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Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story

Titel: Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Omar Nasiri
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zum Flughafen gefolgt war. Ich begann misstrauisch zu werden und musterte ihn deshalb genau. Er trug einen pakol, den afghanischen Hut, den ich von den Fotos kannte, die ich von Massoud gesehen hatte. Aber er trug auch einen pakistanischen salwar kameez . Er war alt, der Stoff war abgetragen und wies sogar Löcher auf. Wenn er so arm war, wie konnte er sich dann einen Flug von Lahore nach Peschawar leisten? Ich wusste weder, wer dieser Mann war, noch für wen er arbeitete. Aber ich wusste, dass es in Pakistan von Spionen und Geheimpolizisten nur so wimmelte. Ich musste äußerste Vorsicht walten lassen.
    Als ich ihm nicht antwortete, sprach er weiter.
    „Unser Flugzeug geht erst in ein paar Stunden. Lass uns in den Flughafen zurückkehren und uns ein wenig unterhalten. Dort ist es kühler, und wir bekommen auch etwas zu trinken. Außerdem ist es nicht sehr sicher, hier draußen ein Gespräch zu führen.“
    Ich nickte, und wir gingen zurück zum Terminal und setzten uns dort in ein Café. Beide bestellten wir eine Fanta. Dann zog er kommentarlos eine Zeitung aus der Tasche und legte sie vor sich auf den Tisch.
    „Weißt du, was das ist?“, fragte er.
    Als ich näher hinschaute, blieb mir fast das Herz stehen: Es war eine Ausgabe von al-Ansar. Ich nahm sie, um sie genauer zu untersuchen, und merkte sofort, dass sie echt war: Ich erkannte Tareks Stempel. Ich schaute auf das Datum und sah, dass sie erst einige Wochen alt war.
    Ich fühlte, wie mir Tränen in die Augen stiegen. Einerseits war ich natürlich begeistert, da ich sofort begriff, dass mir dieser Mann helfen konnte, in die Lager zu gelangen. Ich wusste in diesem Moment, dass ich meinem Ziel unglaublich nahe war. In kurzer Zeit würde ich in Afghanistan sein.
    Aber dieses Exemplar von al-Ansar machte mich auch sehr traurig, da es mich an meine Familie erinnerte, an Hakim, der vollkommen vom Weg abgekommen war, an Nabil, der Hakim und mich am selben Tag verloren hatte, und an meine Mutter, der man nicht nur das Haus auseinandergenommen, sondern auch ihre Familie auseinandergerissen hatte.
    „Das ist unglaublich“, sagte ich und schüttelte den Kopf. „Unglaublich. “Ich wusste, dass Abu Anas sah, dass meine Augen nass waren.
    „Bruder, du kannst dir ja gar nicht vorstellen, was das für mich bedeutet“, erklärte ich ihm. „Ich komme aus Belgien. Wir haben dort al-Ansar in meinem Haus gedruckt und in die ganze Welt verschickt. Aber dann veranstaltete die Polizei eine Razzia in unserem Haus, und alle wurden verhaftet. Nur ich konnte entkommen und deswegen bin ich hier. Ich bin hier, um mich am Dschihad zu beteiligen.“
    Abu Anas’ Augen weiteten sich einen Augenblick – ich sah, dass er beeindruckt war. Er sah mich konzentriert an und sagte dann begütigend: „Ja, Bruder, ich habe von diesen Verhaftungen gehört. La houla walla kuota illa billah.“ Es gibt keine Macht außer Gott.
    Die Emotionen in meiner Stimme und meine Tränen hatten ihn sichtlich gerührt. Er dachte wohl, dass ich wegen der Verhaftung meiner Familie aufgebracht sei. Natürlich stimmte das auch. Aber wie jeder Schauspieler weiß, beruhen die besten Vorstellungen immer auf echten Gefühlen.
    Abu Anas beugte sich zu mir herüber und sprach ganz ruhig, ohne irgendwelche Affekte zu zeigen: „Es war äußerst riskant, ohne eine Adresse oder den Namen einer Kontaktperson nach Peschawar aufzubrechen.“Er machte eine kleine Pause und schaute mir in die Augen. „Wenn du mit mir kommst, kann ich dich zu einigen unserer arabischen Brüder in Peschawar bringen. Sie werden dich ausbilden und dir dann helfen, nach Afghanistan zu gelangen.“
    Ich konnte mein Glück nicht fassen. „Allah malikoul’hamd“, rief ich aus. „Wie glücklich kann ich mich schätzen, dass Gott dich zu mir gebracht hat.“Ich gab hier keine Vorstellung. Ich war ihm wirklich dankbar, wenn auch nicht aus den Gründen, die er sich wahrscheinlich dachte.
    Er wies mich an, ab jetzt so zu tun, als ob wir uns nicht kennen würden. Im Flugzeug würden wir nicht nebeneinander sitzen. In Peschawar sollte ich direkt zum Taxistand gehen und dort auf ihn warten. Wir würden die Nacht im Tabligh-Zentrum in Peschawar verbringen und uns dann am nächsten Tag mit den Arabern treffen. Ich war einverstanden, und wir trennten uns, ohne ein weiteres Wort zu wechseln.
     
    Als das Flugzeug in Lahore abhob, schaute ich aus dem Fenster und dachte über mein Glück nach. Ich war jetzt noch nicht einmal einen ganzen Monat in Pakistan

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