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Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest

Titel: Mein Leben, die Liebe, und der ganze Rest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dagmar Hoßfeld
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Erfahrungen sind in dieser Hinsicht leider ziemlich dürftig – wenn ich mal von den Übernachtungspartys absehe, die Anna, Billi, Dina und ich früher regelmäßig veranstaltet haben. Aber die zählen nicht. Schließlich wird das heute Abend keine Babyveranstaltung, sondern unsere erste richtige Party ohne Erwachsene. Keine Eltern, keine Lehrer, kein ätzendes Generve … Wow, Leute! Das fühlt sich gut an!
    Meine Eltern sitzen leicht zerknittert am Frühstückstisch und sehen aus, als hätten sie genauso wenig geschlafen wie ich. Vermutlich stimmt das sogar. Sie waren gestern auf einem Elternabend und anschließend essen.
    Jakobs Klassenelternvertreterin ist eine von diesen wichtigen, überengagierten Müttern, die aus jedem Elternabend eine Mitternachtsveranstaltung machen. Ich frage mich echt, worüber man so lange labern kann. Kein Wunder, dass meine Eltern hinterher Hunger hatten.
    Aber wenigstens lenkt ihre Müdigkeit sie von meiner bevorstehenden Abendveranstaltung ab. Sie schauen kaum von der Zeitung auf, die sie sich jeden Morgen teilen, als Jakob und ich uns hinsetzen und verschlafen unsere Toasts mümmeln.
    „Ich weiß noch nicht, wann ich morgen wieder da bin“, sage ich, als ich fertig bin und aufstehe. „Wahrscheinlich erst gegen Nachmittag. Wir wollen Phillip noch beim Aufräumen helfen.“
    „Fährt Annas Mutter euch?“ Meine Mutter lässt ihre Zeitungshälfte sinken.
    Als wäre das eine Art stummes Signal zwischen den beiden, folgt mein Vater ihrem Beispiel. Zwei Elternaugenpaare mustern mich über den Rand der aktuellen Schlagzeilen hinweg. Neugierig, interessiert und ein kleines bisschen argwöhnisch, wie mir scheint. Oder bilde ich mir das ein?
    „Ja, äh, nö … “ Mist. Was sag ich denn jetzt? Natürlich fährt Annas Mutter uns nicht, weil wir gar nicht gefahren werden müssen. Aber falls es meine Eltern beruhigt …
    „Ähm, doch, klar“, lüge ich, ohne rot zu werden. „Sie bringt uns heute Abend hin und holt uns gegen Mitternacht wieder ab. Morgen zum Aufräumen fahren wir dann mit den Rädern.“
    Puh. Klang das einigermaßen glaubhaft? Anscheinend ja. Meine Eltern verschwinden jedenfalls wieder hinter ihrer Morgenlektüre.
    „Ruft an, falls Annas Mutter was dazwischenkommt“, murmelt mein Vater noch. „Dann fahren wir euch.“
    „Ja, klar. Machen wir.“ Ich bin schon im Flur.
    „Viel Spaß und schöne Grüße an Annas Mutter und Herrn Graf.“ Meine Mutter ist mir gefolgt und streicht mir über den Kopf.
    „Richte ich aus“, sage ich und gebe ihr ein Küsschen. „Danke.“
    „Tschüs, Conni.“
    „Ciao, Mama!“
    Als ich auf meinem Rad sitze, habe ich einen winzigen Anflug von schlechtem Gewissen, weil ich meine Eltern belüge. Ich soll Annas Mutter und Herrn Graf grüßen. Tja, damit hat sich die Grüßerei quasi von selbst erledigt, denn weder die eine noch den anderen werde ich heute oder morgen zu Gesicht bekommen – vorausgesetzt, alles läuft planmäßig.
    Der Anflug von schlechtem Gewissen dauert zum Glück nicht sehr lange, dann siegt das Gefühl von grenzenloser Freiheit und die Aussicht auf das wilde Abenteuer, das vor mir liegt. Man könnte es auch Verdrängung nennen, klar, aber wir wollen nicht kleinlich sein.
    Herrlich frische, unverbrauchte Morgenluft weht mir um die Nase. Am liebsten würde ich vor Glück laut jodeln, aber das verkneife ich mir. Man weiß schließlich nie, wie lange Mütter einem hinterherschauen. Ein spontaner, positiver Gefühlsausbruch meinerseits – zumal um diese Tageszeit – würde meine Mutter garantiert misstrauisch machen. Also lieber nicht jodeln. Es fällt mir schwer, mich zu beherrschen, aber ich schaffe es und warte mit dem Freudenschrei, bis ich um die nächste Ecke gebogen bin. Dann lass ich’s raus. Juchu!
    In der Nacht muss es geregnet haben. Der Asphalt glänzt noch feucht. Mein Rad rollt durch Pfützen. Als ich unter einer Baumreihe hindurchfahre, tropft es mir eiskalt in den Nacken. Aber ich lache nur darüber und bin sofort ein Stück wacher. Über mir tirilieren Vögel, als würden sie sich genau wie ich über diesen neuen Tag freuen.
    Die Morgenluft hat einen ganz speziellen Duft. Wie frisch gewaschen und weich gespült. Noch nie hat mich eine Fahrt zur Schule so glücklich gemacht. Außer vielleicht die an meinem Geburtstag, als Phillip auf mich gewartet hat.
    Phillip … Ich berühre das kleine Kettchen an meinem Hals und kann es kaum erwarten, ihn zu sehen.
    Er steht mit den anderen auf dem Schulhof und

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