Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
zumindest meinen Rosen gefielen die weitaus moderateren Temperaturen. Hedwig persönlich machte Hitze nichts aus. Sie war nur genervt, weil die hochsommerlichen Temperaturen dazu führten, dass sie die Pflanzen morgens und abends wässern musste. Ein Arbeitsaufwand, der ihr in ihrem Alter längst zu viel war. Dennoch wollte sie sich nicht mit dem Gedanken vertraut machen, diese Arbeit jemand anderem zu überlassen.
»Vielleicht sollten wir ein paar Blumen unter dem Flieder anpflanzen«, bemerkte Hedwig. Ich schüttelte den Kopf.
»Das verhindert doch Eules Buddelei auch nicht. Oder hast du schon mal bemerkt, dass die Hündin auch nur im Entferntesten darauf Rücksicht nimmt, ob sie sich auf einem Beet befindet oder nicht?«
Hedwig schüttelte resigniert den Kopf.
»Aber vielleicht können wir Knoblauch, Lavendel, Minze oder andere Kräuter anpflanzen, deren Eigengeruch so stark ist, dass er den Geruch von Martins Sachen oder den des Schädels überdeckt. Was meinst du?«
Die Idee gefiel mir und wir beschlossen, es auf einen Versuch ankommen zu lassen. Hedwig wollte mit ihrer Vespa in die Gärtnerei fahren, derweil ich Martin aus der Klinik abholte.
Ein Blick auf die Uhr zeigte an, dass es höchste Zeit war, mich auf den Weg zu machen.
Ich lief ins Haus zurück und schob die Umzugskartons vor mir her nach draußen auf die Auffahrt.
»Was ist das denn?«, fragte Hedwig, als sie die braunen Kartons sah. Ich erläuterte ihr hastig mein Vorhaben. Sie schüttelte ungläubig den Kopf und versuchte mich zu überreden, noch einmal eine Nacht darüber zu schlafen. Ich blieb unerbittlich bei meinem Nein. Außerdem hatte ich es eilig und keine Zeit für unnütze Diskussionen.
Ich schnappte mir Martins Limousine und machte mich auf den Weg in die Klinik, um meinem Mann den letzten Gefallen in dieser Ehe zu erweisen.
Im Krankenhaus angekommen, führte mich die Schwester ins Chefarztzimmer. Dr. Michaelsen persönlich erwartete mich, um mir noch ein paar Ratschläge für Martins Pflege mit auf den Weg zu geben. Darüber hinaus warnte er mich, Martin könne durch den Schlag auf den Kopf immer mal wieder kleine Aussetzer haben. Das würde eventuell ein paar Wochen lang anhalten, doch dann sollte sein Gedächtnis wie gehabt funktionieren.
Nachdem er mir auch noch Karte und Anfahrtskizze des Rehazentrums am Winterhuder Fährhaus überreicht hatte, gingen wir zusammen zu Martin, der bereits in der klinikeigenen Cafeteria auf mich wartete.
Höflich bedankte sich mein Mann bei Dr. Michaelsen für seine Hilfe und versprach, noch am selben Tag Termine im Rehazentrum auszumachen.
Wir verabredeten mit Michaelsen einen Termin für die erste Nachuntersuchung und dann schob ich meinen Mann aus der Klinik hinaus auf den Parkplatz. Zwei Sanitäter halfen mir, Martin aus dem Rollstuhl ins Auto zu heben, den Stuhl zusammenzuklappen und hinten im komfortablen Kofferraum der Limousine zu verstauen. Passte wunderbar. Der klinikeigene Fahrdienst hätte Martin sehr wohl nach Hause gebracht, aber mein Mann hatte darauf bestanden, dass ich ihn abholte, und ich hatte eingewilligt, um den Schein zu wahren. Ich hatte keine Lust, mit meinem Hausarzt mehr Gespräche über mich, Martin und meine Ehe zu führen, als unabdingbar waren.
Kurz nach halb elf kam ich zu Hause an. Hedwig war noch nicht von ihren Kräutereinkäufen zurück und so plagte ich mich gemeinsam mit Martin, ihn aus dem Auto in den Rollstuhl zu bugsieren. Als er endlich drinsaß, strahlte er mich an.
»Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein.«
Der Mann glaubte unbeirrbar, alles wäre wunderbar und ich blöd genug, ihm seine Geliebten zu verzeihen.
Ich strahlte nicht zurück, sondern kauerte mich neben ihn und wies auf die zwei Kartons, die nur einen halben Meter neben seinem Rollstuhl standen.
»Die gehören dir.«
»Wie?«
»Die Kartons. Ich habe alles Notwendige eingepackt. Von diversen Versicherungsunterlagen, die hier noch herumlagen, bis zu deinen Sommeranzügen, T-Shirts und so weiter. Na ja, eben alles, was man am Anfang so braucht. Ich hab sogar deinen Nassrasierer und deine elektrische Zahnbürste eingepackt, dein Deo und dein Parfüm. Ich denke, damit kommst du erst einmal über das Wochenende. Und alles Weitere kannst du dir ja dann nächste Woche beschaffen.«
Während meines Monologes hatte Martin versucht, mich zu unterbrechen, doch ich hatte seine Einwürfe ignoriert.
»Und was soll das geben?«, fragte er mich mit vorwurfsvoller Stimme, nachdem ich geendet
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