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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Sie hätten als Brüder durchgehen können. Der am Steuer gab ziemlich viel Gas. Ich lag zusammengekrümmt wie ein Fötus auf dem Rücksitz, erbrach mich und würgte trocken. Der eine Cop schaute zu mir nach hinten, fluchte, schimpfte und fauchte angewidert: » Das ist ja fabelhaft. « Auf dem Rest des Weges sprach keiner ein Wort mit mir. Ich hatte keine Ahnung, wohin sie mich brachten.
    Als wir schließlich einige Zeit später am Nachmittag anhielten, sah ich ein kleines weißes Gebäude, vor dem ein paar Streifenwagen standen. Ein paar alte, borkig aussehende Männer mit einem Schlauch spritzten halbherzig die Wagen ab. Als ich ins Haus geführt wurde, hörte ich, wie die Cops ihnen auftrugen, auch den Rücksitz abzuwaschen, wo ich mich übergeben hatte.
    Als ich im Gefängnis von Monroe County war, nahm man mir die Ketten ab und befahl mir, mich auszuziehen. Nackt stand ich da, während ein Polizist mich am ganzen Körper mit irgendeinem Läusemittel einsprühte. Vier oder fünf andere schauten zu und plauderten entspannt miteinander. Es war nichts Neues für sie. Bald sollte auch ich solche Vorgänge als alltäglich empfinden. Nach der Läusedusche bekam ich eine weiße Hose und ein weißes Hemd zum Anziehen. Einer der alten Autowäscher, die ich draußen gesehen hatte, gab mir ein Handtuch, eine Wolldecke und eine Matte wie die, auf denen Kindergartenkinder schlafen. Damit war die Einführungszeremonie vollendet. Ich wurde in eine Zelle gestoßen, die für den größten Teil des kommenden Jahres mein Zuhause sein sollte.

ZWANZIG
    In der Zelle, in die ich am 4. Juni gesperrt wurde, standen vier Betonplatten, die als Betten dienten. Ein kleiner Metalltisch war am Boden festgeschraubt, es gab eine Duschkabine, und ein Fernseher, der oben in der einen Ecke hing, empfing zwei Kanäle. Ungefähr eine Woche lang war nur ein anderer mit mir zusammen in dieser Zelle. Er hieß Chad, ein Weißer mit einer schrecklichen Akne und ungewaschenen Locken. Er stand unter Mordanklage; bei einem Einbruch hatte er jemanden mit einer abgesägten Schrotflinte erschossen. Sein Rücken fing bereits an, sich zu einem Buckel zu krümmen wie bei einem alten Mann, obwohl er erst sechzehn war.
    Chad schien mir ein bisschen langsam im Oberstübchen zu sein, wenn Sie wissen, was ich meine. Er behauptete, er sei schon seit Jahren da, und war ganz aufgekratzt, weil er jetzt Gesellschaft hatte. Von meinen Fragen konnte er keine einzige beantworten. Er wusste nicht, wo wir waren oder wie weit wir von West Memphis entfernt waren, er wusste nicht, wie man hier telefonierte, und auch sonst wusste er nichts. Auf meine Fragen grinste er nur breit und warf die Hände in die Höhe, als wollte er sagen: » Wer weiß das schon? Nur die Götter. « Dann wiegte er sich ein Weilchen vor und zurück. Nicht sehr ermutigend.
    Eine Woche lang gelang es mir nicht herauszufinden, wo ich eigentlich war. Ich vermutete, dass mein Aufenthaltsort vor allen verheimlicht wurde, auch vor Domini und meiner Familie, und ich fragte mich besorgt, wie Domini es aufnehmen würde. Meine Familie und ich hatten nicht das allerbeste Verhältnis zueinander, aber wenn man ertrinkt, greift man nach jedem Strohhalm. Ich war ratlos, allein und leer. Treibend in den Tiefen des Weltalls hätte ich auch keine größere Angst gehabt. Ich hatte nichts getan, womit ich so etwas verdient hätte, und ich wollte verdammt sein, wenn ich mich von diesen Arschlöchern zum Sündenbock machen ließe.
    Ich nahm immer noch meine Antidepressiva, die mir die Wärter jeden Abend brachten. In den ersten Wochen hatte ich die geniale Idee, sie zu sammeln und dann alle auf einmal zu nehmen. Das war der einzige Ausweg, den ich in dieser Situation sah. Und sie wurde immer schlimmer. Da würde kein Sherlock Holmes kommen, der den Fall aufklärte und mich herausließ. Außerdem, wofür sollte ich eigentlich leben? Nur, dass ich nicht da wäre, wenn das Baby käme, das würde mir leidtun. Es wäre schön, es noch zu sehen.
    Bei einem meiner Klinikaufenthalte hatte ich gehört, dass 800 Milligramm des Antidepressivums, das ich bekam, für ein Koma ausreichten, aus dem man nie mehr erwachte. Ich wollte sicher sein, dass ich es richtig machte, und deshalb nahm ich 1200 Milligramm. Ich schluckte die Tabletten und setzte mich hin, um einen kurzen Brief an Domini und meine Familie zu schreiben. Es waren nur ein paar Zeilen, die ich schnell und mit Bleistift hinkritzelte. Ich weiß nicht mehr, was darin stand, und ich

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