Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)
der einzige Ort, den ich auf Erden gesehen habe, an dem es dreckiger war als im Knast. Man hätte buchstäblich auf den Boden kotzen können, und niemand hätte es bemerkt. Man wäre über die Pfütze hinweggestiegen und weitergegangen. Der Laden war ein Familienbetrieb, und die Familie bestand aus Vater, Mutter und drei Kindern. Der Bucklige, der mich eingestellt hatte, war der Vater.
Die Mutter war ein 250-Pfund-Kloß, der niemandem in die Augen sah und nie ein Wort sprach. Sie war schmutzig, weil sie Tag und Nacht in dieser Küche schuftete. Die Kinder, zwei Jungs und ein Mädchen, waren Ausgeburten der Hölle. Der Kleinste, ein ungefähr zweijähriger Junge, trug nichts als eine dreckverkrustete Unterhose. Der ältere Sohn war drei oder vier und trug meistens Shorts, aber kein Hemd und keine Schuhe. Das kleine Mädchen kann nicht älter als fünf gewesen sein, und sie lief jeden Tag in Unterhose und einem Superhelden-T-Shirt herum. Alle drei hatten dreckverschmierte Gesichter, Rotznasen und verfilzte Haare.
Die Kinder mussten in der Küche bleiben und durften sich unter keinen Umständen von den Gästen sehen lassen. Sie durften nicht mal zur Toilette gehen, sondern mussten einen Zwanzig-Liter-Eimer mit einer kippligen Klobrille benutzen. Das bedeutete, dass ständig ein Zwanzig-Liter-Eimer voll Pisse und Scheiße mitten in der Küche stand.
Die Küche selbst sah aus wie ein Zimmer in dem Haus in Texas Chainsaw Massacre. Die Wände waren fettig und schwarz verqualmt, die Arbeitsplatten die reinsten Müllkähne, und die ganze Bude roch nach faulem Fisch. Tatsächlich war es auch meine erste Aufgabe, ungefähr zehn Pfund verdorbenen Fisch aus dem Spülbecken zu beseitigen, während ich meine eigene Kotze herunterschluckte. Mehr als einmal kam ich herein und sah, wie die Mutter gerade dabei war, ein Kind in einem der Spülbecken zu waschen, während nebenan Fischfilets oder Krebsscheren auftauten. An meinem ersten Abend schob ich einen Sack Maismehl zur Seite und fand dahinter eine große Ratte, die einen ganzen Wurf von haarlosen rosa Rattenbabys säugte.
Ich hatte ungefähr drei Wochen da gearbeitet, als ein paar andere Mitarbeiter bei mir an der Tür klopften. Sie sollten alle zusammentrommeln und sofort zur Arbeit kommen, weil jemand die Gesundheitsbehörde alarmiert habe, und die kämen jetzt, um das Lokal zu inspizieren. Wir putzten und schrubbten von halb drei nachmittags bis elf Uhr abends und schafften den Müll weg, und wir waren immer noch nicht einen Schritt näher daran, den Laden vorzeigbar zu machen. In diesem Moment wusste ich, dass ich es nicht eine Sekunde länger aushalten würde. Ich stand vor dem Buckligen, meine Klamotten sahen aus, als hätte ich sie aus dem Müllcontainer gezerrt, und ich war von Kopf bis Fuß mit Schleim, Dreck und einer Schmiere bedeckt, die sich jedem Versuch der Beschreibung widersetzt. Ich sagte ihm, ich ginge jetzt nach Hause und würde nicht wiederkommen. Aber in meinen Alpträumen konnte ich diesem Lokal nicht entkommen. Ich habe sehr viel länger davon geträumt, als ich dort gearbeitet habe.
Brian und ich entfernten uns voneinander, als die Schule wieder anfing. Ein Grund dafür war, dass ich wieder sitzengeblieben war und das Freshman-Jahr wiederholen musste. Das bedeutete, dass ich meinen siebzehnten Geburtstag in der neunten Klasse feiern würde. Zufällig hatte einer meiner Kindheitshelden das Gleiche zuwege gebracht. Er hieß Andy, und er war der Einzige in der achten, dem schon Bartstoppeln wuchsen. Er kümmerte sich nicht um Trends oder wechselnde Moden, sondern trug immer Jeans mit aufgerissenen Knien und eine verschlissene grüne Militärjacke. Sein schwarzes Haar war schulterlang, und an seinem Ohr baumelte ein Schmuckstück, das aussah wie ein Kruzifix. Andy war der lässigste Typ in der ganzen Schule. Im Unterricht schlief oder malte er. Niemand behelligte ihn, und er behelligte niemanden. Während des Sommers hatten Brian und ich manchmal mit seiner kleinen Schwester Dawn im Auto mitfahren dürfen. Sie war so alt wie wir, sie liebte uns beide, und sie war toll, weil sie so normal war. Sie interessierte sich nicht für die Highschool-Politik und gehörte zu keiner speziellen Gruppe. Außerdem trank sie mehr Wodka, als ein halbwüchsiges Mädchen eigentlich hätte vertragen dürfen.
Brian kam in die zehnte Klasse und rückte näher an die Gruppe der Freaks heran. Ich gab das Skaten komplett auf und wurde das, was man heutzutage » Goth « nennt,
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