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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bud Spencer
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auch die Route, die er fahren sollte: insgesamt 1.700 Kilometer. Die ersten 500 Kilometer verliefen recht ereignislos, doch auf einmal ... passierte etwas Schreckliches! in der Nähe einer Stadt rauchte ein Eingeborener wie aus dem Nichts auf und geriet unter das Auto. Das Opfer war betrunken. Der junge Mann erschrak sehr, hielt aber an, um erste Hilfe zu leisten, hievte den Verletzten auf den Beifahrersitz und fuhr mit ihm in die Stadt, in der Hoffnung, ein Krankenhaus zu finden.
    Auf einmal tauchte ein Polizist auf. Der Ingenieur fasste neuen Mut und erklärte ihm - mit Händen und Füßen - , was passiere war; der Polizist nickte zustimmend, stieg dazu und lotste den Wagen in eine Richtung außerhalb der Stadt. Gut, dachte der naive junge Mann, dort wird es also zum Krankenhaus gehen. Stattdessen einreichten sie eine unbewohnte Gegend, der Polizist ließ ihn das Auto anhalten und fragte, ob er Geld habe. Der Italiener nickte verdutzt und der Polizist ließ sich von ihm 100 Bolivar (die venezolanische Währung) geben, packte daraufhin den Verletzten, legte ihn auf die Erde, schloss die Autotür, aber stieg nicht etwa wieder ein, sondern verabschiedete sich vom Ingenieur: »Hasta luego!«
        Der entgeisterte Ingenieur fuhr mit dem Auto davon.
        Der Polizist kehrte zu Fuß zurück.
        Der Verletzte blieb reglos am Boden liegen.
     
    *
     
    Das. war noch nicht einmal eine der übelsten Begebenheiten, die sich dort zutrugen. Manchmal konnte man Menschen sehen, die nach einer Messerstecherei in einer Hafenkaschemme ihre Eingeweide in den Händen trugen. Eigentümlicherweise aber sah ich nie Unfälle, die durch wilde Tiere verursacht wurden, obwohl wir im Dschungel waren. Erst viele Jahre später sollte ich mal auf einem Filmset in Miami Probleme mit einer Klapperschlange bekommen, aber im Amazonas-Regenwald ergriffen Reptilien, Pumas, Spinnen und andere Exemplare sofort die Flucht, sobald sie den Lärm der Raupenfahrzeuge und das Krachen der gefällten Bäume hörten. Bevor wir schlafen gingen, hoben wir immer die Bettlaken an, um sicherzugehen, dass sich dort keine Schlangen oder anderes Getier eingenistet hatten, die vom Essensgeruch angezogen worden waren. Aber ehrlich gesagt, war die einzige Spezies, die man wirklich zu fürchten hatte, die der Mücken. Es gab riesige und stechwütige »Kampfmücken«, mit denen man sich jeden Abend rumzuschlagen harte und die ihr Leben meist von wütenden Kissenhieben plattgedrückt an der Wand beendeten.
    Eine weitere Spezies, vor der man sich in Acht nehmen musste, waren die Asphalt-Diebe. Immer wieder verschwanden einige Lastwägen samt Ladung, und das passierte auch, als mir die Verantwortung für den Maschinenpark zur Asphaltierung übertragen worden war. Ich war zuständig für fast hundert Lastwagen und etwa dreißig Raupenfahrzeuge. Wir legten Asphaltstraßen durch den Dschungel und der heiße Asphalt musste binnen kurzer Zeit vor Ort sein, da er sonst hart wurde und sich nicht mehr glatt streichen ließ. Jedoch kam es vor, dass zwischen der Fabrik und der Baustelle immer wieder Fahrzeuge abhandenkamen. Bald kam ich dahinter, dass ein einheimischer Lastwagenfahrer den Wagen in seinem eigenen Dorf entlud, um die schlammigen Bereiche zu asphaltieren, wo er mit seiner Familie lebte. Es waren auch einige Abwasserrohre aus Stahlbeton geklaut worden, in denen dort ein paar Kinder schliefen.
    Ich wusste nicht recht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte. Was sollte ich tun? Ihn anzeigen? Ihn verhaften lassen? Außerdem hatte ich es ja nicht mit professionellen Kriminellen zu tun, sondern nur mit einem armen Schlucker, der versuchte, in dieser Wildnis zu überleben, in der die hygienischen Verhältnisse katastrophal waren. Trotz allem konnte ich aber auch nicht so tun, als wäre nichts passiert: Denn es ging um meinen Arbeitsplatz. Also war ich gezwungen, einen Ausweg zu finden. Nachdem ich den Dieb enttarnt hatte, nahm ich ihn beiseite und verpasste ihm eine schöne Tracht Prügel, bis er zu Boden ging. Anschließend zeigte ich ihn nicht an und feuerte ihn auch nicht, sondern kümmerte mich darum, dass genug Asphalt in seinem Dorf ankam, damit die Asphaltierung abgeschlossen werden konnte.
    So gewann ich Respekt, aber ich muss gestehen, dass es mir ziemlich widerstrebte, Gewalt anwenden zu müssen, um diesen Mann zur Raison zu bringen; jemanden, der anders als wir so abstrakte Begriffe wie »Privateigentum« oder »Diebstahl« überhaupt nicht verstand. In

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