Mein Mann, der Liebhaber und der Tote im Garten
auseinander setzen, wie der jüngere der beiden grollend kommentierte, während der andere ihn mahnend in die Seite knuffte. »Hagen, ich denke, es reicht jetzt.«
Hagen, ein sommersprossiger, blonder Junge Mitte zwanzig, dachte nicht daran, seinen Redefluss einzudämmen, sondern erläuterte uns, dass die neuerliche Überprüfung drei Monate nach der Tat - das müsse man sich übrigens mal vorstellen - mit der Landespolitik zusammenhinge und damit, dass man der Thüringer Polizei unbedingt demonstrieren wollte, wie ernst man ein Amtshilfeersuchen aus den neuen Bundesländern nehme. So irgendwie hing das zusammen. Sagte Hagen.
Ich bot den beiden einen Kaffee an. Sie lehnten ab, ließen sich von mir noch einmal den Hergang des damaligen Tages erklären und fragten, wo ich und Martin gewesen seien.
»Sagen Sie mal«, hob der Polizist, den der andere Hagen genannt hatte, an. »Ihre Sekretärin erzählte uns doch, Sie hätten mit Ihrem Wagen bei Kassel an jenem Abend, bevor man die Leichen, also diesen einen Hamburger und diesen anderen, unbekannten Toten, in Thüringen gefunden hat, in einem Stau gesteckt. Und die Sekretärin Ihres Mannes, Frau Hesselbach, hat das auch bestätigt, weil Sie die ja angerufen haben. Aber weshalb standen Sie in Kassel im Stau? Das hatten wir beim letzten Mal vergessen zu fragen.« Der junge Mann verzog das Gesicht zu einer Grimasse, die wohl entschuldigend sein sollte, aber sein sommersprossiges Gesicht mit einem derart blöden Ausdruck überzog, dass ich unwillkürlich lächeln musste. Irritiert von meinem Lächeln stutzte er einen Moment, fuhr dann aber sogleich unbekümmert fort: »Unser Abteilungsleiter bat uns, nachdem er unsere Protokolle noch einmal gelesen hatte, das bitte zu klären.«
»Ja«, bestätigte der andere Polizist. »Eine Erklärung wäre sehr freundlich.«
Während Streifenpolizist Hagen monologisierte, hatte ich meine Hände geballt und die Daumen unter die Finger geschoben, so dass sie sie schützend umschlossen. Ich drückte so intensiv auf den Daumen herum, dass die Fingerknöchel weiß hervortraten. Schneller denken konnte ich durch den Schmerz allerdings nicht und so brauchte ich einen gewissen Anlauf, bis mir einfiel, dass ich mit Lisa schon vor Wochen abgemacht hatte, wo ich an diesem fraglichen Tag angeblich gewesen war.
Auch für Lisa und Hedwig hatten wir längst eine Art Alibi beziehungsweise eine Erklärung parat. Lisa sollte an diesem Tag gemeinsam mit Hedwig die Aktenschränke aufgeräumt und gesäubert haben, was ebenso nahe liegend und plausibel war wie meine Erklärung, weshalb ich in den Kasseler Bergen in einen Stau geraten war.
»Ich kam aus Frankfurt. Ich hatte darüber nachgedacht, dort eine Dependance zu eröffnen.«
»Kann das jemand dort bestätigen?«
»Nein, natürlich nicht. Ich bin durch die Stadt geschlendert. Wissen Sie, wenn Sie überlegen, sich mit einem Eheinstitut in einer anderen Stadt niederzulassen, so muss das Büro schon eine sehr gute Lage haben. Deshalb bin ich also mit Hilfe eines Stadtplans durch Frankfurt gefahren und habe mir ein paar repräsentative Straßen und Viertel angesehen. Wenn ich jetzt einen Makler einschalte, um dort ein Büro anzumieten, kann ich gewisse Angebote von vornherein ausschalten, weil die Lage nicht stimmt. Das erspart mir Zeit.«
Streifenpolizist Hagen kratzte sich die Stirn. »Kann das jemand bestätigen? Vielleicht Ihre Sekretärin?«
»Aber selbstverständlich«, gab ich mich leutselig und unbedarft. »Meine Sekretärin verwaltet meinen Terminkalender und dort wird der Termin wie jeder andere vermerkt sein.«
Ich begleitete die beiden Polizisten, die sich ohnehin verabschieden wollten, zu Lisa ins Vorzimmer hinaus.
Lisa thronte in einer verwaschenen, supermodischen Stretchjeans, zu der sie eine gestärkte, weiße Bluse und weinrote Turnschuhe trug, hinter ihrem hellgrauen Schreibtisch, die Haare von einem weinroten Samtreifen gebändigt, und lächelte den beiden mit so viel naiver Freude entgegen, dass sie gar nicht anders konnten, als zurückzulächeln. Der blonde Hagen entblößte gelbliche Raucherzähne, dafür strahlte das Gebiss seines Kollegen in vollendetem Weiß. Entweder waren die unecht, oder der junge Mann hatte sie bleichen lassen. Normal war das strahlende Weiß jedenfalls nicht.
Trotz des porentief reinen und makellos weißen Gebisses des einen blieb Lisas Blick an Hagen hängen. Der junge Mann nahm seine Dienstmütze ab, drehte sie nervös in den Händen und konnte
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