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Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Mein Leben mit Wagner (German Edition)

Titel: Mein Leben mit Wagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Thielemann
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frappierend.) Das Gleiche gilt für den Marktwert: Mit Wagners «Liebesverbot» kriegt man ein Haus nur voll, wenn man es von oben bis unten erstklassig besetzt. Eine Garantie allerdings, dass dem Stück daraufhin ein fester Platz im Repertoire gehört, gibt es auch dann nicht.
    Interessant sind beim jungen Wagner die Übergänge: 1840/41, mit dem «Fliegenden Holländer», wusste er mit einem Mal, was die Oper braucht – einen guten Plot, zugkräftige Arien, effektvolle Chorauftritte, eine packende Dramaturgie. Im «Rienzi» hatte er das alles noch nicht gewusst, da ging es ihm ums Gigantische, ums Häkeln einer Riesenschlange. Er hatte versucht, sich der Mode der Zeit anzudienen und die formalen Bedingungen der französischen Oper zu erfüllen: Der Erfolg blieb überschaubar. Prompt machte er beim «Holländer» so ziemlich alles anders. «Rienzi» dauert an die sieben Stunden, der «Holländer» zweieinhalb; «Rienzi» mäandert von einem Großtableau zum nächsten, der «Holländer» setzt Höhepunkte. Und dann ist da noch die Instrumentation: «Rienzi», das «Liebesverbot», die «Faust»-Ouvertüre, das alles ist extrem laut, der frühe Wagner lässt es gerne krachen. Für unsere Ohren mag selbst der «Holländer» noch laut sein, vor allem in der sogenannten Urfassung – im Vergleich zum Frühwerk aber schraubt er sich auf ein ganz anderes dynamisches Niveau herunter. Doch ich will hier nicht vorgreifen, sondern von vorne beginnen.
    1
«Die Feen»
oder ein erster Blick
in Wagners Botanisiertrommel
    Entstehung
    Paradoxerweise wird Wagners erste vollendete Oper postum uraufgeführt – mehr als 50 Jahre nach ihrer Niederschrift, am 29. Juni 1888 am Münchner Hoftheater (in der Einstudierung des jungen Richard Strauss und mit dem Bayreuth-Dirigenten Franz Fischer am Pult). Zu diesem Zeitpunkt ist Wagner seit fünf Jahren tot. Entstanden waren die «Feen» 1833, kaum dass Wagner als Chordirektor von Leipzig nach Würzburg übersiedelt war. 1834/35 bemühte er sich noch mit allen Mitteln um eine Uraufführung des Erstlings in Leipzig. Als dies nicht gelingt, scheint er das Werk zu vergessen. Weihnachten 1865 schenkt er die Partitur Ludwig II. (zusammen mit den Originalen des «Liebesverbots», des «Rienzi», des «Rheingolds» und der «Walküre»), 1939 wandern diese Schätze in Adolf Hitlers Besitz; wie schon erwähnt, gelten sie seit 1945 allesamt als verschollen. Heute werden «Die Feen» nur selten gespielt, meist konzertant.
    Besetzung
    Die Hauptrollen gehören der Fee Ada (Sopran) und Arindal, dem König von Tramont (Tenor). Das Orchester zeigt mit Piccolo-Flöte und zweifachen Holzbläsern (je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotte), mit vier Hörnern, zwei Trompeten, drei Posaunen, Trommel und Harfe keine großen Auffälligkeiten. Als Bühnenmusik gesellen sich, vergleichsweise üppig, zwei weitere Flöten und Klarinetten sowie eine Trompete und drei Posaunen hinzu.
    Handlung
    Wagners selbstverfasstes Libretto geht zurück auf Carlo Gozzis Drama «La donna serpente» («Die Frau als Schlange») – und liest sich ein bisschen wie der Kaffeesatz mythisch-klassisch-romantischer Opernstoffe schlechthin: Der Menschenkönig Arindal, der sich auf der Jagd unsterblich in die Fee Ada verliebt, muss mehrere Prüfungen absolvieren, um sich ihrer als würdig zu erweisen. Dazu gehören das Verbot, sie acht Jahre lang nicht nach ihrem Namen zu fragen, und die Auflage, sie niemals zu verfluchen. Arindal scheitert und verfällt dem Wahnsinn, auch Ada muss büßen und wird für 100 Jahre zu Stein. Mit Hilfe von Zauberwaffen und einer Zauberleier aber erkämpft Arindal sich Ada zurück, entsagt seinen Kindern, der Krone und überhaupt der irdischen Welt und zieht unter dem Jubel der Unsterblichen ins Feenreich ein.
    Musik
    In der Botanisiertrommel des jungen Komponisten finden sich: Anleihen von Glucks «Orpheus» und Mozarts «Zauberflöte», von den Feen und Zauberhörnern aus Webers «Oberon» und vom populären Gruselfaktor des «Freischütz». Das klingt teilweise hoch inspiriert, teilweise einfach nur gut geklaut. Ihren ungelenken und weitschweifigen Charakter kann die Partitur trotzdem nicht verleugnen.
    Aufnahmen
    Neben diversen eher zweitklassigen Mitschnitten lässt sich ernsthaft nur die Ersteinspielung des Werks unter Wolfgang Sawallisch mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks von 1984 empfehlen (Orfeo). Cheryl Studer singt Ada, John Alexander ist Arindal.
    2
Jugendsünde und

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