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Mein Leben ohne Limits

Mein Leben ohne Limits

Titel: Mein Leben ohne Limits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Vujicic
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inzwischen so gern in Kalifornien lebe. Ich hoffe, so ein humorvoller Abstand gelingt dir auch! Frustration und Ärger sind ganz normale Emotionen, wenn große Veränderungen anstehen. Lass locker und gib dir etwas Zeit! So kann ein plötzlicher Ruck nicht dein ganzes Gebäude niederreißen. Es ist wie in einer neuen Stadt: Man braucht Zeit, um sich zurechtzufinden, sich zu akklimatisieren und einzugewöhnen.
    ERWARTE DAS UNERWARTETE
    Während der ersten Wochen in den USA erlitt ich einen kräftigen Kulturschock. Am ersten Schultag stieg Panik in mir hoch, als plötzlich alle Schüler zum Gelöbnis auf Staat und Flagge aufstanden. So etwas gibt es in Australien nicht. Ich fühlte mich wie in einem fremden Klub.
    Dann gingen eines Tages aus heiterem Himmel die Sirenen los. Die Lehrer schickten uns unter die Tische. Ich dachte, Außerirdische würden angreifen, aber es war nur eine Erdbebenübung. Erdbeben!
    Natürlich blieben die schrägen Blicke, frechen Fragen und komischen Kommentare über mein äußeres Erscheinungsbild nicht aus. Ich konnte nicht glauben, wie neugierig amerikanische Mittelstufenschüler sind, wenn es darum ging, wie ich den Toilettengang bewältigte. Ich fing schon an, um ein Erdbeben zu beten, nur damit die Fragen über meine Toilettentricks aufhörten.
    Gewöhnen musste ich mich auch an das ständige Umziehen von einem Raum zum anderen. In Australien war der ganze Unterricht in einem Klassenzimmer. Manchmal kam es mir so vor, als würden wir an der Lindero Canyon Middle School nichts anderes tun, als wie Kängurus von einem Ort zum nächsten zu hüpfen.
    Ich tat mich schwer mit der Umstellung. Bisher war ich immer ein guter Schüler gewesen, aber es dauerte nicht lange, da war ich ins Hintertreffen geraten. Weil in der sechsten Klasse kein Platz frei gewesen war, kam ich in ein Fortgeschrittenenprogramm und blieb umso mehr zurück. Heute weiß ich, dass ich einfach gestresst war. Und warum auch nicht? Mein ganzes Leben war einfach verpflanzt worden.
    Wir hatten noch nicht einmal ein eigenes Haus. Mein Vater arbeitete nun für Onkel Batta, und bis wir eine eigene Bleibe gefunden hatten, wohnten wir alle unter einem Dach. Meine Eltern waren ständig unterwegs: entweder auf Jobsuche, am Pendeln oder auf der Suche nach einem Haus.
    Ich hasste unser neues Leben. Weder mental, emotional oder körperlich war ich mehr Herr der Lage. Also zog ich mich in mein Schneckenhaus zurück. In den Schulpausen verkrümelte ich mich und versteckte mich oft im Gebüsch. Mein Lieblingsversteck war aber im Musikraum, den Mr McKagan, der Musiklehrer, beaufsichtigte.
    Mr McKagan ist heute noch an der Lindero-Canyon-Schule und einer der besten Lehrer überhaupt. Er war so beliebt wie ein Rockstar. Ich glaube, er hatte acht oder neun Unterrichtsstunden am Tag zu geben. Sein Bruder Duff McKagan ist ein berühmter Bassgitarrist, der unter anderem bei Guns N’ Roses gespielt hat. Das war ein weiterer verwirrender Aspekt unseres Umzugs: Ich hatte das Gefühl, ein normales Familienleben gegen eine glitzernde Welt der Stars und Sternchen getauscht zu haben. Wir wohnten kurz hinter Los Angeles und Hollywood, trafen also andauernd irgendwelche Film- und Fernsehstars beim Einkaufen. Die Hälfte meiner Klassenkameraden wollte Schauspieler werden. Und nach der Schule konnte ich zu Hause den Fernseher einschalten und Jonathan Taylor Thomas, meinen Mitschüler aus dem Geschichtsunterricht, in der Serie Hör mal, wer da hämmert bewundern.
    Mein Leben hatte sich so sehr verändert, dass ich die Kontrolle verlor. Das ganze Selbstvertrauen, das ich mir mühsam aufgebaut hatte, fiel in sich zusammen. Die australischen Mitschüler hatten sich mit mir arrangiert, aber in Amerika war ich ein Fremder in einem fremden Land mit einem fremden Akzent und einem noch fremderen Körper. Jedenfalls fühlte ich mich so. Mr McKagan fand mich einmal in seinem Musikraum und redete mir gut zu, ich solle doch einfach auf die anderen zugehen. Aber ich konnte nicht.
    Anstatt mich darauf zu konzentrieren, was ich aus der Situation machen konnte, legte ich die nicht existierenden Hände in den Schoß und kämpfte gar nicht erst. Ich hätte es besser wissen müssen. Auch wenn ich erst zwölf war, hatte ich längst gelernt, mich auf meine Fähigkeiten zu besinnen anstatt auf meine Macken. Mit den fehlenden Gliedmaßen hatte ich mich abgefunden und war ein weitestgehend selbstständiges und sogar fröhliches Kind geworden. Aber wegen dieses einen Umzugs ging

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