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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Mörder zu suchen. Ich bin wütend auf korrupte Richter und Staatsanwälte, die das Leben dreier unschuldiger Menschen ruinieren, um ihren Job zu schützen und ihren politischen Ehrgeiz zu bedienen. Für sie waren wir nichts als armer Trailer-Trash, und sie dachten, kein Mensch würde uns vermissen. Sie dachten, sie könnten uns unser Leben nehmen, und damit wäre die Sache erledigt und alles unter den Teppich gekehrt. Und die Sache wäre erledigt gewesen, wenn die Welt nicht Notiz genommen hätte.
    Nein, ich bin nicht wütend auf Jessie Misskelley.
    Nach allem, was ich im Fernsehen gesehen und in Büchern gelesen hatte, war ich zu der Überzeugung gekommen, die Polizisten seien die Guten, und schmutzige Cops seien selten und dünn gesät. Warum also stand niemand auf und entlarvte diesen Bullshit als das, was er war? Warum machten alle bei so einer abgekarteten Sache mit? Die Antwort lautet: weil sie ihren Arsch retten wollten. Die Polizisten, die meinen Fall bearbeiteten, gehörten zum Rauschgift-Sonderdezernat von West Memphis; sie waren Cops, die in diesen Mordfällen normalerweise nicht ermittelt hätten. Sie hatten zusätzliche Hilfe von der Arkansas State Police angeboten bekommen und abgelehnt. Anscheinend ermittelte das FBI gegen etliche Polizisten des Rauschgift-Sonderdezernats wegen Drogenhandels, Geldwäsche und der Manipulation von beschlagnahmtem Beweismaterial. Da hatte es ihnen gerade noch gefehlt, dass die ganze Welt ihnen dabei zuschaute, wie sie inkompetent herumpfuschten und so taten, als führten sie Ermittlungen durch. Sie mussten diesen Fall schnell aufklären, und wir boten ihnen eine einfache Lösung. Wie einer der Cops zu Jason sagte: » Du bist nichts als weißer Abschaum. Wir könnten dich umbringen und deine Leiche in den Mississippi schmeißen, und es würde niemanden interessieren. « Wir waren entbehrliche Untermenschen. Ab mit uns in den Fleischwolf, und das Problem ist aus der Welt. Es ist ja nicht so, als ob wir irgendwann mal wichtig werden würden.
    Nachdem ich dieses eher Drehbuch als Geständnis gelesen hatte, wurde ich wieder in den Gerichtssaal geführt. Der Richter faselte weiter, und ich stand am Rand des Zusammenbruchs. Plötzlich wurde es hektisch, als ein übergewichtiger Mann mit unreiner Haut von seinem Platz aufsprang und durch den Mittelgang laufen wollte. Er schrie irgendetwas Unverständliches, als die Cops ihn einfingen, und ich wurde aus dem Saal geschoben. Später habe ich erfahren, dass er der Vater eines der ermordeten Jungen war. Ich konnte es ihm eigentlich nicht verdenken. Ich habe inzwischen selbst einen Sohn, und ich würde vielleicht das Gleiche tun, wenn ich dächte, ich hätte jemanden vor mir, der ihm etwas angetan hat. Er brauchte einfach jemanden, dem er die Schuld geben und an dem er seinen Schmerz auslassen konnte. Da interessierte er sich nicht für Fakten oder Beweise.
    Als ich wieder im dunklen, schmutzigen Teil des Gebäudes war, fingen sie an, mir Ketten anzulegen – um den Leib, um Hände und Füße und überall sonst, wo sie sie irgendwie befestigen konnten. Ein paar Schritte vor mir sah ich Jason, und mit ihm machten sie das Gleiche. Auch er trug eine alte, verschlissene Polizeiuniform. Vor ihm ging Jessie Misskelley, ebenfalls in Ketten, aber er trug seine eigenen Kleider. Vielleicht war auch das eine kleine Bestrafung für Jason und mich, weil wir ihnen nicht das Geständnis gegeben hatten, das sie haben wollten.
    Sie schoben Jessie durch eine Tür, und draußen sah ich Sonnenlicht und hörte das Brüllen einer Menschenmenge. Es hörte sich an, als hätte der Schiedsrichter beim Super Bowl eine richtig schlechte Entscheidung gepfiffen. Als Nächstes führten sie Jason und mich gleichzeitig durch die Türen hinaus. Ich war von Cops umzingelt, und alle wollten an mir ziehen. Ich hätte rennen müssen, um mit ihnen Schritt zu halten, aber ich hatte Ketten an den Beinen und keine Schuhe. Sie schleiften mich über den Asphalt und rissen mir dabei zwei Zehennägel und ziemlich viel Haut ab. Als die Menge uns sah, geriet sie in Raserei. Es sah aus, als sei die ganze Stadt gekommen, um uns zu sehen, und alles schrie, brüllte und bewarf uns mit Zeug. Sie wollten uns kreuzigen, an Ort und Stelle. Ich glaube, ungefähr so kann ein moderner Mensch sich das römische Kolosseum vorstellen.
    Ich wurde auf den Rücksitz eines Wagens gestoßen, und sie befahlen mir, mich zu ducken. Zwei Polizisten saßen vorn, beide fett und mit dem Standardschnäuzer.

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