Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
den Vereinten Nationen mit Sanktionen belegt. Frauen sahen sich unter den Taliban im öffentlichen Leben extremen Einschränkungen ausgesetzt, außerdem beherbergten und unterstützten die neuen
Machthaber islamistische Terroristen, darunter auch Osama Bin Laden. Die Taliban wurden im November 2001 durch amerikanische Streitkräfte, die gemeinsam mit der Nordallianz gegen sie vorgingen, von der Macht vertrieben, doch die Gruppe reorganisierte sich später als kampfstarke Widerstandsbewegung in Afghanistan.
Touchent, Ali Er wurde von den algerischen Behörden als europäischer Kopf der Bewaffneten Islamischen Gruppe (GIA) bezeichnet. Touchent war einer der mutmaßlichen Planer der Bombenanschläge in Frankreich im Verlauf des Sommers 1995. Zu einem späteren Zeitpunkt 1995 verhaftete die französische Polizei vierzig militante Islamisten, die dieser Delikte verdächtigt wurden, doch Touchent selbst entging der Festnahme. 1998 wurde er in Abwesenheit wegen Beteiligung an den Pariser Metroanschlägen angeklagt. Noch während des Prozesses teilten die algerischen Behörden mit erheblicher Verzögerung mit, Touchent sei im Mai 1997 von der Polizei seines Heimatlandes getötet worden. Bilder des Leichnams wurden jedoch niemals als Beweisstücke vorgelegt. Die algerischen Behörden ließen den Franzosen stattdessen einen Satz Fingerabdrücke zum Vergleich zukommen. Die französische Polizei erklärte zwar, diese Abdrücke entsprächen den Vergleichsstücken in Touchents französischer Akte, doch der Vorsitzende Richter des Prozesses von 1998 blieb von dieser Feststellung unbeeindruckt und verurteilte Touchent in Abwesenheit zu einer Haftstrafe von zehn Jahren. (Vgl. Algerischer Bürgerkrieg, GIA.)
NACHWORT
Die Anschläge des 11. September 2001 kamen nicht aus heiterem Himmel. Im Lauf der neunziger Jahre schloss sich eine Reihe gewalttätiger islamistischer Bewegungen zusammen und nahm statt örtlich begrenzter Konflikte den „fernen Feind“ins Visier: die Vereinigten Staaten und die westlichen Länder. Die Organisation, die sich damals herausbildete, sollte unter der Bezeichnung al-Qaida bekannt werden. Omar Nasiris Bericht gibt einen einzigartigen Einblick in die Entwicklungen in dieser entscheidenden Zeitspanne, über die immer noch wenig bekannt ist. Seine Geschichte ist nicht zuletzt deshalb einzigartig, weil er aus der ungewöhnlichen Perspektive eines Mannes schreibt, der in diese Netzwerke eingedrungen ist. Die häufig geäußerte Ansicht, dass ein Sieg über den Terrorismus gute Geheimdienstarbeit voraussetze, verdeckt die Realität: Gute Geheimdienstarbeit bedeutet, dass Einzelpersonen bereit sind, ihr Leben aufs Spiel zu setzen, indem sie sich als Spione zur Verfügung stellen. Was sie erleben, gelangt selten in die Öffentlichkeit.
Nasiri liefert eine Beschreibung der wachsenden Stärke islamistischer Terrorgruppen in den neunziger Jahren, er zeigt, wie diese Gruppen unterwandert werden können, und er schildert außerdem, wie gering das Verständnis der staatlichen Behörden für die sich entwickelnde Bedrohung war. Nasiris Kontakte zum terroristischen Netzwerk entsprangen seinem familiären Umfeld, und die ungewöhnlichen Begleitumstände seines Heranwachsens in Nordafrika und Belgien gaben ihm die Mittel und Kenntnisse an die Hand, mit denen er ein Doppelleben führen konnte.
Nasiri arbeitete mehr als sieben Jahre lang mit dem französischen, britischen und deutschen Geheimdienst zusammen und liefert einen Insiderbericht zur Arbeitsweise dieser Institutionen. Dieser Bericht über Zusammenkünfte, Besprechungen und das „Handwerk“der verschiedenen Dienste ist ungewöhnlich detailliert. Ungewöhnlich ist bei Nasiri außerdem, dass er während seiner Zeit in Großbritannien von Franzosen und Briten gemeinsam „geführt“wurde, was ein Schlaglicht auf die Zusammenarbeit beider Länder wirft, bei der es dennoch unterschiedliche Einschätzungen der Bedrohung durch den Terrorismus gab. Nasiri schildert die komplexen eigenen Motive wie auch die moralischen Kompromisse, die Spione und Agentenführer eingehen müssen. Der moralische Zwiespalt, in dem sich Nasiri wie auch seine Agentenführer bei ihren Entscheidungen befinden, macht Schluss mit allzu einfachen Vorstellungen von der Praxis der Antiterrorspionage. Nasiris eigene offenkundige Verwirrung in der Frage, wem denn nun zu unterschiedlichen Zeitpunkten seine Loyalität galt, unterstreicht die Schwierigkeiten, die mit einem Doppelleben als Spion
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