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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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deine ledigen Freunde an die Frau zu bringen, damit es auf jeden Fall ein gelungenes Fest der Liebe wird und alle glücklich nach Hause gehen.» Manchmal war ich überrascht, auf welche Ideen Elissa kam. Aber alles musste ich aus alter Freundschaft ja nicht mitmachen. «Ohne mich, auch wenn du meine beste Freundin bist. Ich würde auch nicht wollen, dass Toni wild in der Gegend herumknutscht und mir nichts davon erzählt. Außerdem stehe ich nicht auf Schulkinder. Auch nicht wenn sie phantastisch kochen können. Wie kommst du überhaupt darauf, dass Oke mich toll fand?» Mir wurde aus unerfindlichen Gründen warm ums Herz.
    Elissa schälte sich aus dem Sofa. «Das spürt man doch. Mit mir unterhält er sich nicht so lange, und gefüttert hat er mich auch noch nie. Beschwer dich nicht bei mir, wenn du am Ende als Einzige ungeküsst nach Hause gehen musst. Ich leg mich jetzt hin, sonst penne ich schon lange vor dem Dessert heute Abend ein. Du auch?»
    «Ach nein. Ich lese erst noch ein wenig und gehe dann vielleicht spazieren. Außerdem habe ich Tom versprochen, später zu Hause anzurufen. Bleibt es dabei, dass wir uns im Restaurant treffen?»
    Elissa nickte. «Ja, ich fahre auf jeden Fall schon früher hin. Willst du, dass ich meinen Friseur anrufe oder dich zu einer Massage in meinem Fitnessstudio anmelde?»
    Hätte ich meine Freundin nicht so gut gekannt, hätte ich den Vorschlag vielleicht als Beleidigung aufgefasst.
    «Das ist sehr nett, aber ich lege mich lieber in die Badewanne und lasse mir Zeit beim Anziehen und Schminken. Wenn heute Abend so viele granatenmäßige Typen aufschlagen, möchte ich natürlich mithalten können. Einen Föhn hast du ja sicher?»
    «Unterste Schublade im Schrank unter dem Waschbecken», erklärte Elissa. «Wenn du sonst noch etwas brauchst, dann wühl dich einfach durch meine Sachen. Fühl dich wie zu Hause. Gute Erholung und bis nachher.» Sie gab mir einen Kuss auf den Scheitel und verschwand.
     
    Ich nahm mir eine Zeitschrift vom Tisch und versuchte, mich auf die Texte und bunten Bilder zu konzentrieren. Aber ich musste immer wieder daran denken, was Elissa gesagt hatte. Schließlich starrte ich nur noch durch die Fenster auf das bewegte Meer und hing meinen Gedanken nach.
    Hatte ich mich womöglich in meinem Leben zu bequem eingerichtet? Wann hatte ich das letzte Mal darüber nachgedacht, ob ich noch in Toni verliebt war? Wann hatte ich mir das letzte Mal Mühe gegeben, um für meinen Mann richtig toll auszusehen? Wann hatte Toni mir das letzte Mal Blumen mitgebracht oder versucht, mich mit einer ausgefalleneren Idee zu überraschen? Konnte ich mich noch an das letzte Mal erinnern, als ich seinetwegen weiche Knie bekommen hatte? Und wann hatten wir uns das letzte Mal so richtig gezofft? Sicher, ab und zu gerieten wir uns mächtig in die Haare. Wenn es darum ging, welche Schule für Hanna die richtige war, ob wir im Winter nicht mal alleine Urlaub im Süden machen sollten und wenn es sich um die sterbenslangweiligen Geburtstagsfeiern bei Tonis zahlreichen Verwandten drehte. Aber diese Streitereien konnten wir meistens schnell wieder beilegen. Ernsthafte Auseinandersetzungen hatte es zwischen uns in den vergangenen Jahren nicht gegeben. War das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen?
    Ich schob diese Gedanken weg. Und auch das lächelnde Gesicht des friesischen Kochs, das immer wieder durch meinen Kopf spukte. Natürlich war er ein netter Kerl und sah phantastisch aus, aber ich war nicht auf Abenteuersuche. Ich wollte einfach eine nette Zeit haben, war hergekommen, um mich zu amüsieren und meine Familie für ein paar Tage Familie sein zu lassen. Aber nicht, um sie komplett aus meinen Gedanken zu streichen und Dinge anzufangen, die mir später leidtun würden.
    Wenn ich heute Abend einen guten Eindruck hinterlassen wollte, war noch einiges zu tun. Ich musste mein Gesicht mit der mitgebrachten Feuchtigkeitsmaske versorgen und unbedingt meine Haare auf Heißwickler drehen. Und ich hatte noch nicht endgültig entschieden, was ich anziehen sollte. Auf keinen Fall wollte ich aussehen wie eine Mutti vom Land. Besser, ich checkte noch mal den Inhalt meiner Koffer.

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    8. Kapitel
    Okes Mitarbeiter hatten ganze Arbeit geleistet. Im Restaurant waren die meisten Tische an die Wände geschoben worden, im hinteren Teil des Raumes befand sich jetzt vor der Fensterfront zum Meer eine Tanzfläche aus Dielenbrettern, und überall lagen mit Styropor gefüllte, riesige

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