Mein Leben in 80 B
Sitzkissen, die aussahen, als könnte man auf ihnen problemlos die Nacht verbringen. Was einige Gäste zweifellos vorhatten. An der Wandseite sorgten Ethanol-Kamine, die wie brennende Baumstämme aussahen, für eine gemütliche Atmosphäre, Kerzen in hohen Leuchtern tauchten den Raum in angenehmes Licht. Von der Geschäftigkeit des gestrigen Abends war nichts mehr zu spüren. Stattdessen vorweihnachtliche Besinnlichkeit und zur Begrüßung eine entspannte Stimmung, untermalt von der Lounge-Musik des DJ s, der am Ende des Saals seine Anlage aufgebaut hatte. Ein Blick durch die Fenster zur Küche auf das Gewusel von weißen Kochjacken zwischen Edelstahlschränken und langen Kochfeldern ließ mich erahnen, dass heute Schwerstarbeit geleistet werden würde.
Ich hatte es mir mit einem Glas Champagner auf einem der Sitzsäcke gemütlich gemacht, obwohl das Hinsetzen und Aufstehen aus diesen Dingern nur auf sehr unelegante Art zu bewältigen war. Erst recht, wenn man wie ich einen engen kurzen Rock trug. Wahrscheinlich hatte ein Mann diese Dinger designt, der so hässlich war, dass er sonst nie die Chance bekommen hätte, mal unter irgendeinen Rock zu glotzen. Aber ich hatte Elissa nicht enttäuschen wollen und deshalb einen schwarzen Ledermini zu silbrig glänzenden Strümpfen und Overknee-Stiefeln angezogen und mir, in Erwartung einer gut temperierten Party-Location, das neue ärmellose Paillettentop übergestreift. Ich fühlte mich so sexy wie schon lange nicht mehr.
Elissa hatte anerkennend gelächelt und einen Daumen hochgestreckt, als ich aus dem Fahrstuhl gestiegen war. Links und rechts flankiert von bildschönen jungen Mädchen mit Tabletts voller Getränke, stand sie zusammen mit Oke als Begrüßungskomitee am Eingang des Restaurants. Als sie mich umarmte, raunte sie mir ins Ohr: «Du siehst ja hammermäßig aus, lass dich bloß nicht abschleppen.» Und grinste dann vielsagend.
Wenn mich nicht alles täuschte, hatte auch der junge Koch beim Anblick meines Outfits anerkennend die Augenbrauen hochgezogen, bevor er ein knappes «Moin» von sich gab.
Von meinem Platz aus konnte ich nicht nur meine Freundin und den Koch beobachten, sondern auch genau verfolgen, welche Gäste eintrafen. Ich fühlte mich großartig und hervorragend unterhalten. Es war toll, hier zu sitzen und sich all die besonderen Menschen anzusehen, die mit Elissa befreundet waren und heute mit ihr in den Geburtstag hineinfeiern wollten. Ein schräger Vogel hatte sich die Haare halb blau, halb knallrot gefärbt und trug einen Schottenrock mit stilechten Kniestrümpfen als Party-Outfit. Wahrscheinlich irgendein schreibender Kollege von Elissa. Ein anderer Gast hatte schwarze Locken bis auf die Schultern, dann kam ein lesbisches Pärchen Hand in Hand im Partnerlook, gefolgt von einem Typen in der Altersklasse von Oke. Manche brachten Blumen mit, andere bunt verpackte Geschenke, wieder andere eingewickelte Flaschen. Alles wanderte auf einen Extratisch, der seitlich von Elissa und Oke an einer Wand aufgestellt worden war. Heute Abend hatte man tatsächlich an alles gedacht.
Hinter mir hörte ich zwei Männer miteinander über Wein diskutieren. Einer von ihnen hatte einen charmanten österreichischen Akzent und schien sich gut auszukennen. Jedenfalls hatte ich gar nicht gewusst, dass auf Sylt Wein angebaut wurde, der im kommenden Jahr zum ersten Mal gekeltert werden sollte. Auf dem Land von Bunde Boysen in Keitum hatte man 1600 Rivaner- und Solarisrebstöcke aufgestellt. « 55 Grad Nord» sollte der gute Tropfen heißen und war schon vor der ersten Lese ein Renner. Der Nicht-Österreicher war sogar Pate eines Rebstockes, musste dafür über zehn Jahre je rund fünfhundert Euro hinlegen und bekam als Belohnung jährlich eine der geschätzten 1500 Flaschen Weißwein geschenkt.
Später unterhielt ich mich mit einem Mann, der behauptete, er würde im Fernsehen eine Talksendung moderieren. Er kannte Elissa aus ihrer Zeit in Berlin. Ich kannte weder den Mann noch die Sendung. Aber er war sehr charmant, versorgte mich ausreichend mit frischen Getränken und gab mir mit seinen Blicken das Gefühl, begehrenswert zu sein.
Als ich mir später etwas zu essen holte, sprach mich der große Typ mit den schulterlangen schwarzen Haaren an. Er erklärte seine trainierte Figur mit seinem Lauftraining und zeigte mir sofort auf dem Handy seinen Blog zum Thema. Ging mir am Popo vorbei, da ich in etwa so sportlich war wie ein Hund in Trainingshose. Wie man stupide
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