Mein Leben ohne Limits
halbe Welt bereist! Oprah, es kann losgehen! Fertig zum Umarmen!
ANGST AUF ABRUF
Als Kind hatte ich fürchterliche Angst vor Ärzten mit einer Spritze in der Hand. Wann immer eine Impfung anstand – Masern, Röteln oder Grippeschutz –, versteckte ich mich vor meiner Mom. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass es nur eine sehr begrenzte Anzahl von Stellen an meinem Körper gab, an denen man mich impfen konnte. Bei normalen Kindern kann man sich immerhin zwischen Oberarm oder Hintern entscheiden. Mein verkürzter Körper bot leider nur eine Zielregion. Und weil mein Allerwertester so nah am Boden ist, war es besonders schmerzhaft für mich. Selbst wenn die Schwester die Spritze hoch oben an der Hüfte ansetzte. Jedes Mal, wenn ich geimpft wurde, konnte ich einen Tag lang nicht laufen.
Wegen meiner körperlichen Behinderung habe ich einen hübschen Teil meiner Jugend damit verbracht, Ärzten als Nadelkissen zu dienen. Mit der Zeit entwickelte ich eine richtige Phobie. Irgendwann war ich schon bekannt als der Junge, der schon beim Anblick einer Injektionsspritze in Ohnmacht fällt.
In der Grundschule nahmen mich einmal zwei Krankenschwestern in die Mangel, die wohl weder meine Vorgeschichte noch die menschliche Anatomie gut kannten. Sie klemmten mich mit dem Rollstuhl zwischen sich fest und gaben mir in beide Schultern eine Spritze. Ich habe dort kaum Muskeln oder Fett – es war entsetzlich. Die Schmerzen hinterher waren so stark, dass ich meinen Freund Jerry bitten musste, neben mir zu laufen und den Rollstuhl zu steuern, weil mir schwindlig wurde. Jerry übernahm den Steuerknüppel und kurz darauf wurde ich tatsächlich bewusstlos. Der arme Jerry wusste nicht, was er tun sollte, also fuhr er den Rollstuhl mit mir an einer Seite heraushängend zum nächsten Unterricht und bat den Lehrer um Hilfe.
Weil Mom meine Angst vor Spritzen kannte, sagte sie uns nie, wenn wir für eine Impfung zum Doktor gingen. Als ich etwa zwölf war, gab es einen dermaßen wilden Arztbesuch, dass er zur Familienlegende geworden ist. Mom sagte uns, wir würden nur die übliche Schuluntersuchung brauchen. Aber schon im Warteraum bekam ich den ersten Warnhinweis. Ein kleines Mädchen wurde ins Behandlungszimmer gerufen. Kurz darauf hörten wir sie aufschreien.
„Habt ihr das gehört?“, fragte ich Aaron und Michelle. „Wir kriegen bestimmt auch gleich eine Spritze!“
Ich bekam Panik. Ich schrie und brüllte, dass ich keine Spritze wolle, die täten viel zu sehr weh und ich wolle nach Hause. Da ich der Älteste war, folgten meine Geschwister ihrem mutigen Vorbild und stimmten in den Katzenjammer ein.
Unsere Mutter, die Krankenschwester, kannte natürlich keine Gnade. Sie war längst Veteranin im Impfkrieg. Wie ein Militärpolizist, der einen Haufen betrunkener Soldaten in die Ausnüchterungszelle befördert, schleifte sie ihr heulendes, tretendes und beißendes Rudel in das Behandlungszimmer.
Als ich merkte, dass weder Panik noch Betteln etwas ausrichteten würden, versuchte ich, mit dem Hausarzt zu verhandeln. „Kann ich nicht irgendwas trinken, wo die Impfung drin ist?“
„Ich fürchte nicht, mein Junge.“
Es war an der Zeit für Plan B – wie Bruder. Ich drehte mich zu Aaron um und bat ihn, mir zu helfen, davonzukommen. Der Fluchtplan war längst fertig. Aaron sollte vom Behandlungstisch herunterfallen, um die Ärzte abzulenken. Ich wollte mich derweil aus dem Rollstuhl herauswinden und Reißaus nehmen. Aber Mom durchschaute den Plan und hielt mich fest. Meine Schwester, die kleine Opportunistin, nutzte ihre Chance und schoss in Richtung Tür davon. Eine Krankenschwester fing sie auf dem Flur ab, aber Michelle stemmte ihre Arme und Beine so in den Türrahmen, dass sie nicht ins Behandlungszimmer geschoben werden konnte. Sie war meine Heldin!
Unser hysterisches Gebrüll hörte man in der ganzen Klinik. Anderes Personal kam herbeigerannt, weil es dachte, wir würden brutal gefoltert werden. Dummerweise wechselte die Verstärkung schnell zur falschen Seite. Zwei Arztkittel hielten mich für die Impfung auf dem Tisch fest. Ich schrie wie am Spieß.
Immer, wenn sie die Spritze ansetzen wollten, wand ich mich und zuckte. Durch meine Ruckelei sprang die Kanüle wieder heraus. Der Arzt musste noch einmal nachstechen! Mein Gebrüll löste Alarmanlagen auf dem Parkplatz aus.
Wie wir – meine Geschwister, meine Mutter oder auch das Klinikpersonal – diesen Tag überlebten, weiß ich nicht. Den ganzen Weg nach Hause heulten wir
Weitere Kostenlose Bücher