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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Zusammenhang gerissen und falsch verstanden worden. Aber wenn man den Schlüssel nicht kennt, mit dem man ihn dechiffrieren kann, wird man nie verstehen, was man da liest. Andere dagegen wollen ihn gar nicht verstehen; sie benutzen seinen Namen oder sein Image, um die Unwissenden zu beeinflussen und ihnen Angst zu machen, wie es die Staatsanwaltschaft während meines Prozesses getan hat.
    Unsere finanzielle Lage verschlechterte sich in gleichmäßigen Spiralen, und die Anspannung nahm immer weiter zu. Wir fingen an, unsere Lebensmittel selbst anzubauen, was in der Hitze eine Schinderei war. Wir hatten keine Bewässerungsanlage, ja, nicht einmal einen Schlauch mit fließendem Wasser; also mussten wir unseren » Garten « eimerweise begießen. Alles wurde von Hand erledigt. An manchen Tagen ging man mit der Hacke durch die Reihen der Gurken oder Kartoffeln und brach die trockene, rissige Erde auf, und an anderen riss man gebückt und mit bloßen Händen das Unkraut zwischen den Pflanzen heraus. Das war eine besonders gefährliche Arbeit, denn man musste andauernd auf der Hut vor Giftschlangen, Hummeln und Wespen sein, und wenn man sich von der Monotonie dieser Tätigkeit einlullen ließ, erlebte man oft eine unangenehme Überraschung. Nach all der harten Arbeit war nur die Hälfte dessen, was wir anbauten, essbar. Insekten und kleine Tiere holten sich ihren Teil, und anderes verfaulte, ohne dass wir es verhindern konnten.
    Das Einzige, was wir nicht zu tun brauchten, war Spritzen. Unser Haus stand mitten auf dem Feld, über dem das Sprühflugzeug hin und her flog, und jedes Mal, wenn es über uns hinwegzog, verpasste es uns eine gesunde Dosis Gift. Wer nicht auf der Stelle in Deckung rannte, wenn man es kommen hörte, wurde eingesprüht wie alles andere. In dieser Zeit habe ich genug Pestizide eingeatmet, um ein kleines Land außer Gefecht zu setzen. Und welchen Rat gaben mir meine Mom und Jack? » Schau nicht zum Flugzeug hinauf und versuche, nicht tief zu atmen, bis es ein kleines Stück weit weg ist. « Ich bekam Allergien, die so schlimm waren, dass meine Mutter anfangen musste, mir zu Hause Spritzen zu geben. Aber sie war keine gute Krankenschwester und hantierte mit der Nadel auf eine sehr unangenehme Weise.
    Man musste dafür sorgen, dass man seinen Garten gegen Ende des Sommers abgeerntet hatte, denn sonst bestand die Gefahr, dass Feuer alles zerstörte. Jedes Jahr nach der großen Ernte fuhren die Farmer über die Felder in der Umgebung unseres Hauses und setzten sie mit Geräten, die aussahen wie Flammenwerfer, in Brand. Das taten sie, damit die verbrannte und übrig gebliebene Vegetation den Boden für das nächste Jahr düngte. Ich weiß nicht, warum das Haus nie abbrannte, denn die Flammen kamen immer bis auf wenige Schritte heran, und wenn der Wind drehte, erstickte man fast an dem dicken schwarzen Rauch.
    Einmal wäre das Haus beinahe doch niedergebrannt, denn über dem Holzofen stand plötzlich die Decke in Flammen. Die Feuerwehr musste kommen und das ganze Haus unter Wasser setzen. Leider kam sie rechtzeitig, um alles zu löschen. Während ich zuschaute, betete ich verzweifelt zum Himmel, die Hütte möge abbrennen, damit ich sie nie wiedersehen müsste. Aber sie überstand den Brand und war kaum beschädigt.
    Jack war von Beruf Dachdecker, und er fing an, kleine Nebenjobs zu übernehmen und Privathäuser auszubessern, um ein bisschen Geld zu verdienen. Ich ging mit, um diese Arbeit zu erlernen, aber ich war erst ungefähr dreizehn, und darum musste ich hauptsächlich aufräumen, wenn er fertig war. Dafür gab er mir ein paar Dollar.
    Vielleicht habe ich bisher ein komplett unsympathisches Porträt von Jack gezeichnet. Aber ein absolutes Monster war er ebenso wenig wie irgendein anderer Mensch. Er war ein Mensch mit guten und mit schlechten Seiten. Ich glaube, auf seine Art lag ihm etwas an meiner Schwester und mir. Er konnte großzügig sein. Er hielt an und half jedem auf dem Highway, der eine Autopanne hatte, und immer nahm er Anhalter mit. Und er war toleranter gegen meine Art, mir Ausdruck zu geben, als jeder andere Vater es gewesen wäre. Ich durfte mich kleiden, wie ich wollte, und die Musik hören, die mir gefiel. Er hatte zum Beispiel kein Problem damit, dass ich Ohrringe trug, und ich habe mehr als einmal gehört, wie er meiner Mutter sagte: » Er versucht nur, sich zu finden. «
    Auch meine Mutter hatte einen komplizierteren Charakter, als man annehmen könnte. Sie sorgte immer dafür, dass

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