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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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origineller Salzstreuer.
    Ein älterer Mann kam aus einem hinteren Zimmer. Ich hielt ihn für Jessies Dad, und ich hatte recht. Er setzte sich nicht in den Sessel, den Jessie freigemacht hatte, nein, er kippte ächzend und stöhnend hinein. Müde und erschöpft sah er aus, als sei jeder Tag seines Lebens ein langer Tag gewesen. Er beäugte Jessies Sandwich und fragte: » Das war aber nicht der ganze Rest Käse, oder? «
    Jessies Antwort war: » Ups. « Als sein Dad ihm mitteilte, er habe diesen Käse aufgehoben, um ihn am nächsten Tag zum Lunch zu essen, zog Jessie den Käse aus dem Sandwich und wedelte damit in der Luft herum. » Du kannst ihn immer noch haben. « Er hielt ihn hoch und grinste zu uns herüber. Mehrere Bissen fehlten zu einem ganzen Stück.
    Sein Vater achtete überhaupt nicht auf ihn. Er sagte nur, Jessie solle endlich unter den Trailer kriechen, um nachzusehen, ob alle Reifen ordnungsgemäß aufgepumpt wären. Sie würden ihn zu einem anderen Trailerpark namens » Highland « bringen.
    Jason konnte es plötzlich nicht erwarten zu verschwinden. Als wir durch das Törchen hinausgingen, rief Jessie uns nach: » Kommt später wieder, damit ihr mir helfen könnt. « » Okay « , sagte Jason über die Schulter, ohne langsamer zu gehen. Als wir ein Stück weit weg waren, sagte er mir, dass er genau deshalb nur selten dort hinginge: Sie versuchten immer, einen arbeiten zu lassen, während sie selbst nichts taten. Logischerweise gingen wir später nicht wieder hin, um zu helfen, aber Jessie nahm es nicht übel. Er wusste, dass er genauso versuchen würde, sich vor unbezahlter Arbeit zu drücken.
    Ich habe mich nie oft mit Jessie getroffen, aber wir wurden vertraut genug miteinander, um uns zu unterhalten, wenn wir uns trafen. Jason und ich liefen ihm in der Bowlingbahn über den Weg und spielten ein oder zwei Stunden Pool mit ihm, oder wir hingen am Supermarkt in Lakeshore ein bisschen mit ihm rum. Jessie war kein großer Gesprächskünstler, aber seine Albereien konnten ganz lustig sein, und über die komischen Sachen, die er sagte, konnte man meistens kichern. Für jeden halbwegs intelligenten Menschen war klar, dass man es nicht mit dem hellsten Kopf der Welt zu tun hatte. Er war in vieler Hinsicht wie ein Kind. Er war harmlos.

NEUN
    Der Beginn des nächsten Schuljahres war ein kompletter Neuanfang für mich. Ich kam auf die Highschool, während Jason noch auf der Junior High blieb. In den letzten drei Jahren hatte ich ein Gefühl von Sicherheit oder Stabilität entwickelt, und jetzt war es weg. Die Highschool war zwar nur ungefähr drei Schritte weit von der Junior High entfernt, aber es war eine ganz andere Welt.
    Die Schülerschaft der Marion Highschool kam zu fünfundneunzig Prozent aus Wohnvierteln der Mittel- und oberen Mittelklasse. Hier kamen die Kids mit nagelneuen Autos in die Schule gefahren, sie trugen Gucci-Klamotten und genug Schmuck, um Star-Rapper vor Neid erblassen zu lassen. Hier passte ich eindeutig nicht hin. Alle, die früher Skateboard gefahren waren, hatten es anscheinend aufgegeben und waren zu anderen Sachen übergegangen, und das bedeutete, dass mein Bekanntenkreis viel kleiner geworden war. Tatsächlich skatete ich aber auch nicht mehr so viel.
    Als Reaktion auf meine neue Umgebung benahm ich mich noch unmöglicher, und man betrachtete mich als Freak. Freaks waren eine klar umrissene Gruppe von Leuten, aber es ist manchmal schwer zu erklären, was der Grund dafür ist, dass eine bestimmte Person in diese Kategorie fällt. Freaks waren nicht wirklich beliebt, aber jeder wusste auf den ersten Blick, wer dazuzählte. Ein Junge hatte einen riesigen Backenbart, lief in kurzen Hosen herum und hatte Stofftiere auf den Schuhen. Ein anderer Typ badete nur selten und neigte dazu, ab und an im Rock aufzukreuzen. Er war nicht schwul; er trug nur gern Röcke. Ein Mädchen namens Tammy (in die ich verknallt war), war schwerer zu definieren. Sie sah hinreißend aus und war Turnerin, aber sie trug Nasenringe, hatte Thermo-Unterwäsche unter ihren Shorts und trug weiße Socken zu schwarzen Sandalen. Wir hatten eine merkwürdige Beziehung, denn sie pflegte mich mit Beleidigungen zu überschütten und erfand ein ganz neues Genre von Schimpfnamen für mich, aber sie ging jedem an die Gurgel, der mich auch nur schief ansah.
    In diesem Jahr begann eine intensive und ungewöhnliche Freundschaft zwischen mir und einem Typen namens Brian. Er saß in zwei Fächern neben mir und war immer sehr still,

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