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Mein Leben in 80 B

Mein Leben in 80 B

Titel: Mein Leben in 80 B Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Goerz
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vor sich hinrennen konnte, nur um wieder nach Hause zu kommen, war mir schon immer ein Rätsel gewesen. Anfangs war ich Toni zuliebe noch manchen Kilometer mitgelaufen. Aber das Einzige, das mir wirklich gefallen hatte, waren die Massagen, die ich hinterher zur Belohnung von ihm bekommen hatte. Inzwischen bestand mein Sport aus vereinzelten Fußballmatches mit Tom in unserem Garten und kleinen Ausflügen auf dem Fahrrad zum Supermarkt. Jedenfalls im Sommer. Immerhin nahm ich mir vor, Toni von dem Blog zu erzählen. Wahrscheinlich konnte er sich für seine jährlichen Marathonläufe noch den einen oder anderen Tipp holen.
    Das Essen war heute Abend genauso köstlich, wie ich es in Erinnerung hatte. Dieser Koch war der Wahnsinn. Der traute sich an Gewürz- und Zutatenkombinationen, auf die ich im Traum nicht gekommen wäre. Und so etwas versteckte sich hier an der Nordsee! Immer wieder schlich ich an den Tischen entlang und nahm mir hier ein Häppchen und dort ein Schälchen, bis ich das Gefühl hatte, gleich zu platzen. Von Elissa hatte ich bisher eher wenig gesehen. Das Empfangskomitee hatte sich längst vom Eingang wegbewegt. Oke war in der Küche verschwunden, die Mädchen mit den Getränken in der Menge und meine Freundin vermutlich irgendwo zwischen den tanzenden, essenden und quatschenden Menschen.
    Auf einmal stand der Traum mit dem Koch-Kopftuch neben mir. «Na?!»
    Wie ertappt zuckte ich zusammen. «Oh. Hallo, Oke. Fertig mit der Arbeit?»
    Er schüttelte den Kopf. «Noch nich ganz.»
    Meine Herren, das konnte ja ein abendfüllendes Gespräch werden, wenn das so weiterging. Oke bestätigte alle Vorurteile, die mir hinsichtlich der Geschwätzigkeit von Nordfriesen in den Sinn kamen. Aber diese knallblauen Augen machten es mir auch nicht gerade leicht, ins Gespräch zu finden. Also standen wir da und sahen uns an, bis es beinahe peinlich wurde.
    «Willst du mal gucken?»
    Oke konnte also auch Sätze mit vier Wörtern.
    «Will ich
was
gucken?»
    «Die Küche? Also, die Werkstatt sozusagen …?» Er deutete auf das angebissene Törtchen in meiner Hand.
    Ach so. «Ja, gerne. In so einer großen Küche, also so einer Fachküche, so einer Küche von einem Hotel, war ich ja noch nie.» Was redete ich denn da für einen Unsinn? Musste am Sekt liegen. Oder am Zucker. Ich spürte, wie mein Gesicht heiß wurde, und drehte mich rasch in Richtung seines Arbeitsplatzes. «Da lang, oder?»
    «Jawoll.» Gut, dass der Mann Koch geworden war. Als Talkmaster wäre seine Karriere wahrscheinlich nicht so glänzend verlaufen.
    Oke drehte sich um und ging mir voran. Unter der knapp hüftlangen Kochjacke trug er eine knallenge weiße Jeans und weiße knöchelhohe Turnschuhe. Das Kopftuch war heute glänzend schwarz mit kleinen aufgedruckten, sich kreuzenden Säbeln. Wie ich so hinter ihm ging, hatte ich einen Spitzenplatz mit Po-Aussicht. Hätte es mich interessiert, dann hätte ich gesehen, dass der Hintern von Oke rund und knackig war und durchaus zum Anfassen einlud. Himmel!! Ich musste betrunken sein. Was waren denn das für Gedanken?
    Oke sah sich nach mir um. «Wieso heißt du eigentlich Ilse? So alt bist du doch gar nicht.»
    «Na, herzlichen Dank! Sehr charmant.»
    Sofort lief Oke leicht rot an. «Nee, so meinte ich das nicht. Also nicht, dass ich dich alt finde, ich kenne nur sonst keine Ilse. Oder doch. Die Tante meiner Mutter hieß so, aber die ist schon seit etwa zehn Jahren tot.» Irgendwie süß, wie er versuchte, aus dem Fettnäpfchen wieder herauszukommen, und dabei gleich das nächste ansteuerte.
    «Ich hab den Namen ja auch von einer Tante, in der stillen Hoffnung, dass das Erbe dann etwas üppiger ausfallen würde.»
    «Und?»
    «Ist nichts draus geworden. Ich habe gar nichts bekommen, meine Mutter ein total hässliches Service und meine Cousine Chantal aus Cottbus das große Los mit dem vielen Geld und dem Mietshaus.»
    Oke lachte. «Immerhin hast du ihren Vornamen. Das ist doch schon was: Ilse Bilse, keiner will se …»
    «… kam der Koch, nahm se doch», ergänzte ich und hätte mir am liebsten im selben Moment auf die Lippe gebissen.
    Oke wurde schon wieder rot. Niedlich. Wobei «niedlich» eigentlich nicht das war, was ich ihm auf die Stirn tätowiert hätte. Wäre Oke mir auf der Straße begegnet, hätte ich getippt, er wäre Personal Trainer oder Skilehrer, vielleicht auch Schauspieler. Im Arztkittel in irgendeiner Serie mit traumhaft schönen Lernschwestern, die ihm verfallen sind. Ich zwang mich zur

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