Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
durch den Schleier ihrer Erinnerungen. »Nehmt das«, sagte er und drückte ihr ein Taschentuch in die Hand.
Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr Tränen ungehindert die Wangen herunterliefen.
»Ich hätte Euch nicht bedrängen sollen.« Stephen rieb ihr mit der Hand den Rücken und tröstete sie, als wäre sie ein Kind.
Aber sie war entschlossen, die Geschichte zu Ende zu erzählen. »Wollt Ihr die letzten Worte hören, die meine Mutter auf dieser Welt zu mir gesprochen hat?«
»Nur wenn Ihr es mir erzählen wollt.«
»Sie sagte: ›Wir Frauen sind geboren, um zu leiden.‹ Dann wandte sie sich wieder ihren Gebeten zu.«
Isobel erinnerte sich daran, dass sie das Schluchzen, das sie zu übermannen drohte, herunterschluckte und ihrer Mutter den Rücken zuwandte. Ihr Atem ging stoßweise, als sie steifbeinig über den Burghof marschierte. Mit jedem Schritt zwang sie ihr Herz dazu, härter zu werden.
»Ich hatte keine Wahl«, fuhr Isobel fort. »Ich sagte mir, ich würde es für meinen Bruder tun – und nicht für diese nutzlose, erbärmliche Frau, die meine Mutter war.«
Stephen nahm sie in die Arme. Nach einer Weile fragte er: »War die Ehe schlimm?«
Sie nickte an seiner Brust. Er schlang die Arme fester um sie; sie fühlte sich wohl in seinem Griff.
»Ihr habt Eurem Vater niemals vergeben.«
»Ich habe mich sogar geweigert, ihn zu sehen.« In diesem Punkt zumindest hatte ihr Ehemann sie unterstützt. Das einzige Mal, dass sie ihren Vater während ihrer Ehe sah, war bei der Beerdigung ihrer Mutter.
Sie sollte sich von Stephen nicht so trösten lassen. Aber nachdem sie ihm ihre Geschichte erzählt hatte, kam es ihr lächerlich vor, sich darüber aufzuregen, dass er sich ihr gegenüber zu intim verhielt. Selbst sein Geruch – nach Pferd, Leder und einfach nur Stephen – tröstete sie.
»Ihr verdient es, glücklich zu sein«, sagte er.
»Was, wenn de Roche grässlich ist?«, platzte es aus ihr heraus. »Er will weder mich noch diese Ehe, sonst wäre er längst gekommen.«
Warum um alles in der Welt ließ sie jetzt ihrem Selbstmitleid freien Lauf, nachdem sie es so lange zurückgehalten hatte?
»Der Dummkopf weiß nicht, welcher Schatz ihn erwartet«, sagte Stephen sanft. »Wenn er Euch erst getroffen hat, wird er jeden Moment bereuen, den er versäumt hat.«
Sie seufzte und ließ den Kopf wieder an seine Brust sinken. »Mein Vater hat mich gelehrt, nicht an Märchen zu glauben.«
Stephen strich eine lose Haarsträhne aus ihrem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Es ist nichts falsch daran, auf etwas Besonderes zu hoffen.«
Sie spürte seinen Atem in ihrem Haar, als er sie hielt.
Entfesselte Gefühle wirbelten durch ihr Inneres. Sie hörte, dass sich sein Atem veränderte, und spürte, wie die Anspannung zwischen ihnen wuchs. Sie wartete gespannt.
Sie schmiegte den Kopf an seine Schulter und hoffte, er würde ihr Haar wieder küssen. Als er es tat, seufzte sie und hob ihr Gesicht zu ihm. Seine Augen bohrten sich in ihre, doch er machte keinerlei Anstalten, sie zu küssen. Sie ließ ihre Hände an seiner Brust hinauf und in seinen Nacken gleiten.
Er schüttelte den Kopf. »Das ist nicht klug, Isobel.«
Aber es war auch nicht fair, dass sie für den Rest ihres Lebens mit einem Mann verheiratet war, dessen Kuss, ja, dessen Berührung ihr verhasst war. »Es ist bloß ein Kuss, Stephen.«
»Ich glaube nicht, dass es bei einem Kuss bleiben würde.«
Seit dem Tag, da ihre Kindheit zu einem abrupten Ende gekommen war, hatte sie getan, was sie tun sollte und tun musste. Sie war es unendlich leid.
Sie zog Stephen zu sich herab und presste ihre Lippen auf seine. Ihr Kuss war sofort voller Hitze und Leidenschaft, tastende Zungen, sich aneinander reibende Körper, suchende Hände. Als seine Hand ihre Brust bedeckte, ließ sie den Kopf in den Nacken fallen und schloss die Augen. Sie spürte die Weichheit seiner Lippen, die Hitze seines Atems an ihrer Haut, als er eine Spur von Küssen über ihren Hals und wieder hinauf legte.
»Warum begehre ich dich bloß so sehr?«, keuchte er an ihrem Ohr. »Liegt es daran, dass ich dich nicht haben kann?«
Aber er konnte sie haben.
Sie wollte ihn nicht aufhalten. Nein, sie würde nicht zulassen, dass er aufhörte. Als sie ihre Zungenspitze über seine Unterlippe wandern und ihre Hände unter sein Hemd gleiten ließ, verstand er ihre Aufforderung. Sie liebte das Gefühl seiner Hände in ihrem Haar, die Leidenschaftlichkeit seiner Küsse.
Sie fuhr mit den
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