir über den Tisch ein Flugticket zu. „Du wirst noch heute nach Dakar fliegen.“
    Das Ganze überraschte mich nicht besonders. Ich fühlte nur eine ungeheure Erleichterung. Zu diesem Zeitpunkt hätten sie mich überallhin schicken können, solange es mich nur aus London wegbrachte.
    Nun ergriff Mark das Wort. „Wir möchten, dass du jetzt heimgehst und nur das einpackst, was du für den Anfang benötigst“, sagte er. „Den Rest schicken wir dir später zu.“Dann beugte er sich ganz leicht nach vorne. „Lass alles da, was dich mit London verbindet, Telefonnummern, Adressen, Fotos. Alles.“
    In diesem Augenblick wurde mir klar, dass die Briten mich loswerden wollten. Ich war am Tag der Bombenanschläge plötzlich verschwunden. Sie mussten befürchten, dass ich in Wirklichkeit ein Schläfer war und jetzt abgetaucht war, um irgendeine Aktion durchzuführen. Ich konnte ihnen einen solchen Verdacht nicht verdenken. Ich war ja tatsächlich ein ausgebildeter Killer. Außerdem wusste ich, dass sie mir von Anfang an nicht getraut hatten. Manchmal hatte ich sie in ihren Augen zu sehr bedrängt, zum Beispiel, was das Geld anging. Dann hatte ich mich geweigert, bestimmte Dinge zu erledigen. Ich nahm an, dass sie auch über meine politischen Ansichten nicht allzu glücklich waren. Es wäre einfacher gewesen, wenn ich die Welt ganz schlicht in Gut und Böse eingeteilt hätte.
    Allmählich müssen sich die Briten gefragt haben, auf welcher Seite ich eigentlich stand. Natürlich wusste ich, auf welcher Seite ich stand. Ich war kein Doppelagent. Ich hatte in beiden Welten gelebt und ich verstand sie beide. Aber ich hatte niemals für Ibn Sheikh oder Abu Zubayda gearbeitet, während ich in London war. Ich wusste das, im Gegensatz zu ihnen.
    Nicht zuletzt hatten die Briten meiner Meinung nach ein ganz bestimmtes

Weitere Kostenlose Bücher