Mein Leben ohne Limits
Freunde, Familienmitglieder oder Freiwillige für meine Pflege eingesprungen. Die meiste Zeit habe ich jedoch bezahlte Pflegekräfte, weil die Arbeit ganz schön fordert, vor allem wegen meines vollen Terminplans. Auf meinen Reisen durch die USA 2006 fing ich erstmals an, immer mehr auf ihre Hilfe zurückzugreifen. Ein junger Kerl namens George hatte sich freiwillig als Fahrer und Pfleger angeboten, tauchte dann aber mit einer Schrottkarre auf, die nicht nur laut war und stank, sondern zu meiner Überraschung ein großes Loch im Boden hatte! Ich sah mich schon hindurchfallen und von einem nachfolgenden Lastwagen platt gewalzt werden. Sicher habe ich mich in diesem Auto nie gefühlt, aber George war trotzdem ein treuer Helfer.
Einer meiner aktuellen Pfleger heißt Bryan. Während meiner Tournee durch Europa 2008 musste er einmal sein ganzes Können unter Beweis stellen: Eine Woche lang waren wir nonstop unterwegs gewesen, als wir für die Nacht in Temeswar in Rumänien einkehrten. Die wunderschöne Stadt in den transsilvanischen Alpen heißt auch „Kleines Wien“. Dass es in Transsilvanien spuken soll, hatte ich schon gehört. Und auch wir sollten unser blaues Wunder erleben.
Ich war todmüde. Die ganzen Tage hatte ich schlecht geschlafen und brauchte dringend Erholung. Bryan bot mir eine Melatoninkapsel an, mit der der Körper besser mit Jetlag klarkommen soll.
Am Anfang war ich dagegen, sie zu nehmen. Weil mein Körpergewicht so gering ist, reagiere ich manchmal stark auf Medikamente. Bryan überzeugte mich davon, dass nichts passieren würde. Um sicherzugehen, nahm ich nur eine halbe Kapsel. Zum Glück habe ich nicht die ganze geschluckt – ich fiel sofort in tiefen Schlaf.
Manchmal bin ich auf Tournee so übermüdet, dass ich mich plötzlich nachts im Bett aufsetze (obwohl mich das unglaublich viel Kraft kostet) und im Schlaf anfange zu reden, als wäre ich vor Publikum. In dieser Nacht weckte ich Bryan im Nebenraum, weil ich so laut predigte! Auf Serbisch!
Bryan holte mich aus meinem nächtlichen Vortrag, bevor ich ganz Rumänien aufweckte. Da merkten wir, dass wir wie verrückt schwitzten. Die Klimaanlage war einfach ausgegangen und hatte uns der schwülen Hitze überlassen. Also rissen wir die Fenster unseres Hotelzimmers auf und ließen frische Luft herein. Hundemüde kehrten wir in unsere Betten zurück.
Eine Stunde später wurden wir wieder wach. Die transsilvanischen Mücken fraßen uns auf! (Zumindest hofften wir, dass es Mücken waren.) Ich war todmüde, verschwitzt, mein ganzer Körper juckte und mir fehlten – als Sahnehäubchen – alle natürlichen Kratzhilfen, die ein normaler Mensch besitzt. Es war die reinste Qual!
Bryan schlug vor, ich solle kalt duschen, um den Juckreiz zu lindern. Danach sprühte er die geschwollenen Stellen mit einem Erste-Hilfe-Spray gegen Insektenbisse ein. Ich legte mich wieder hin. Zehn Minuten später rief ich schon wieder verzweifelt nach Bryan. Mein ganzer Körper brannte wie Feuer! Ich war allergisch auf das Insektenspray.
Bryan schnappte mich und brachte mich wieder zur Dusche. Auf dem Weg dorthin rutschte er aber aus, schlug mit dem Kopf gegen die Toilette und wurde fast ohnmächtig! Nach dieser Episode waren wir völlig erledigt und wollten nur noch schlafen. Aber unsere Horrornacht war noch nicht vorüber. Ohne Klimaanlage war es einfach zu heiß im Hotelzimmer, um zu schlafen. Ich konnte mittlerweile auch kaum noch klar denken und bat Bryan um ein Kissen.
„Draußen im Flur läuft die Klimaanlage noch“, erklärte ich meinem verblüfften Pfleger, „also lege ich mich vor die Tür.“
Kraft zum Argumentieren hatte Bryan keine mehr. Er fiel ins Bett und ich kampierte auf dem Flur. Die Tür ließ ich einen Spalt offen, damit er mich im Bedarfsfall hören konnte. So schlummerten wir ein, zwei Stunden, bis plötzlich ein fremder Hotelgast über mich stolperte, in Bryans Zimmer marschierte und ihn in schlechtem Englisch beschimpfte.
Es dauerte mehrere Minuten, bevor wir kapierten, warum der Mann so wütend war. Er dachte, Bryan hätte mich rausgeworfen! Es war gar nicht so leicht, den Möchtegern-Samariter davon zu überzeugen, dass ich freiwillig auf dem Hotelflur nächtigte.
Als er endlich gegangen war, krabbelten wir jeder wieder in unsere Betten. Kaum waren wir eingedöst, klingelte Bryans Handy. Schlaftrunken hob er ab und wurde von einer wilden Schimpftirade wach gehämmert. Der Koordinator der Europatour war dran. Offensichtlich hatte sich der
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