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Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie

Titel: Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bud Spencer
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dieser Umgebung, in der es keine Politik gab, konnte man sich nur auf sich selbst verlassen, nach seinen eigenen Möglichkeiten leben und sich das nehmen, was man zum Leben brauchte.
    Ich verdiente etwa 3000 Dollar im Monat, wovon ich meine Schulden abbezahlte. Mein Einkommen sank etwas, als ich der Verantwortliche für Ersatzteile wurde, aber insgesamt blieb meine Arbeit sehr einträglich. Vor allem lernte ich endlich das wahre Leben kennen und lebte nicht mehr »Wie in Watte gepackt«. Außerdem verstand ich endlich, aus welchem Holz ich geschnitzt war. Wahrscheinlich war mir selbst nicht klar, dass ich über gute Abwehrkräfte und eine gehörige Portion Zähigkeit verfügte, die dafür sorgten, dass ich auch in den hoffnungslosesten Situationen stets immer wieder auf die Füße fiel.
    Ich will hier keineswegs ein Loblied auf den »Edlen Wilden« anstimmen, und mir ist völlig klar, dass - ganz egal, wie ich es formuliere - das jetzt phrasenhaft klingen wird, aber dort unten sah ich, was man wirklich zum Leben braucht: kein Fernsehen, kein Auto, kein Aperitif mit Olive drin und kein modisches Outfits. All diese Sachen verlieren nach drei Jahren im Amazonas-Gebiet derart ihre Bedeutung, dass man sich fragt, wie man eigentlich jemals geglaubt haben könne, dass man sie brauche. Fernab der Zivilisation kommt es in erster Linie darauf an, sich die Nahrung zu besorgen, die man zum täglichen Überleben braucht. Möglicherweise klingt diese Feststellung selbstverständlich und banal; und doch vergessen wir im wohlhabenden Westen oft, wie zutreffend sie ist.
    In der Sierra Nevada gab es einst Menschen, die auf Berggipfeln in 2000 Metern Höhe lebten. Ihre tägliche Beschäftigung bestand darin, etwa zehn Stunden am Tag auf dem Rücken von Lasttieren bis zum Tal zu reiten, um die Nahrung für den Folgetag zu besorgen. Nicht für eine Woche, sondern nur für den nächsten Tag. So verbrachten sie ihr Leben. Das waren Menschen, die fünf oder sechs Wörter kannten, eine Frau und Kinder hatten und seit Jahrzehnten beziehungsweise Jahrrausenden mir diesem sehr beschränkten Horizont lebten. Wenn man sich nicht den Rücken derart krumm schuften muss und so viel verdient, dass man Essen für einen ganzen Monat auf Vorrat kaufen kann, hat man eindeutig mehr vom eigenen Leben.
    Genau diese Erkenntnis haben die Venezolaner gewonnen, als sie merkten, dass sie mit dem Asphaltieren von Straßen besser und mehr verdienen können als mir ihrer althergebrachten Lebensart. Und zwangsläufig wurde ihnen klar, dass sie nach mehr streben können.

 
    1960:
    ALLE STRASSEN
    FÜHREN ZURÜCK
    NACH ROM
     
     
    »Der Mensch hat von Natur aus mehr Angst
    vor der Warheit als vor dem Tod.«
    SOREN KIERKEGAARD
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    »Ist es verrückt, logisch zu sein,
    oder ist es logisch, verrückt zu sein?«
    BUD SPENCER

6. Kapitel
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    Die Verlobung  
      
    Drei Jahre später kehrte ich nach Rom zurück. Es war das Jahr 1960. Es mögen schon drei Monate, manchmal drei Tage oder auch nur drei Minuten reichen, um zu verstehen, wer man wirklich ist. Ich brauchte drei Jahre, um zu erkennen, dass ich auch weit weg von allen Annehmlichkeiten allein zurechtkommen konnte. Damit war meine introspektive Reise, mein »innerer Tourismus«, aber beileibe nicht beendet.
    Ich begann, mich wieder mit Maria zu treffen, dem Mädchen aus Rom, das ich auf einer Party von gemeinsamen Freunden vor meiner Abreise kennengelernt hatte und das später meine Frau werden sollte. Während ich weg war, pflegten wir eine Brieffreundschaft (in Wahrheit von meiner Seite her mit weniger Nachdruck). »Denke daran, dass ich immer hier für dich bin«, schrieb sie mir in den Briefen, auf die ich, da ich solche Nettigkeiten nicht gewohnt war, grundsätzlich erst sehr spät und mit weniger Inbrunst antwortete.
    Als ich in meinem Urlaub zurück nach Italien kam, versäumte ich es jedoch nicht, sie oft zu treffen, und ganz langsam und mit mehr Überzeugung von ihrer als von meiner Seite entstand unsere Beziehung. Einmal verheiratet, entdeckten wir im täglichen Zusammenleben natürlich die gegenseitigen Schwächen. Es gibt eine neapolitanische Redensart, die besagt: »O' re è 'nu stronzo pe' o maggiordomo suo!«, also etwa: »Der König ist für seinen Leibdiener bloß ein Hanswurst!«, denn der Diener ist es, der ihn ankleidet und der ihn ohne Maskerade und Firlefanz sieht. Und so musste Maria lernen, all die Fehler des ehemaligen Sportchampions Carlo Pedersoli zu ertragen, die dieser nach

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