Mein Leben bei al-Qaida - Nasiri, O: Mein Leben bei al-Qaida - Inside the Jihad. My Life with Al-Qaida. A Spy's Story
Ohne ein Wort zu sagen, begann er auf einen der großen Berge hinter dem Lager zuzulaufen. Wir folgten ihm. Bald waren wir am Fuße dieses Berges angelangt und fingen an, an einer leicht geneigten Seite emporzulaufen.
Zuerst tat mir die Bewegung gut. Ich fühlte, wie sich mein Körper erwärmte und die Kälte der Nacht aus ihm wich. Aber nach etwa hundert Metern fühlte ich ein Stechen in meinen Beinmuskeln. Die anderen liefen mir mehr und mehr davon, ich war bereits der Letzte der gesamten Gruppe. Nur ein anderer Mann war fast so langsam. Allerdings war er ziemlich dick und trug darüber hinaus eine kugelsichere Weste, die wohl zwanzig Kilo oder mehr wog. Niemand anderer trug eine solche Weste. Wahrscheinlich musste er sie tragen, um etwas Gewicht zu verlieren. Etwas weiter vor uns liefen zwei Saudi-Araber, die aber deutlich älter als die anderen waren. Sie mussten schon weit über vierzig sein. Mein Herz schlug so laut, dass ich es hören konnte. Mein Training fing ja nicht gerade gut an.
Nach etwa fünfzehn Minuten war der Rest der Gruppe – einschließlich des Dicken und der beiden älteren Saudis – völlig hinter einem größeren Felsen verschwunden. Als ich ein paar Minuten später dort ankam, sah ich die Gruppe einige hundert Meter weiter oben stehen. Unter Anleitung von Abu Hamam führten die Brüder dort Dehnübungen durch.
Ich war so begeistert, dass wir endlich eine Ruhepause einlegten, dass ich den Abhang so schnell hinaufsprintete, wie ich nur konnte. Allerdings war ich so weit zurück gewesen, dass ich immer noch mehrere Minuten brauchte, bis ich zu ihnen aufgeschlossen hatte. Als ich mich ihnen näherte, hörte ich Abu Hamam aus vollem Hals „Takbir!“ schreien.
Die anderen antworteten im Chor: „Takbir! Allahu Akbar! Takbir! Allahu Akbar! Takbir! Allahu Akbar! Takbir! Allahu Akbar!“
Gerade als die Echos dieser Ausrufe verhallt waren, kam ich bei der Gruppe an. Mein Herz klopfte bis zum Hals, und meine Beine schienen jeden Moment unter mir nachgeben zu wollen. Ich beugte mich nach vorne, um wieder zu Atem zu kommen. Als ich hochschaute, stand Abu Hamam direkt vor mir.
„Masha’allah, Abu Imam“, sagte er.
Ich versuchte, etwas zu antworten, aber ich war noch so außer Atem, dass ich kein Wort herausbrachte. Aber das war auch nicht weiter wichtig – er hatte sich bereits wieder umgedreht. Er begann wieder zu laufen, und alle folgten ihm.
Ich war kurz davor, zu verzweifeln. Ich wusste nicht, wie ich weitermachen sollte. Ich hatte überhaupt keine Energie mehr in mir. Am Tag zuvor hatte ich nur diesen schrecklichen Eintopf gegessen, und keiner von uns hatte heute Morgen vor Beginn unseres Trainings ein Frühstück bekommen.
Ich blieb noch ein paar kostbare Sekunden ganz ruhig stehen und rannte dann los. Auch dieses Mal fiel ich innerhalb einer Minute weit hinter die anderen zurück. Die Sonne war jetzt vollständig aufgegangen, und es wurde immer heißer. Sonne, Hitze und die körperliche Anstrengung ließen mich zunehmend schwindelig werden.
Etwa eine halbe Stunde später bog ich um eine Kurve und sah, dass die Gruppe wieder angehalten hatte. Ich betete zum Himmel, dass sie lang genug dort bleiben würden, dass ich mich auch einmal etwas ausruhen könnte. Aber als ich zu ihnen aufgeschlossen hatte, drehte sich Abu Hamam um und wollte weiterlaufen.
„Abu Hamam“, rief ich ihm nach.
Er drehte sich erneut um und schaute mich fragend an. „Abu Hamam“, keuchte ich und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. „Ich bin erst gestern angekommen. Könnten wir nicht noch ein paar Minuten hier bleiben, damit ich mich etwas erholen kann?“
Er schenkte mir ein breites Lächeln. Seine weißen Zähne bildeten einen schönen Kontrast zu seiner dunklen Haut.
„Abu Imam“, sagte er, „im Kampf darf die Gruppe nicht von einer einzigen Person aufgehalten werden.“Dabei klang seine Stimme sanft und schwungvoll.
Ich versuchte, ihn zu überzeugen. „Bevor ein Mudschahid kämpfen kann, muss er erst einmal trainieren. Ich bin gerade erst gestern hier angekommen, und jetzt scheinst du mich umbringen zu wollen, bevor ich überhaupt ein Mudschahid werden kann.“
Abu Hamam lachte ganz leise. Dann drehte er sich um und begann, den Berg hinaufzusprinten.
Abu Hamam lief weiter und weiter, und die Gruppe lief immer hinter ihm her. Keiner von ihnen schien schlappzumachen, nicht einmal der Dicke mit der Weste oder die alten Saudis. Natürlich konnten sie sich zwischendrin immer mal wieder
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