Mein leidenschaftlicher Ritter: Roman (German Edition)
aufschaute, war Robert bereits halb aus der Tür.
»Du findest sie in dem kleinen Garten hinter dem alten Palast«, rief Robert ihm über die Schulter zu.
Im kleinen Garten! Mit seinen hohen Hecken an drei Seiten und einer Mauer auf der vierten war dieser Garten wie geschaffen für ein diskretes Treffen. Wenn das einer wusste, dann Stephen. Er öffnete den Mund, um Robert zurückzurufen, doch sein Freund war längst nicht mehr zu sehen.
Verdammt, verdammt, verdammt. So viel zu guten Vorsätzen.
Ein Lächeln zog an seinen Mundwinkeln. Stephen kämpfte dagegen an, doch er konnte nicht verhindern, dass es sich zu einem breiten Grinsen ausdehnte.
Ein Mann konnte dem Schicksal nur bedingt trotzen.
Isobel. Er konnte es kaum erwarten, sie zu sehen.
Eine Ratte huschte durch den Geheimgang hinter Robert. Um Himmels willen, war das hier dreckig! Seit dreihundertundfünfzig Jahren wurde der Gang von königlichen Spionen und Liebespaaren benutzt, aber einen Besen hatte er wahrscheinlich noch niemals gesehen.
Robert presste das Ohr wieder an das Loch.
»Ich habe meinen Cousin Georges de la Trémoille überzeugt, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um Burgund auf Eurer Seite zu halten.«
Robert erinnerte sich an den knopfäugigen Georges aus seiner Kindheit – ein eingebildeter Fatzke, wie er im Buche stand, aber schlau. Wenn Georges sich auf die Seite Englands schlug, dann hatte er dafür seine egoistischen Gründe.
De Roche leierte Informationen über die verschiedenen Mitglieder der Burgund-Fraktion herunter, von denen er behauptete, sie allesamt beeinflussen zu können. Nicht ein Wort kam über de Roches Lippen, das Robert gegen ihn verwenden könnte. Verdammt sei der Mann.
Nach einer Weile entließ der König de Roche und seine Wachen.
»Es war ein guter Vorschlag, heute einfache Soldaten als Wachen zu benutzen«, sagte der König, als Robert durch die Geheimtür trat. »De Roche hat angenommen, dass sie ihn nicht verstehen, und hat frei heraus gesprochen.«
Die Soldaten konnten dem Gespräch in der Tat nicht folgen. Das war Roberts Aufgabe gewesen.
»Er hat Euch nichts erzählt, was wir nicht ohnehin bereits wussten«, gab Robert zu bedenken, während er sich eine Spinnwebe von der Tunika strich. »Er ist gerissen. Wir können nicht sagen, auf welche Seite er sich schlagen wird.«
Der König schlug sich mit der Faust in die Hand. »Dann ist es an der Zeit, ihn mit der Verlobung zum Handeln zu zwingen.«
Robert glaubte nicht, dass es so einfach wäre, de Roche aufzuscheuchen. Aber er würde dem König diese Überzeugung erst mitteilen, wenn dieser bereit war, sie zu hören.
»Bei der Geschwindigkeit, in der Ihr und de Roche diesen Ehevertrag aushandelt, wird einem schwindelig.«
Robert war ziemlich stolz darauf, dass es ihm gelungen war, die Sache so lange hinzuziehen. Er musste ein Lächeln unterdrücken – bis er das stählerne Funkeln in den Augen des Königs sah.
»Ich will, dass diese Verlobung zustande kommt«, sagte der König und deutete mit dem Finger auf Robert. »Und zwar binnen einer Woche.«
Sieben Tage. Das ließ ihm nicht mehr viel Zeit, die Pläne des Königs zu unterlaufen. Oder vielmehr ließ es Stephen nicht viel Zeit.
Er hoffte, die Dinge im Garten nähmen ihren Lauf.
Isobel lehnte den Kopf an die Mauer, vor der sie saß. Es war ein himmlisches Gefühl, allein in diesem friedlichen Garten zu sein und zu wissen, dass de Roche hier nicht nach ihr suchen würde. Gott segne König Heinrich dafür, dass er ihm heute eine Privataudienz gab. Sie musste ständig auf der Hut sein, nicht wieder mit de Roche allein zu sein.
Stephen hingegen hatte sie kaum gesehen, seit sie ihn aus ihrer Kammer geschickt hatte. Wie nah war sie an jenem Tag daran gewesen, der Versuchung zu unterliegen! Sie hätte beleidigt sein müssen, dass Stephens Blick derart offen über ihren Körper gewandert war. Doch stattdessen hatte sein Hunger sie verführt, hatte ihr Innerstes dazu gebracht, heiß und flüssig zu werden. Ohne eine einzige Berührung gehörte sie ihm.
Oder hätte es getan, wenn Linnet nicht gewesen wäre. Gott würde sie dafür strafen, dass sie eine so sündhafte Frau war.
Stephen war ihr seither aus dem Weg gegangen. Wenn sie ihn zufällig sah, war er immer beschäftigt. Er sprach mit Händlern aus der Stadt. Trank mit dem örtlichen Adel. Und immer war eine Frau in seiner Nähe – berührte seinen Arm, lachte über seine Witze, folgte ihm mit den Blicken. Es war, als wollte Stephen ihr
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