Mein Leben ohne Limits
hoffen. Ich bin zwar ein Mensch und kann nicht in die Zukunft schauen, aber ich kann sie mir ausmalen. Wie sich mein Leben letztlich entwickeln wird, weiß nur Gott. Deswegen hat er uns wohl Hoffnung geschenkt: als Fenster mit Aussicht. Ein bisschen Gottvertrauen schadet niemandem! Auch wenn schlimme Zeiten kommen, sollte man immer darauf bauen, dass es wieder besser werden wird.
Leider geht nicht alles, was wir uns wünschen, in Erfüllung. Keiner von uns ist gefeit vor Schicksalsschlägen. Auch die besten Leute erleiden schlimme Verluste und müssen trauern. Die Erdbeben in Haiti, Chile, Mexiko und China sind nur ein paar Beispiele dafür, dass auf der Welt jeden Tag großes Leid geschieht. Tausende verlieren bei Naturkatastrophen ihr Leben. Ihre Träume und Wünsche sterben mit ihnen. Viele Mütter verlieren ihre Kinder, Kinder verlieren ihre Mutter. Wie soll man da Hoffnung haben?
Was mir hilft, ist die Tatsache, dass Katastrophen auch immer unglaublich viel Hilfsbereitschaft bei anderen Menschen auslösen. Während ich mich noch frage, wie die Opfer eines Unglücks je wieder Hoffnung schöpfen können, sind schon Hunderte Freiwilliger in die Region unterwegs. Studenten, Ärzte, Ingenieure und andere Rettungs- und Aufbaukräfte setzen ihre Fähigkeiten dafür ein, um den Überlebenden zu helfen.
Für mich ist Hoffnung inmitten der schlimmsten Situationen auch ein Beweis für Gottes Existenz. Mein eigenes Päckchen scheint so leicht im Vergleich zu dem, was viele andere durchmachen; trotzdem musste auch ich schon den Verlust eines lieben Menschen verkraften. Mein Cousin Ray starb mit siebenundzwanzig an Krebs. Obwohl alle gläubigen Leute in unserer Familie, in unserem Bekanntenkreis und der Kirche intensiv für ihn gebetet haben. Wenn man jemanden verliert, der einem so nahestand, dann bricht einem nicht nur das Herz, sondern man wird auch oft mit der Frage nach dem Warum nicht fertig. Deswegen bedeutet mir Hoffnung so viel! Ich hoffe nicht nur auf irdische Dinge. Meine Hoffnung geht darüber hinaus. Für unsere Familie ist es kein schwacher, sondern ein starker Trost, dass wir Ray bei Jesus Christus im Himmel wissen und dass sein Leiden dort vorbei ist.
Übrigens: Ich glaube auch daran, dass wir nur Gäste auf Erden sind. Unser eigentliches Ziel ist die Ewigkeit. Deswegen ist es letztlich auch nicht mehr so entscheidend für mich, ob mein Leben hier gut oder weniger gut verläuft. Gott gibt mir die Kraft, mein Päckchen zu tragen und alle Schwierigkeiten auszuhalten. Es kommen bessere Tage, da bin ich mir sicher. Wenn nicht auf dieser Erde, dann im Himmel.
Mein bestes Rezept gegen die Verzweiflung ist, anderen zu helfen. Versuch das einmal! Wenn dein Leben eine Last ist, hilf jemand anderem tragen. Schon zu wissen, dass jemand da ist, der mit anfasst, wird das Leid des anderen lindern. Zeig Mitgefühl, wenn du selbst welches brauchst. Sei ein Freund, wenn du dringend Freunde brauchst. Wecke Hoffnung, wenn sie dir selbst fehlt.
Ich habe nicht auf alle Fragen eine Antwort. Dafür bin ich auch viel zu jung. Aber mir wird mit jedem Tag klarer: Wenn Hoffnungslosigkeit herrscht, Gebete scheinbar an der Decke abprallen und sich die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten, dann gibt es nur eine Rettung – Beziehungen mit anderen Menschen. Und für den, der wie ich an Gott glaubt: Beziehung mit Gott und Vertrauen auf seine Liebe.
IN CHINA
Dass Hoffnung über Verzweiflung siegen kann, habe ich bei meinem ersten Besuch in China im Jahr 2008 gesehen. Ich besuchte die Chinesische Mauer und staunte nicht schlecht über dieses gewaltige Bauwerk. Den größten Eindruck in China haben jedoch die vor Freude leuchtenden Augen eines Mädchens auf mich gemacht. Sie führte mit anderen Kindern eine Darbietung auf, die für die Eröffnung der Olympischen Spiele getaugt hätte. Ihr glückliches Strahlen nahm mich völlig gefangen. Während sie mit Präzision einer Choreografie folgte, balancierte sie gleichzeitig einen drehenden Teller über sich. Sie war völlig konzentriert, musste auf vieles gleichzeitig achten und strahlte trotzdem eine glückliche Zufriedenheit aus, die mir die Tränen in die Augen steigen ließ.
Das Mädchen und alle anderen Kinder in der Vorstellung waren Opfer des schweren Erdbebens, das die Region einige Monate zuvor heimgesucht hatte. Sie gehörte zu den mehr als viertausend Jugendlichen und Kindern, die der Erdstoß zu Waisen gemacht hatte. Meine Pflegekraft, unser Reisekoordinator und ich waren
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