Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
Land der Toten zurück. »Was meinte Claudette damit, dass Frauen ›pragmatisch‹ seien?«
»Sie meint … dass eine Frau mit einem Mann ins Bett geht …«, er seufzte wegen der Mühe, die es ihn kostete zu antworten, doch Jamie rüttelte ihn wieder an der Schulter, »… weil es für sie einen Sinn ergibt … auch wenn sie keine wahren Gefühle für ihn hegt. Sie sind alle herzlos. Herzlos.«
»Eine tugendhafte Frau würde so etwas niemals tun.«
»Die tugendhaften sind die Schlimmsten!« Gott im Himmel, sogar Catherine ist mit einem Fremden ins Bett gegangen.
Hatte er diesen letzten Satz laut gesagt? Nein, das würde er niemals erzählen.
»Du bist betrunken. Das würde sie niemals tun. Niemand könnte eine treuer ergebene Ehefrau sein.«
»Ssssie würde das William niemals antun. Nie, nie, nie.« Aber sogar Catherine … sogar sie war einmal pragmatisch gewesen. War mit einem Fremden ins Bett gegangen. Einem Fremden.
»Was hast du gesagt?« Die Stimme schien aus dem Innern seines Kopfes zu kommen. Aber sie war verdammt hartnäckig.
»Wer war es? Was ist damals passiert?«
Stephen wollte, dass die Fragen aufhörten, damit er schlafen konnte.
»Er konnte sie nicht schwängern. Der andere Ehemann. Ihr verfluchter erster. Also hat sie einen anderen den Job erledigen lassen. So hat sie den süßen kleinen Jamie gekriegt. Großes Geheimnis. Pst.«
18
Stephen erwachte mit einem schlechten Gefühl, das nichts mit seinem Kater zu tun hatte. Einem sehr schlechten Gefühl. Unter den hämmernden Kopfschmerzen, dem unwohlen Magen und dem trockenen Mund lauerte etwas Düstereres. Er hatte das ungute Gefühl, eine Grenze überschritten zu haben. Ein schweres, unverzeihliches Unrecht begangen zu haben.
War er mit jemandem ins Bett gegangen, mit dem er nicht ins Bett hätte gehen dürfen? Er wandte den Kopf um, vorsichtig und nicht zu schnell, und atmete auf. Wenn es das war, was er getan hatte, dann war sie wenigstens bereits fort.
Aber er glaubte nicht, dass es das war.
Er kroch aus dem Bett, goss kaltes Wasser aus dem Krug in die Waschschüssel und wusch sich das Gesicht.
Was war es? Er versuchte, sich zu erinnern, was passiert war, nachdem … Das Bild von de Roche, wie er Isobel befummelte, erschien allzu deutlich vor seinem geistigen Auge. Sein sich beschleunigender Puls brachte seinen Kopf heftig zum Pochen. Er beugte sich über die Schüssel und goss sich das restliche Wasser über den Kopf.
Zuerst war er in das Gasthaus direkt am Burgtor gegangen. Dann in das in der Nähe der alten Kirche. Irgendwann später war er im verruchtesten Viertel der Stadt gelandet. Er erinnerte sich an den Geruch süßlichen Parfüms. Dann Claudette, die wie ein Gnadenengel erschienen war. Und Jamie.
Eine Fahrt mit der Kutsche. Jamie schleppte ihn ins Bett. Jemand stellte endlose Fragen. Über Frauen, die pragmatisch sind …
Er kniff die Augen fest zu. Gott stehe ihm bei! Hatte er diese Dinge über Catherine laut gesagt? Und dann auch noch zu Jamie? Das konnte er nicht getan haben. Er hatte dieses Geheimnis vor vielen Jahren einem alten Bediensteten entlockt und es nie einer Seele erzählt. Das würde er niemals tun.
Er drehte sich um und schaute sich in dem leeren Schlafzimmer um. Wo war Jamie jetzt? Er versuchte, ruhig zu bleiben, stieg in seine Kleider, ergriff Umhang und Schwert und hastete aus der Kammer.
Er musste Jamie finden. Gott stehe ihm bei, wenn er Catherines Geheimnis letzte Nacht ihrem Sohn erzählt hatte. Wenn er es getan hatte, musste er es Jamie erklären, musste er sich Mühe geben, dass er es verstand.
Danach musste er William erzählen, was er angerichtet hatte.
Isobel suchte überall nach ihrem Bruder. Als sie ihn nicht finden konnte, fing sie an, sich Sorgen zu machen. Letzte Nacht hatte er gesagt, er wolle ihr etwas Wichtiges sagen. Warum hatte sie ihn nicht gedrängt, es gleich zu sagen? Natürlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass de Roche sie so plötzlich wegbringen würde. Und nach den Ereignissen auf dem Gang – sie würde darüber jetzt nicht nachdenken – hatte sie ihren Bruder völlig vergessen.
Linnets helles Haar fiel ihr ins Gesicht, als sie über den Burghof rannten. »Wir haben es noch nicht in den Stallungen versucht«, rief sie gegen den Wind. »Wenn sein Pferd da ist, dann wisst Ihr, dass er nicht weit sein kann.«
»Du bist clever«, sagte Isobel und zwang sich zu einem Lächeln. Sie konnte nicht sagen, warum sie so besorgt war.
Auf halbem Weg zu den Stallungen sah
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