Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
sich aufzurappeln, bevor der König und seine Heerführer ihre Plätze an der hohen Tafel verließen und aus dem Saal strömten.
Als sie sich wieder hinsetzte, riskierte Isobel einen Seitenblick den Tisch hinunter. Heute Abend saß keine Frau neben Stephen.
Nun, es konnte auch im Juli schneien.
Was hatte Stephen im Sinn gehabt, als er ihr am Nachmittag diese Fragen gestellt hatte? Im einen Moment hatte er sie aufgezogen und im nächsten gequält zur Seite geschaut.
»Isobel?«
Sie erschrak, als sie de Roches Stimme neben sich vernahm.
»Ich musste drei Mal Euren Namen sagen«, beschwerte sich de Roche. »Wen habt Ihr angesehen?«
»Meinen Bruder«, antwortete sie, erleichtert, eine Ausrede parat zu haben. »Ich mache mir Sorgen, dass er zu viel Zeit in L’Abbaye-aux-Hommes verbringt.«
Wenigstens stimmte das. Was quälte Geoffrey, dass er sich veranlasst sah, so oft mit den Mönchen zu wachen? Ständig erzählte er ihr etwas von einer heiligen Reliquie, die in einem anderen Kloster aufbewahrt wurde. Was hatte er noch gesagt, dass die Reliquie sei? Das Fingerglied eines Heiligen? Sie hatte versprochen, ihn später zu treffen. Der Himmel stehe ihr bei! Er hatte wahrscheinlich ein Gedicht über den verschrumpelten Finger verfasst.
»Ihr könnt doch nichts gegen die Gottergebenheit Eures Bruders haben«, unterbrach de Roche erneut ihre Gedanken.
Isobel missverstand seine Bemerkung nicht als Aufforderung, ihm ihre Besorgnis zu erklären. De Roche stellte ihr niemals Fragen persönlicher Natur über ihre Familie. Sie war erleichtert, und doch … Wie anders war er doch als Stephen. Stephen wäre nicht zufrieden, bevor er ihr jedes dunkle Familiengeheimnis entlockt hätte.
Dieses Mal wurde sie von etwas Warmem, Schwerem auf ihrem Bein aus ihren Gedanken gerissen.
»Endlich hat Euer aufmerksamer Vormund uns einmal verlassen.« De Roche schaute streng geradeaus, doch seine Mundwinkel waren hochgezogen.
Sie schaute die Tafel hinauf und hinab. Sowohl Robert als auch Stephen waren verschwunden. Zweifellos waren sie aufgebrochen, um in der Stadt Zerstreuung zu finden.
Sie ergriff de Roches Hand, um ihre Wanderung ihren Schenkel hinauf zu unterbrechen.
»Ihr seid müde, meine Liebe«, sagte de Roche. »Soll ich Euch zu Eurer Kammer geleiten?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, griff er nach ihrem Ellenbogen und zog sie auf die Beine.
»Ich fing schon an, mich zu fragen, ob Sir Robert niemals von Eurer Seite weichen würde«, flüsterte de Roche ihr ins Ohr, als er sie aus dem Saal führte. »Der Mann beschützt Euch, als wärt Ihr eine unschuldige Jungfrau.«
Sie fühlte sich ein wenig unwohl und außer Atem, während er sie zielstrebig die Treppe der Schatzkanzlei hinunter und über den Burghof zum Burgfried führte. Die Nachtluft war kalt. Durch den dicken Stoff ihres Umhangs konnte sie de Roches Wärme spüren.
Konnte er nicht irgendetwas sagen, um sie zu beruhigen?
Er behielt sein Schweigen und seinen schnellen Schritt den ganzen Weg bis zum Burgfried bei. Bis sie den Flur vor ihrer Kammer erreichten, hämmerte ihr Herz in ihrer Brust. Seine Zähne glänzten im Binsenlicht, als er sie zu sich herumdrehte. Sie erstarrte, während de Roche mit dem Finger ihren Hals hinunterfuhr.
Als er die zarte Haut über ihrem Mieder erreichte, umfasste sie sein Handgelenk. »Man wird uns sehen!«
»Hier ist niemand.« Er tauchte den Finger in das Tal zwischen ihren Brüsten. »Außerdem sind wir so gut wie verlobt.«
Der Mann würde ihr Ehemann werden. Bald würde sie das Bett mit ihm teilen, sooft er es von ihr verlangte. Es kam ihr albern vor, gegen diese kleine Vertraulichkeit zu protestieren.
Die alte Hoffnung kehrte zurück. Die Hoffnung, dass ihr neuer Ehemann sie so empfinden lassen konnte, wie Stephen es tat, wenn er sie küsste. Dass er ihr dieses Gefühl geben könnte, von einem Strudel erfasst zu werden, als würde nichts anderes zählen, solange er sie berührte.
War es möglich? Sie musste es wissen.
»Küsst mich«, sagte sie und wandte ihm ihr Gesicht zu. Dieses Mal wäre es anders.
Der Kuss war anders. Sanfter. Nicht so beängstigend wie beim ersten Mal. Und nicht ekelhaft wie die von Hume. Ihr Verstand war kalt und klar, während sie darauf wartete, von der Erregung gepackt zu werden. Sie wartete. Der Kuss fühlte sich … angenehm an. Aber mehr auch nicht.
Sie konnte es sich nicht erklären. De Roche war attraktiv, jung, gesund. Das starke Parfüm, das er benutzte, verursachte ihr zwar leichte
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