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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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bewaffnete Polizisten in ihren Uniformen, die aus einem schwarzen salwar kameez und einem Barett bestanden.
    Plötzlich gab mir Abu Anas ein Zeichen, und wir stiegen aus dem Bus, um zu Fuß weiterzugehen. Wir waren jetzt mitten im Flüchtlingslager. Überall gab es kleine Läden und Essensstände. Wahre Menschenmassen schoben sich durch die Lagergassen, und dahinter sah man bis zum Horizont nur Zelte. Abu Anas machte bei einem Laden halt, um Brot und Fleisch zu kaufen. Er erzählte mir, dass er eine Frau und fünf Kinder habe, denen er Essen mitbringen müsse, da er schon eine Woche nicht mehr daheim gewesen sei.
    Eine Woche. Wenn man die Reisezeit davon abzog, konnte er mich nur einige wenige Tage in Raiwind beobachtet haben. Ich erinnerte mich plötzlich an den Mann, dem ich im Flugzeug in Istanbul begegnet war, der Mann, der mich zu den Tabligh geschickt hatte. Ursprünglich hatte ich ihn für ein Mitglied dieser Sekte gehalten, das mich anwerben wollte, aber jetzt war ich mir da nicht mehr so sicher. Er hatte nicht den gleichen weißen Anzug wie die anderen, dafür aber einen afghanischen Turban getragen. Und jetzt gab es da Abu Anas, der in seinem ganzen Aussehen und Auftreten so gut zu den Tabligh in Raiwind und Peschawar passte und doch keiner von ihnen war. War es also reiner Zufall, dass er mich in Raiwind gefunden hatte? Oder hatte man ihn dorthin geschickt, um mich zu finden?
     
    Wir gingen durch einen Teil des Lagers und dann hinaus auf einen staubigen Weg. Abu Anas zeigte auf die dunklen Berge, die vor uns am Horizont aufragten. „Das ist Afghanistan“, sagte er. Dann deutete er auf einen Taleinschnitt zwischen zwei Bergen: „Das dort ist der Khyber-Pass.“
    Kurze Zeit später wies er mit der Hand auf eine Gruppe von Gebäuden, die etwas abseits des Lagers standen. Diese robusten Backsteinhäuser waren weit größer als jeder andere Bau im Flüchtlingslager. Er erzählte mir, dass dort arabische Familien lebten, meist die Familien von Männern, die im Krieg gegen die Russen den Märtyrertod gestorben waren. Einige dieser Männer lebten aber noch und würden jetzt in Afghanistan gegen die Kabuler Regierung von Burhanuddin Rabbani kämpfen.
    Als wir weitergingen, änderte sich das Terrain. Während das Lager auf einem völlig ebenen Stück Land errichtet worden war, gab es hier Hügel, und der Boden war viel steiniger. Etwa 500 Meter von der Lagergrenze entfernt standen ein paar weitere kleine Häuser. Wir hielten vor einem von ihnen an, und Abu Anas bat mich, eine Weile draußen zu warten, während er seine Familie ein Zimmer für mich vorbereiten ließe.
    Nach einigen Minuten kam er zurück und führte mich ins Haus. Er brachte mich in ein Zimmer, in dem ein Bett stand, und meinte, ich solle mich erst einmal ein paar Stunden ausruhen. Er werde mich dann zum Mittagsgebet aufwecken. In der Zwischenzeit werde er versuchen, per Funk Ibn Sheikh zu erreichen. Ich hatte diesen Namen noch nie zuvor gehört und dachte deshalb nicht weiter darüber nach. Ich schloss nur noch die Tür und legte mich ins Bett.
    Als ich zur Decke emporstarrte, musste ich plötzlich an einen Traum denken, den ich in Brüssel gehabt hatte und in dem Hakim und ich durch die Berge gewandert waren. Meine Beine waren plötzlich müde geworden, und ich wollte anhalten – ich wollte meinen Dschihad beginnen. „Nein, Bruder“, hatte er mir damals in diesem Traum gesagt. „Noch nicht. Du bist noch nicht am Ziel.“
    Als ich langsam in den Schlaf hinüberglitt, sagte ich leise zu mir selbst: „Jetzt bin ich bereit, Bruder. Jetzt bin ich bereit.“

IBN SHEIKH
    Die Sonne schien hell ins Zimmer, als Abu Anas hereinkam, um mich zu wecken. Es war Zeit für das Mittagsgebet. Als wir vor das Haus traten, schaute er mich an.
    „Wir gehen jetzt in die Moschee, um zu beten“, sagte er. „Aber du darfst mit niemandem sprechen. Nicht ein einziges Wort. Wenn du dein Gebet vollendet hast, gehe nach draußen und setze dich ganz allein irgendwohin.“
    Danach berichtete er mir, dass er mit Ibn Sheikh Kontakt aufgenommen habe. Dieser habe zugestimmt, uns an der Moschee zu treffen. Ich war wirklich begeistert. Ich hatte zwar nicht die geringste Ahnung, wer dieser Ibn Sheikh war, aber ich war mir sicher, dass er mir helfen konnte, in die Ausbildungslager zu gelangen.
    Abu Anas führte mich zu einer kleinen Moschee, wo wir unsere salat verrichteten. Außer uns waren noch etwa zehn andere Araber und zwei Schwarzafrikaner da. Keiner sprach ein Wort.

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