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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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begegnen würde. Aber dann lenkte er ein.
    „Bitte nehmen Sie im Wartezimmer Platz. Ich komme in einigen Minuten dorthin.“
    Ich verließ das Büro und setzte mich draußen hin. Zehn Minuten später öffnete sich die Tür, und mein Gesprächspartner bat mich abermals herein.
    „Wäre es Ihnen möglich, morgen früh gegen zehn Uhr wiederzukommen? “, fragte er. „Sagen Sie mir gleich, wenn das nicht geht.“
    „Ja“, bestätigte ich. „Ich kann morgen kommen.“
    „Gut. Bitte nehmen Sie nach Ihrem Eintreffen zunächst im Wartezimmer Platz. Ein Mann wird zu Ihnen kommen und Ihnen Anweisungen geben. Ihm folgen Sie dann auch bitte. Ich kann Ihnen versichern, dass er unmittelbar mit dem Kampf gegen die GIA befasst ist.“
    Ich stimmte dem Plan zu und verließ anschließend das Büro. Draußen fand ich sofort eine Telefonzelle und rief meinen Bruder an.
    „Unternimm nichts“, sagte ich. „Lass erst mal alles, wo es ist.“
    Den folgenden Abend verbrachte ich abermals zu Hause. Ich hatte mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen und war zu dem Schluss gekommen, dass sie unmöglich versuchen würden, mich im Haus meiner Mutter umzubringen. Dafür brauchten sie das Haus zu dringend – als Waffenlager, als Durchgangsstation für junge Männer auf dem Weg zur Front, als Büro und Lagerraum für die Herstellung von al-Ansar . Wenn sie mich umbringen wollten, dann würden sie das woanders tun.
    Am nächsten Morgen war ich früh wach. Bevor ich das Haus verließ, ging ich in Nabils Zimmer.
    „Heute gilt dasselbe wie gestern“, sagte ich zu ihm. „Wirf alles in den Kanal, wenn du bis ein Uhr nachmittags nichts von mir hörst.“
    Nabil war deutlich nervös. „Gehst du zur Polizei?“, wollte er wissen.
    „Nein. Ich gehe nicht zur Polizei. Zu jemand anderem, aber ich kann dir nicht sagen, wer das ist.“
     
    Um 9.56 Uhr war ich im Konsulat und setzte mich in den Wartebereich. Genau um 10.03 Uhr trat ein Mann im Trenchcoat aus einem Büro und kam auf mich zu. Er war über vierzig, und sein Gesicht war völlig unscheinbar. Ich erinnere mich, dass mein erster Gedanke war: Er sieht wie ein Lehrer aus.
    „Bonjour“, sagte er. Er stand vor mir und streckte mir die Hand entgegen. „Ich heiße Gilles.“Ich gab ihm die Hand, und er fuhr fort, ohne den Gesichtsausdruck oder den Tonfall zu verändern: „Ich gehe jetzt auf die Straße hinaus und möchte, dass Sie mir in etwa drei Minuten folgen. Sie finden mich an der Straßenecke. Dann gehe ich los, und Sie folgen mir. Halten Sie einen guten Abstand zwischen uns ein. Ich werde etwa dreißig Minuten lang gehen. Dann halte ich vor dem Schaufenster eines Teppichgeschäfts. Bitte schließen Sie dort zu mir auf, und dann suchen wir einen Ort, an dem wir reden können.“
    Gilles wandte sich um und verließ das Gebäude. Ich folgte ihm wenig später und sah ihn in etwa fünfzig Metern Entfernung, er rauchte eine Zigarette. Dann wandte er sich nach rechts, in Richtung Passage 44, und ich folgte ihm. Er bog mehrmals ab, blieb aber meist auf belebten Straßen. Dort waren zahllose Fußgänger unterwegs, die mir manchmal die Sicht nahmen, aber ich entdeckte ihn stets wieder. Ich folgte ihm um zahlreiche Häuserblocks, hielt mich dabei aber stets auf der anderen Straßenseite.
    Nach etwa einer halben Stunde wurde ich allmählich müde – und wütend. Ich wusste, dass er herausbekommen wollte, ob mich jemand beschattete, ob ich Leute mitgebracht hatte. Alle paar Blocks fiel mir dasselbe Auto auf: ein schwarzer Audi, an dessen Steuer eine blonde Frau saß. Ich wusste, dass sie jeden meiner Schritte beobachtete. Und dann war da noch ein weiterer Mann in einem beigefarbenen Trenchcoat, den ich dreimal zu Gesicht bekam. Einmal trug er eine Zeitung bei sich, einmal kaufte er sich auf der Straße etwas zu essen, und beim dritten Mal stand er an einer Bushaltestelle. In Marokko hatte ich jahrelang nach verdeckt operierenden Polizisten Ausschau gehalten, und das hier kam mir wie Kinderkram vor.
    Nach vierzig Minuten sah ich Gilles schließlich vor einem Teppichgeschäft in der Nähe der Place Rogier stehen. Ich ging über die Straße zu ihm hin und streckte die Hand zur Begrüßung aus, wie er mich angewiesen hatte. Auch er streckte die Hand aus, als ob er die meine ergreifen wollte, aber dann umfasste er mich und strich unter meinem Mantel leicht über meinen Rücken und meine Seite.
    „Was tun Sie da?“, fragte ich.
    „Ich sehe nach, ob Sie eine Waffe tragen.“
    „Ja, ich

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