Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
füllte sich mit allen möglichen Dingen, an die ich mich kaum erinnere, mit Zitaten, kurzen Informationen, Zeilen aus meinen Lieblingsstorys und » Gedichten « , die ich geschrieben hatte und die ich nur augenzwinkernd so bezeichnen kann. Wenn ich heute höre oder lese, dass jemand daraus zitiert, möchte ich am liebsten unter den Tisch kriechen und mich verstecken. Letzten Endes ist da nur mein schlechter Geschmack unsterblich gemacht worden.
Am Abend nach dem letzten Schultag übernachtete Brian bei mir, und wir bestellten Pizza, um den Anfang der Sommerferien zu feiern. Wir saßen am Küchentisch und aßen und beobachteten die Leute, die vereinzelt auf der dunklen Straße draußen vorbeigingen. Als ich ihm erzählte, dass ich an diesem Tag ein Mädchen kennengelernt hätte und dass wir uns gegenseitig gut fänden, weckte das seine Neugier. Ich nannte ihren Namen – Laura – und nahm an, er wisse nicht, von wem ich redete, aber zu meiner Überraschung sagte er ein paarmal hintereinander: » Ist das dein Ernst ? «
Es stellte sich heraus, dass er dieses Mädchen und ihre beiden Freundinnen beinahe tagtäglich sah, denn eine von ihnen – Ashley – wohnte in der Straße hinter ihm. Diese Tatsache bestimmte unser tägliches Programm während des ganzen Sommers. Jeden Tag, wenn Ashleys Eltern zur Arbeit gegangen waren, zogen Brian und ich geradewegs zu ihr hinüber, und wir verbrachten den Tag zu fünft bei ihr, schauten uns Musikvideos an oder hingen am Pool in ihrem Garten herum. Das dritte Mädchen hieß Carrie, und bevor der Sommer vorbei war, hatten Laura und ich Schluss gemacht, und ich war mit Carrie zusammen. Brian und Ashley waren den ganzen Sommer über ein Paar. Etwas Magisches lag in diesem Sommer und der kleinen Gruppe, die wir fünf bildeten. Das Ende des Sommers war auch das Ende für uns.
An den Wochenenden trafen wir uns nicht oft, denn dann hätten wir uns mit lästigen Eltern herumplagen müssen. Telefonisch hatten wir dauernd Kontakt, aber nicht von Angesicht zu Angesicht. An den Wochenenden gingen Brian und ich Schlittschuhlaufen in einer Shopping Mall in der Nähe, wir gondelten mit seinem älteren Bruder in Memphis herum, oder wir schauten Videos und unterhielten uns. Es war der Sommer der endlos langen Gespräche.
Außerdem hatte ich meinen ersten Job, eine der furchtbarsten Erfahrungen meines Lebens. Ich wachte eines Morgens auf und entschied, dass ich keine Lust mehr hatte, pleite und ohne einen Penny dazustehen. Es war Zeit für mich, ins Heer der Werktätigen einzutreten.
Zu Anfang bewarb ich mich bei all den Stellen, die üblicherweise Teenager beschäftigen: Lebensmittelläden, Fast-Food-Lokale, Walmart. Niemand suchte Personal. Dann fiel mir eines Tages ein kleines Fischrestaurant am Highway ein. Ich war noch nie drin gewesen, aber allmählich war ich verzweifelt, denn anscheinend wussten potentielle Arbeitgeber den außergewöhnlichen intellektuellen Giganten, der sich ihnen da präsentierte, nicht zu schätzen. Das Fischlokal war meine letzte Möglichkeit.
Ich betrat das Restaurant an einem Nachmittag, und drinnen war es so dunkel, dass meine Augen eine Weile brauchten, um sich anzupassen. Der Boden war aus nacktem Zement, und die kleinen Tische waren mit rot-weiß karierten Plastiktischtüchern gedeckt. Die Kasse stand ein paar Schritte weit weg von mir, und auf einem Barhocker daneben saß ein kleiner grauhaariger, buckliger Mann, der in irgendeinen Papierkram vertieft war. Ich ging zu ihm und fragte, ob dieses noble Etablissement vielleicht Mitarbeiter einstellte. Er schaute mich einen Moment lang an, und sein Blick erweckte den Eindruck von raffinierter Berechnung. Dann fragte er: » Kannst du heute Abend anfangen? « Ich bejahte, und er befahl mir, um fünf Uhr da zu sein.
Beschwingt kehrte ich nach Hause zurück. Ich hatte einen Job, und bald würde ich mir leisten können, was ich wollte. Die Zukunft stand mir weit offen, und mir schwirrte der Kopf vor lauter Möglichkeiten. Die Realität sollte meinen jugendlichen Idealismus nur zu bald zerschlagen.
Als ich um fünf kam, sagte man mir, ich sei die neue Aushilfe. Meine Uniform war eine Schürze, die aussah, als könnte sie in früheren Jahren einmal weiß gewesen sein. Ich erinnere mich noch genau, dass ich mit dem Fingernagel Eierschalenstücke abkratzte, die daran klebten. Als ich sie umgebunden hatte, brachte man mich in die Küche, und dort hatte ich eine Vision von den Eingeweiden der Hölle.
Das Restaurant war
Weitere Kostenlose Bücher