Mein Leben, meine Filme - Die Autobiografie
mit einem Schwarzen in dieses edle Restaurant zu gehen und darauf zu bestehen, dass er dort ebenfalls bedient würde, barg politischen Sprengstoff: Die Nachricht verbreitete sich im Nu und eine Gruppe von Schwarzen, die mein Verhalten als Vorbild für Courage und Solidarität sahen, versammelten sich auf der Straße, um gegen die Diskriminierung zu demonstrieren. Ich wurde daraufhin Zeuge der folgenden aufwühlenden Szene: Es fuhren Lastwagen vor, aus denen Dobermänner herausgelassen wurden, die speziell darauf abgerichtet worden waren, Schwarze anzugreifen. Weiße beachteten sie überhaupt nicht. Sie streckten den Menschen ihre furchterregenden Mäuler entgegen und knurrten und kläfften sie an.
Es waren gesellschaftliche Verhältnisse, die eine weiße und reiche Minderheit aus Angst einer riesigen und armen schwarzen Mehrheit aufzwangen. Das Paradoxe war, dass damals ein Schwarzen, wenn er Milliardär war und einen amerikanischen Pass hatte, dort von allen hofiert wurde. Es waren die Jahre, als der spätere Präsident des Landes Nelson Mandela, ein politischer Aktivist mit »adeligem« Stammeshintergrund und offener Feind des Regimes von Pretoria, zu lebenslanger Haft verurteilt im Gefängnis saß. Erst 1990 sollte der Richterspruch aufgehoben werden.
Aber Diskriminierung gab es nicht nur dort. Im Argentinien Peróns hatte ich viel Jahre zuvor festgestellt, dass man keine Schwarzen auf der Straße sah; höchstens ein paar Mestizen. Ich weiß noch, dass die lokalen Autoritäten sogar Louis Armstrong verboten, dort ein Konzert zu geben.
Gold!
Südafrika war ein neuralgisches Gebiet, nicht zuletzt wegen seiner Bodenschätze. Ich hatte die Gelegenheit, Driefontein, eine der wichtigsten Goldminen der Welt, zu besichtigen. Tief unter der Erde arbeitete dort ein Heer von Schwarzen. Ich kam, wie die Arbeiter sowohl vor ihrem Abstieg unter Tage wie auch nach ihrer Rückkehr an die Oberfläche gymnastische Übungen machten, um sich aufzuwärmen. Wir kamen in eine Grotte, in der es dunkle Wände gab, die von langen leuchtenden Streifen durchzogen wurden. »Meine Güte, wie viel Gold!«, rief ich.
»Der helle Streifen ist kein Gold«, belehrte mich der Fremdenführer, »sondern Schwefelkies, wertloses Zeug. Das Gold ist die schwarze Fläche zwischen den hellen Streifen.«
Ich war verblüfft. Da ich an das gewöhnt war, was man in Filmen sieht, hatte ich keine Ahnung von der Realität: In Driefontein wird das dunkle, rohe Gold geschürft, in große zylindrische Behälter gefüllt, die in Aufzügen, die etwa fünfzig Meter in die Höhe gehen und ein paar Meter breit sind, nach oben befördert werden. Dann wird es gewaschen, um den Schwefelkies und den Schlamm von dem Edelmetall abzulösen. Der Fremdenführer machte mit uns ein Spielchen, das er offensichtlich mir allen Besuchern spielte: Er zeigte uns das Golddepot und versprach uns eine der kleinen Pyramiden, falls wir es schaffen sollten, diese an der Spitze zu fassen und anzuheben. Es versteht sich von selbst, dass wegen des Gewichts und der Dichte der Pyramide das niemandem gelang. Selbst wenn man sie am Boden gefasst hätte, wäre es nicht leicht gewesen, sie anzuheben. Das Gold wurde in einer Kammer aufbewahrt, die mit Sicherheitssystemen versehen war, welche verhinderten, dass jemand auch nur ein Körnchen mitnehmen konnte. Sie hatten sogar Röntgengeräte, um eventuelle Diebstähle der Arbeiter durch Hinunterschlucken aufzudecken. Diese »Minenfestung« liegt inmitten einer Wüste. Ich machte mir einen Spaß daraus, bei unserem Führer Zweifel zu säen, indem ich ihm sagte, dass die Sicherheitsmaßnahmen durchaus überwindbar seien: Unter dem Vorwand, einen Film zu drehen, könnte man dort mehrere Fahrzeuge für einige Wochen abstellen, und wenn man unter diesen in die Tiefe gräbt, könnte man bis zur Goldkammer gelangen. Der Fremdenführer gab zu, dass dies rein theoretisch möglich sei. Aber nach einem solchen »großen Coup« müsste man das schwere Diebesgut ja noch davonschaffen, und dazu bräuchte man mehrere Helikopter, die sehr laut und alles andere als unsichtbar wären.
Der Reiz des Goldes trübte mir aber keineswegs das Bewusstsein, dass ich mich in einem rassistischen Land befand. Zum Glück hat sich die Situation dort mittlerweile geändert: Vor wenigen Jahren kam Bodo mich besuchen. Aus dem kleinen Jungen aus Plattfuß in Afrika war ein bekannter Anwalt geworden – und das war ein »Finale«, das mich tief bewegte, und es war viel
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