Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
FIS sei tahout, da sie Wahlen durchführen wolle, sagte ich der Gruppe. Nur die GIA führe einen echten Dschihad . Der Fragesteller sagte kein Wort, und dann wechselte ein anderer einfach das Thema.
Ich wurde allmählich nervös. Ich wusste nicht, was diese Leute über mich wussten oder warum Ibn Sheikh mich zu ihnen gebracht hatte. Ihre Fragen schienen rein willkürlich und unzusammenhängend zu sein, und sie zeigten nie eine Reaktion. Ich wusste nicht mehr, woran ich war. Was auch immer ich sagte, sie behielten immer dasselbe nette Lächeln bei! Ich wollte, dass das Ganze ein Ende hatte.
„Wie heißt du, Bruder?“, fragte mich schließlich einer von ihnen.
„Omar Nasiri.“
Plötzlich herrschte totales Schweigen. Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich völlig, als ich diese beiden Wörter ausgesprochen hatte. Alle waren offensichtlich tief geschockt.
Die Zeit stand still. Es war, als ob in diesem Raum eine Bombe hochgegangen wäre. Wussten sie, wer ich war? Hatten sie meinen Namen schon einmal von jemandem aus Belgien gehört? Die Männer tauschten besorgte Blicke aus, und jeder bewegte sich nur noch wie in Zeitlupe. Ich war wie gelähmt.
Allmählich dämmerte mir, dass ich ein toter Mann war. Ich konnte ihren Gesichtern ansehen, dass alles für mich vorbei war. Sie wussten, dass ich ein Spion war, und sie wussten, dass ich hinter diesen Razzien in Brüssel steckte. Sie würden mich töten. Und doch fand ich diese Erkenntnis nach all den Wochen voller Angst irgendwie befreiend. Nun kannte ich wenigstens mein Schicksal. Ich war in Gottes Hand, und nichts konnte mein Geschick mehr ändern. Ich würde hier sterben, so wie es Gottes Wille war. Und dieses schien fast unvermeidlich zu sein, als ich plötzlich eine Hand auf meinem Rücken spürte.
„Bruder, ist das dein richtiger Name?“Die Stimme kam von rechts. Der Mann neben mir hatte mir seine linke Hand auf die Schulter gelegt.
Ich wandte mich ihm zu. „Ja, das ist mein richtiger Name.“Jetzt konnte ich nichts mehr tun. Sie waren mir auf die Schliche gekommen.
Der Mann fing wieder zu sprechen an: „Bruder, wir benutzen niemals unseren wirklichen Namen. Wenn du dem Dschihad beitrittst, musst du alles hinter dir lassen – deine Heimat, deine Familie, deine Identität. Du musst einen neuen Namen annehmen.“
Es war, als sei ein Damm gebrochen. Alle Anspannung fiel von mir ab. Deshalb waren sie so erschrocken gewesen: Ich hatte keinen Decknamen benutzt! Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass ich einen brauchte. Ich war nur Sekunden vor meiner Hinrichtung gerettet worden, und ich dankte Gott, dass er mich verschont hatte.
„Das tut mir wirklich leid“, sagte ich. „Das wusste ich nicht. Ich habe nur meinen richtigen Namen.“Die anderen lachten still in sich hinein, und der Mann zu meiner Rechten forderte mich auf, mir einen neuen auszuwählen.
Ich entschied mich für den Namen Abu Bakr. Abu Bakr war der enge Freund des Propheten Mohammed gewesen und der erste gewählte Kalif des Islam. Die anderen nickten zustimmend und begannen aufzustehen, und ich tat es ihnen nach.
Das Verhör war vorbei, und ich war noch am Leben.
CHEMIKALIEN
Nach dem Verhör bat mich einer der Männer, ihm mit allen meinen Sachen in einen anderen Raum zu folgen. Dort fragte er mich, was ich in meiner Reisetasche hätte. Ich leerte deren ganzen Inhalt auf den Boden: ein Schlafsack, etwas Straßenkleidung, eine Ray-Ban-Sonnenbrille, mein neues Schweizer Armeemesser und einige Toilettenartikel, wie etwa einen Rasierer, eine Zahnbürste und so weiter.
Zuerst hob er die Sonnenbrille auf. „Die wirst du im Lager nicht brauchen“, sagte er. „Du wirst lernen, ohne sie zu kämpfen. “
Dann sonderte er auch die meisten Kleidungsstücke aus. Nur einen Pullover und etwas Unterwäsche gestand er mir zu. Auch den Schlafsack legte er beiseite. „Du wirst dich an die Kälte in diesen Bergen gewöhnen müssen.“
Danach nahm er mein schönes Schweizer Armeemesser in die Hand und hielt es mir mit einem tadelnden Blick direkt vor die Augen.
„Du kannst doch kein christliches Kreuz dabeihaben, wenn du unter der Fahne des Propheten kämpfst.“
Schließlich hob er meinen Rasierer auf und lächelte. Mir wurde plötzlich bewusst, dass ich mich nicht mehr rasiert hatte, seit ich in Pakistan angekommen war, und deswegen bereits einen kurzen Bart hatte.
„Den brauchst du in den Lagern auf keinen Fall“, sagte er. Wir mussten beide lachen.
Danach steckte er meine übrig gebliebenen
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