Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
angestrengt nachdachte. Ich dachte schon, dass er etwas sagen wollte, aber dann wandte er sich wortlos um, ging ins Haus zurück und hielt die Tür hinter sich offen.
Als ich ihm folgte, wusste ich: Mir war vergeben worden. Ob Hakim mir nun glaubte oder nicht, steht auf einem anderen Blatt, aber das spielte keine Rolle. Ihm blieb keine andere Wahl. Er kannte das islamische Recht sehr viel besser als ich, also wusste er, dass er meine Absichten nicht in Frage stellen durfte, wenn ich erklärte, ich wolle zu Gott zurückkehren. Ihm war nicht gestattet, über meine Absichten zu spekulieren. Wenn ich meine Reue erklärte, musste er mich einfach beim Wort nehmen.
Sollte ich jedoch abermals lügen und sündigen, konnte er mich dafür töten.
FOTOS
Eine Woche später traf ich mich wieder mit Gilles. Ich rief ihn unter der Nummer an, die er mir gegeben hatte, und er nannte mir einen Treffpunkt. Es war das gleiche Verfahren wie beim ersten Mal: Ich folgte ihm mehr als eine halbe Stunde lang in einem Abstand von etwa dreißig Metern, und nach ein paar Häuserblocks erkannte ich Gesichter wieder, die ich erst wenige Minuten zuvor gesehen hatte. Wie beim ersten Mal landeten wir in einem Hotel in der Nähe der Place Rogier, allerdings nicht im selben. Diesmal war kein dritter Mann im Raum.
Als wir uns setzten, sagte ich zu Gilles, ich wisse, dass seine Leute mich beschatteten.
„Mache dich nicht lächerlich“, sagte er und lachte dabei. Ich hakte damals nicht nach und wusste dennoch, dass ich Recht hatte. Dann fuhr Gilles fort: „Ich habe einige gute Neuigkeiten für dich. Ich habe das Geld. Ich möchte, dass du zunächst zu Hause bleibst und dich in Zurückhaltung übst. Gewinne erst einmal ihr Vertrauen zurück, und später werden wir dann mehr erfahren.“
Er gab mir die 25 000 Francs, und wir unterhielten uns ein paar Minuten lang, bevor ich wieder ging. Sehr viel später sagte mir Gilles, er sei sich nach diesem zweiten Treffen überhaupt nicht schlüssig gewesen, ob ich Tarek das Geld nun zurückgeben oder es für mich behalten wollte. Das ärgerte mich maßlos.
Sobald ich nach Hause kam, gab ich Hakim das Geld mit dem Auftrag, es Tarek zurückzugeben. Ich musste mir keine Sorgen mehr machen, ob sie noch Mordabsichten gegen mich hegten, aber ich wusste, dass sie mir auch nicht mehr trauen würden. Amin und Yasin verbrachten immer weniger Zeit bei uns, und Tarek hatte ich seit dem Tag nicht mehr gesehen, an dem ich das Geld an mich genommen hatte.
Drei Tage, nachdem ich Hakim das Geld gegeben hatte, ging ich ins Erdgeschoss hinunter und sah ihn dort mit Amin und Yasin am Küchentisch sitzen. Als ich die drei dort sitzen sah, machte ich die Tür hinter mir zu, weil ich eine Begegnung vermeiden wollte. Aber Yasin hatte mich bemerkt und rief mich in die Küche. Dort stand ich dann vor ihm und Amin, ließ den Kopf hängen und bereute mein Tun auch vor diesen beiden.
Sie musterten mich einige Sekunden lang kühl, dann sprach Amin.
„Wir vergeben dir und nehmen dich wieder auf“, sagte er. „Der Teufel muss eine Zeitlang von dir Besitz ergriffen haben, aber wir sind froh, dass du dich für die Rückkehr zu Gott entschieden hast.“
Das islamische Recht ist ein Aspekt dieser Episode, aber Amin und Yasin hatten noch einen weiteren Grund, mir zu vergeben – sie brauchten die Waffen. Bei Laurent hatte ich ein paar Tage vor dem Gespräch mit der DGSE eine Lieferung Uzis bestellt, und Yasin wollte die Waffen jetzt haben.
Natürlich hatte sich unsere Beziehung jetzt verändert: Sie trauten mir nicht mehr. Tarek tauchte nach einigen Wochen wieder auf, und wenig später verschwanden die Kartons und die Büroausrüstung nach und nach aus unserem Haus. Sie nahmen sogar den Kopierer wieder mit. Offensichtlich fühlten sie sich in meiner Nähe nicht mehr sicher. Sie hatten ein neues Zuhause gefunden.
Bevor sie gingen, nahm ich einige Akten aus den Schachteln in der Küche, um sie Gilles zu zeigen. Und ich nahm die Sendeprotokolle aus dem Faxgerät an mich. Amin und Yasin waren immer da, wenn die nächsten Faxe eintrafen. Tarek kam seltener, aber Amin und Yasin erschienen immer noch so oft wie in der Zeit vor ihrem Einzug bei uns. Und nach wie vor benutzten sehr viele Männer unser Haus als Durchgangsstation auf dem Weg zur Front.
Bei Laurent gab ich auch weiterhin meine Bestellungen für Yasin auf. Ich kaufte immer noch größere Mengen derselben Artikel – Geschosse, manchmal Schusswaffen, aber auch einige
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