Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
einmal nicht, wie sie sich verhalten sollte. Weder Sarah Baerenbaum noch Laura Hesselbach bemerkten meine Mutter.
Martin hob zum Gruß zögernd die linke Hand, zuckte dabei hilflos mit den Schultern und wies mit der anderen Hand auf das Haus.
Noch weniger blendend fühlte ich mich, als der Vibrationsalarm meines Handys losging.
Während meine Mutter, die zu einem fliederfarbenen Kostüm hohe, violette Sandaletten mit einer fliederfarbenen Schleife trug, mit einem vollendet eleganten Gang, der auf ein jahrzehntelanges Training hindeutete, auf unser Haus zuging, hatte ich Knut Meiser im Ohr.
Der Mann teilte mir mit, ich möge bitte nicht die Tür öffnen, sollte es in den nächsten zehn Minuten klingeln. Sarah Baerenbaum sei auf dem Weg zu mir. Ich lachte auf, derweil ich die Treppe zur Haustür hinunterlief. »Sie sind nicht auf dem Laufenden. Die Frau steht längst vor meinem Haus«, sagte ich, öffnete die Tür, bevor meine Mutter klingelte, und zog die erstaunt dreinblickende Frau in den Korridor.
»Ich hab sie selbst herbestellt«, sagte ich zu Meiser, während ich meiner Mutter bedeutete, den Mund zu halten.
Ich hörte, wie Meiser am anderen Ende des Telefons tief und lang einatmete. Bevor er seine Atemluft nutzten konnte, um mich lautstark zusammenzustauchen, weil ich ihn ein weiteres Mal nicht informiert hatte, berichtete ich ihm, dass ich mich gerade von meinen Mann trennte. Mit einem Rauswurf.
Meiser setzte zu einer Erwiderung an, doch ich hängte ihn ab, entwand meiner Mutter den Blumenstrauß, den sie fest an die Brust gedrückt hielt, zog sie in die Küche und lieferte auch ihr eine Schnellversion der ehebrecherischen Aktivitäten meines Mannes, während ich die Blumen mechanisch in einer Vase arrangierte.
Meine Mutter wollte mich wie zuvor Knut Meiser in eine Diskussion verwickeln, doch ich zog sie kurz entschlossen hinauf in die erste Etage, wo wir beide, verborgen hinter den Vorhängen, dem Treiben auf der Auffahrt folgten.
Sarah Baerenbaum hatte sich in der Zwischenzeit vor Martin aufgebaut und forderte ihn mit erhobener Stimme auf, er müsse eine Wahl treffen. Sofort und ohne Wenn und Aber.
Laura Hesselbach stand derweil schweigend hinter Martins Rollstuhl und streichelte hingebungsvoll, doch mit hektischen Bewegungen seinen Kopf.
Meine Mutter wies mit dem Finger auf Laura. »Das darf ja wohl nicht wahr sein. Die benimmt sich ja wie seine Ehefrau«, empörte sie sich.
»Hab ich dir doch gesagt«, zischte ich meine Mutter an und bat sie genervt, sie möge jetzt Ruhe geben, sonst könne man überhaupt nichts mehr verstehen.
Viel hörten wir ohnehin nicht.
Martin schwieg - offenbar entsetzt von Sarahs Forderung vor sich hin, Laura streichelte weiter schweigend sein Haar.
Sarah Baerenbaum stupste ihn an. »Hey, antworte mir!« Ihre Stimme drang schrill zu mir hoch.
Martin schaute hilflos auf seine Füße hinunter und sagte immer noch nichts, während Sarah Baerenbaum sich mit in den Hüften gestemmten Händen zu ihm hinunterbeugte und ihn anbrüllte, er solle sich entscheiden. Als sie sich aufrichtete, fragte meine Mutter mich, ob ich den Speichelfaden sähe, der an Martins linker Wange herunterlief.
Ich sah ihn und Martin spürte ihn. Der Mann fummelte nervös ein Taschentuch aus der Anzugjacke und wischte sich wortlos und mit angewidertem Gesicht die Wange ab.
Sarah Baerenbaum ließ sich nicht einmal zu einer Entschuldigung herab. Vielleicht hatte sie im Eifer ihrer emotionalen Wallung nicht bemerkt, dass sie meinen Mann angespuckt hatte. Ein Fauxpas der unentschuldbaren Art, in den Augen meines Gatten jedenfalls.
Den Mann ekelte nämlich nichts mehr als der Gedanke, mit der Körperflüssigkeit anderer Leute in Kontakt zu geraten. Egal, ob es sich nun um Schleim, Spucke, Urin oder Sperma handelte. Martin war einer der wenigen Männer, die ich kannte, der standhaft verweigerte, öffentliche Toiletten zu benutzen, wobei die Vorstellung, ein Urinal benutzen zu müssen, ihn geradezu erbleichen ließ. Mein Mann hatte also den Speichelfaden bemerkt. Und er hasste es, den Speichel anderer Leute im Gesicht zu haben.
Sarah Baerenbaum starrte meinen in seinem Ekel erstarrenden Mann ungläubig an, holte einmal weit aus und knallte dem hilflos in seinem Rollstuhl sitzenden Martin eine, so dass sein Kopf in Lauras Bauch landete. Wutschnaubend und mit weit ausholenden Schritten stakste Sarah Baerenbaum zu ihrem Cabrio zurück, ließ sich hineinfallen, schloss das Verdeck, als könnte sie es nicht
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